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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

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Pallast Borghese.
an, und der kleine Johannes küßt ihm die
Füße.
Kenner halten dies Bild für ein Werk Ti-
zians, gestehen aber, daß es keins seiner schön-
sten sey.

+ Eine andere heilige Familie, wo die
Mutter gleichfalls den Christ anbetet.
Die
übrigen Figuren sind, ein kleiner heiliger Johannes,
eine heilige Catharina, und ein heiliger Augustin.
Dies Bild ist ungezweifelt vom Tizian, und eins sei-
ner schönsten aus der dunklern Manier. Die Köpfe
des heiligen Augustins und der heiligen Catharina sind
schön und wahr. Es ist viel Harmonie in diesem
Bilde, und die Schatten sind sehr durchsichtig. Der
Christ auf einem weißen Küssen, ohne alle dunkle
Schatten, hebt sich durch die unerklärbare Gradation
der Tinten.

Der Christ auf einem Throne, ein Buch
in der Hand. Auf der einen Seite die Apostel,
auf der andern eine Frau auf den Knien, ein
Mann im reifen Alter, der die Hand auf die
Brust legt, und ein Jüngling.
Wahrscheinlich
aus der Venetianischen Schule. Viele halten es für
ein Werk Tizians, und es ist seiner nicht unwerth.
Die Figur des Mannes, der die Hand auf die Brust
legt, ist edel und wahr.

Christ am Kreutze zwischen der Jungfrau
und dem heiligen Johannes,
angeblich vom
Giulio Romano. Ich halte es für ein Werk der
Florentinischen Schule. Der Ausdruck fehlt ganz
und gar.

Eine Hirten-Anbetung, eins der schönsten Bil-
der des Bassano. Man muß die leichte Behand-

lung

Pallaſt Borgheſe.
an, und der kleine Johannes kuͤßt ihm die
Fuͤße.
Kenner halten dies Bild fuͤr ein Werk Ti-
zians, geſtehen aber, daß es keins ſeiner ſchoͤn-
ſten ſey.

Eine andere heilige Familie, wo die
Mutter gleichfalls den Chriſt anbetet.
Die
uͤbrigen Figuren ſind, ein kleiner heiliger Johannes,
eine heilige Catharina, und ein heiliger Auguſtin.
Dies Bild iſt ungezweifelt vom Tizian, und eins ſei-
ner ſchoͤnſten aus der dunklern Manier. Die Koͤpfe
des heiligen Auguſtins und der heiligen Catharina ſind
ſchoͤn und wahr. Es iſt viel Harmonie in dieſem
Bilde, und die Schatten ſind ſehr durchſichtig. Der
Chriſt auf einem weißen Kuͤſſen, ohne alle dunkle
Schatten, hebt ſich durch die unerklaͤrbare Gradation
der Tinten.

Der Chriſt auf einem Throne, ein Buch
in der Hand. Auf der einen Seite die Apoſtel,
auf der andern eine Frau auf den Knien, ein
Mann im reifen Alter, der die Hand auf die
Bruſt legt, und ein Juͤngling.
Wahrſcheinlich
aus der Venetianiſchen Schule. Viele halten es fuͤr
ein Werk Tizians, und es iſt ſeiner nicht unwerth.
Die Figur des Mannes, der die Hand auf die Bruſt
legt, iſt edel und wahr.

Chriſt am Kreutze zwiſchen der Jungfrau
und dem heiligen Johannes,
angeblich vom
Giulio Romano. Ich halte es fuͤr ein Werk der
Florentiniſchen Schule. Der Ausdruck fehlt ganz
und gar.

Eine Hirten-Anbetung, eins der ſchoͤnſten Bil-
der des Baſſano. Man muß die leichte Behand-

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[283/0305] Pallaſt Borgheſe. an, und der kleine Johannes kuͤßt ihm die Fuͤße. Kenner halten dies Bild fuͤr ein Werk Ti- zians, geſtehen aber, daß es keins ſeiner ſchoͤn- ſten ſey. † Eine andere heilige Familie, wo die Mutter gleichfalls den Chriſt anbetet. Die uͤbrigen Figuren ſind, ein kleiner heiliger Johannes, eine heilige Catharina, und ein heiliger Auguſtin. Dies Bild iſt ungezweifelt vom Tizian, und eins ſei- ner ſchoͤnſten aus der dunklern Manier. Die Koͤpfe des heiligen Auguſtins und der heiligen Catharina ſind ſchoͤn und wahr. Es iſt viel Harmonie in dieſem Bilde, und die Schatten ſind ſehr durchſichtig. Der Chriſt auf einem weißen Kuͤſſen, ohne alle dunkle Schatten, hebt ſich durch die unerklaͤrbare Gradation der Tinten. Der Chriſt auf einem Throne, ein Buch in der Hand. Auf der einen Seite die Apoſtel, auf der andern eine Frau auf den Knien, ein Mann im reifen Alter, der die Hand auf die Bruſt legt, und ein Juͤngling. Wahrſcheinlich aus der Venetianiſchen Schule. Viele halten es fuͤr ein Werk Tizians, und es iſt ſeiner nicht unwerth. Die Figur des Mannes, der die Hand auf die Bruſt legt, iſt edel und wahr. Chriſt am Kreutze zwiſchen der Jungfrau und dem heiligen Johannes, angeblich vom Giulio Romano. Ich halte es fuͤr ein Werk der Florentiniſchen Schule. Der Ausdruck fehlt ganz und gar. Eine Hirten-Anbetung, eins der ſchoͤnſten Bil- der des Baſſano. Man muß die leichte Behand- lung

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/305>, abgerufen am 22.11.2024.