Wer also mit Bestimmtheit sprechen will, wird Herme und Terme nicht verwechseln. Allein dem Liebhaber, der sich nach dem gemeinen Sprachge- brauch richtet, gelten beide Nahmen für einen Kopf auf einem viereckigten Pfeiler, der sich nach unten zu- spitzt, und mit dem er zusammenhängt.
Diejenigen, welche unter dem Nahmen Plato bekannt sind, werden durch einen gütigen offenen Blick voll Adel, durch einen geraden und zugespitzten Bart, und durch lange vorn auf die Brust theils hinten her- abhängende Locken, die sich an den Tronk anschließen, bezeichnet. Man kennt sie auch unter dem Nahmen eines Jupiter terminalis.
Zwei junge Faunen als Flötenspieler. Wie- derholung des berühmten Flötenspielers in der Villa Borghese. Der Kopf des einen, zu dessen Füßen ein Ochse ruhet, ist modern.
Ein schöner weiblicher Kopf, Sappho ge- nannt, als Herme. Die Haare hängen theils hin- ten lang herunter, theils in zwei gekräuselten Locken auf die Brust. Ich halte diesen Kopf für ein Ne- benstück des Jupiter terminalis.
+ Eine weibliche sitzende und drappirte Fi- gur, die unter dem Nahmen Agrippina bekannt ist. Die Stellung hat Wahrheit, und die Wahl in dem Wurfe der Gewänder und in der Faltenordnung wei- sen ihr einen vorzüglichen Platz in der Sammlung die- ser Statuen an. Die Idee, den Arm in der um den Stuhl geschlagenen Drapperie ruhen zu lassen, ist sehr glücklich.
Großer
Das Capitol.
Wer alſo mit Beſtimmtheit ſprechen will, wird Herme und Terme nicht verwechſeln. Allein dem Liebhaber, der ſich nach dem gemeinen Sprachge- brauch richtet, gelten beide Nahmen fuͤr einen Kopf auf einem viereckigten Pfeiler, der ſich nach unten zu- ſpitzt, und mit dem er zuſammenhaͤngt.
Diejenigen, welche unter dem Nahmen Plato bekannt ſind, werden durch einen guͤtigen offenen Blick voll Adel, durch einen geraden und zugeſpitzten Bart, und durch lange vorn auf die Bruſt theils hinten her- abhaͤngende Locken, die ſich an den Tronk anſchließen, bezeichnet. Man kennt ſie auch unter dem Nahmen eines Jupiter terminalis.
Zwei junge Faunen als Floͤtenſpieler. Wie- derholung des beruͤhmten Floͤtenſpielers in der Villa Borgheſe. Der Kopf des einen, zu deſſen Fuͤßen ein Ochſe ruhet, iſt modern.
Ein ſchoͤner weiblicher Kopf, Sappho ge- nannt, als Herme. Die Haare haͤngen theils hin- ten lang herunter, theils in zwei gekraͤuſelten Locken auf die Bruſt. Ich halte dieſen Kopf fuͤr ein Ne- benſtuͤck des Jupiter terminalis.
† Eine weibliche ſitzende und drappirte Fi- gur, die unter dem Nahmen Agrippina bekannt iſt. Die Stellung hat Wahrheit, und die Wahl in dem Wurfe der Gewaͤnder und in der Faltenordnung wei- ſen ihr einen vorzuͤglichen Platz in der Sammlung die- ſer Statuen an. Die Idee, den Arm in der um den Stuhl geſchlagenen Drapperie ruhen zu laſſen, iſt ſehr gluͤcklich.
Großer
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Das Capitol.
Wer alſo mit Beſtimmtheit ſprechen will, wird
Herme und Terme nicht verwechſeln. Allein dem
Liebhaber, der ſich nach dem gemeinen Sprachge-
brauch richtet, gelten beide Nahmen fuͤr einen Kopf
auf einem viereckigten Pfeiler, der ſich nach unten zu-
ſpitzt, und mit dem er zuſammenhaͤngt.
Diejenigen, welche unter dem Nahmen Plato
bekannt ſind, werden durch einen guͤtigen offenen Blick
voll Adel, durch einen geraden und zugeſpitzten Bart,
und durch lange vorn auf die Bruſt theils hinten her-
abhaͤngende Locken, die ſich an den Tronk anſchließen,
bezeichnet. Man kennt ſie auch unter dem Nahmen
eines Jupiter terminalis.
Zwei junge Faunen als Floͤtenſpieler. Wie-
derholung des beruͤhmten Floͤtenſpielers in der Villa
Borgheſe. Der Kopf des einen, zu deſſen Fuͤßen ein
Ochſe ruhet, iſt modern.
Ein ſchoͤner weiblicher Kopf, Sappho ge-
nannt, als Herme. Die Haare haͤngen theils hin-
ten lang herunter, theils in zwei gekraͤuſelten Locken
auf die Bruſt. Ich halte dieſen Kopf fuͤr ein Ne-
benſtuͤck des Jupiter terminalis.
† Eine weibliche ſitzende und drappirte Fi-
gur, die unter dem Nahmen Agrippina bekannt iſt.
Die Stellung hat Wahrheit, und die Wahl in dem
Wurfe der Gewaͤnder und in der Faltenordnung wei-
ſen ihr einen vorzuͤglichen Platz in der Sammlung die-
ſer Statuen an. Die Idee, den Arm in der um den
Stuhl geſchlagenen Drapperie ruhen zu laſſen, iſt ſehr
gluͤcklich.
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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/241>, abgerufen am 16.07.2024.
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