Poesie oder der Parnaß. Es stellt dies Ge- mählde den Apollo mit den neun Musen und mehrere Poeten vor.
Es ist unter denen, die Raphael selbst gemahlt hat, eines der schwächsten.
Apollo sitzt zwischen den Musen auf dem Parnaß. Zu beiden Seiten stehen verschiedene Dichter, die un- ter Gesprächen den Berg auf und abgehen.
Ich halte mich bei der Nomenclatur der Perso- nen, die hier einer ungewissen Tradition nach vorge- stellt seyn sollen, nicht weitläuftig auf. Man findet in der Gruppe zunächst dem Apollo Homer, Virgil, Dante und Raphael. Unten rechter Hand Pindar und Horaz, und linker Hand erkennt man Sappho an der Rolle, auf der ihr Nahme geschrieben ist.
Die Geige auf der Apollo spielt, hat schon oft den Tadel der Critiker auf sich gezogen. Sie ver- dient ihn, des beleidigten Costums wegen, aber noch mehr wegen der Stellung, die der Spieler bei diesem Instrumente annehmen muß, und die der Schönheit und dem Reitz der Stellung sehr zuwider ist. Das Streichen des Bogens gibt dem Arme eine winklichte eckige Biegung. Ueberhaupt hat diese Figur, welche sitzend vorgestellet ist, nicht das Edle, welches man von der Hauptfigur in diesem Gemählde erwar- ten sollte.
Es scheint auch, als wenn die beiden sitzenden Musen zu seiner Seite zu symmetrisch diesen Platz ein- nehmen. Sonst gibt es wohl zusammengestellte Gruppen auf diesem Bilde.
Der
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Der Vaticaniſche Pallaſt.
Poeſie oder der Parnaß. Es ſtellt dies Ge- maͤhlde den Apollo mit den neun Muſen und mehrere Poeten vor.
Es iſt unter denen, die Raphael ſelbſt gemahlt hat, eines der ſchwaͤchſten.
Apollo ſitzt zwiſchen den Muſen auf dem Parnaß. Zu beiden Seiten ſtehen verſchiedene Dichter, die un- ter Geſpraͤchen den Berg auf und abgehen.
Ich halte mich bei der Nomenclatur der Perſo- nen, die hier einer ungewiſſen Tradition nach vorge- ſtellt ſeyn ſollen, nicht weitlaͤuftig auf. Man findet in der Gruppe zunaͤchſt dem Apollo Homer, Virgil, Dante und Raphael. Unten rechter Hand Pindar und Horaz, und linker Hand erkennt man Sappho an der Rolle, auf der ihr Nahme geſchrieben iſt.
Die Geige auf der Apollo ſpielt, hat ſchon oft den Tadel der Critiker auf ſich gezogen. Sie ver- dient ihn, des beleidigten Coſtums wegen, aber noch mehr wegen der Stellung, die der Spieler bei dieſem Inſtrumente annehmen muß, und die der Schoͤnheit und dem Reitz der Stellung ſehr zuwider iſt. Das Streichen des Bogens gibt dem Arme eine winklichte eckige Biegung. Ueberhaupt hat dieſe Figur, welche ſitzend vorgeſtellet iſt, nicht das Edle, welches man von der Hauptfigur in dieſem Gemaͤhlde erwar- ten ſollte.
Es ſcheint auch, als wenn die beiden ſitzenden Muſen zu ſeiner Seite zu ſymmetriſch dieſen Platz ein- nehmen. Sonſt gibt es wohl zuſammengeſtellte Gruppen auf dieſem Bilde.
Der
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Der Vaticaniſche Pallaſt.
Poeſie oder der Parnaß. Es ſtellt dies Ge-
maͤhlde den Apollo mit den neun Muſen und mehrere
Poeten vor.
Es iſt unter denen, die Raphael ſelbſt gemahlt
hat, eines der ſchwaͤchſten.
Apollo ſitzt zwiſchen den Muſen auf dem Parnaß.
Zu beiden Seiten ſtehen verſchiedene Dichter, die un-
ter Geſpraͤchen den Berg auf und abgehen.
Ich halte mich bei der Nomenclatur der Perſo-
nen, die hier einer ungewiſſen Tradition nach vorge-
ſtellt ſeyn ſollen, nicht weitlaͤuftig auf. Man findet
in der Gruppe zunaͤchſt dem Apollo Homer, Virgil,
Dante und Raphael. Unten rechter Hand Pindar
und Horaz, und linker Hand erkennt man Sappho
an der Rolle, auf der ihr Nahme geſchrieben iſt.
Die Geige auf der Apollo ſpielt, hat ſchon oft
den Tadel der Critiker auf ſich gezogen. Sie ver-
dient ihn, des beleidigten Coſtums wegen, aber noch
mehr wegen der Stellung, die der Spieler bei dieſem
Inſtrumente annehmen muß, und die der Schoͤnheit
und dem Reitz der Stellung ſehr zuwider iſt. Das
Streichen des Bogens gibt dem Arme eine winklichte
eckige Biegung. Ueberhaupt hat dieſe Figur, welche
ſitzend vorgeſtellet iſt, nicht das Edle, welches man
von der Hauptfigur in dieſem Gemaͤhlde erwar-
ten ſollte.
Es ſcheint auch, als wenn die beiden ſitzenden
Muſen zu ſeiner Seite zu ſymmetriſch dieſen Platz ein-
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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/191>, abgerufen am 16.02.2025.
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