Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.Pallast Farnese. geht auf die Wahl des Standortes, aus dem erüber Schönheit und Wahrheit der Formen urtheilen kann. Dann sucht er die Idee des Künstlers, das was sein Kunstwerk ausdrücken soll, zu erforschen. Die Helden und Götter, die bei den Alten einen Hercules zeigt überall einen Körper, dessen ur-Charakter Der Künstler scheint auf dessen Bildung durch Diesen allgemeinen Charakter hat nun auch wir 3) Vielen hat diese Vergleichung eines Stiers mit dem Gott Hercules zu niedrig geschienen. Allein sie wird es demjenigen nicht bleiben, der die edle Ge- stalt dieses Thiers in den südlichen Theilen von Eu- ropa gesehen hat. A 5
Pallaſt Farneſe. geht auf die Wahl des Standortes, aus dem eruͤber Schoͤnheit und Wahrheit der Formen urtheilen kann. Dann ſucht er die Idee des Kuͤnſtlers, das was ſein Kunſtwerk ausdruͤcken ſoll, zu erforſchen. Die Helden und Goͤtter, die bei den Alten einen Hercules zeigt uͤberall einen Koͤrper, deſſen ur-Charakter Der Kuͤnſtler ſcheint auf deſſen Bildung durch Dieſen allgemeinen Charakter hat nun auch wir 3) Vielen hat dieſe Vergleichung eines Stiers mit dem Gott Hercules zu niedrig geſchienen. Allein ſie wird es demjenigen nicht bleiben, der die edle Ge- ſtalt dieſes Thiers in den ſuͤdlichen Theilen von Eu- ropa geſehen hat. A 5
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Pallaſt Farneſe.
geht auf die Wahl des Standortes, aus dem er
uͤber Schoͤnheit und Wahrheit der Formen urtheilen
kann. Dann ſucht er die Idee des Kuͤnſtlers, das
was ſein Kunſtwerk ausdruͤcken ſoll, zu erforſchen.
Die Helden und Goͤtter, die bei den Alten einen
Vorwurf bildlicher Darſtellung ausmachten, ſcheinen
einen gewiſſen allgemein anerkannten Charakter ge-
habt zu haben, deſſen Hauptzuͤge ſich gemeiniglich
in jeder Vorſtellung wieder finden. Aber dieſer
Charakter ward nach Verſchiedenheit des Alters und
der Handlung, in der ihn das Auge erblickt, man-
nigfaltig modificirt.
Hercules zeigt uͤberall einen Koͤrper, deſſen ur-
ſpruͤnglich feſter Bau durch viele Thaten ausgebildet
worden, der aber nicht abgehaͤrtet zu werden brauchte.
Hercules iſt geſchmeidig aber nicht behende; er
ſchlaͤgt nieder, und uͤberſchnellet nicht.
Charakter
des Hercules
uͤberhaupt.
Der Kuͤnſtler ſcheint auf deſſen Bildung durch
die Betrachtung des Stiers geleitet zu ſeyn. Wie
an dieſem iſt der Kopf klein, der Nacken ſtark, die
Bruſt erhoben und vordringend. Kraus ſind ſeine
Haare, breit ſeine Schultern, die Stirne hebt ſich
mit maͤchtiger Woͤlbung. 3)
Dieſen allgemeinen Charakter hat nun auch
unſer Farneſiſche Hercules; aber er hat auch noch
den beſondern: er ruht nach eben vollbrachter Helden-
that. Daher die Bewegung des Bluts, von der
wir
3) Vielen hat dieſe Vergleichung eines Stiers mit dem
Gott Hercules zu niedrig geſchienen. Allein ſie
wird es demjenigen nicht bleiben, der die edle Ge-
ſtalt dieſes Thiers in den ſuͤdlichen Theilen von Eu-
ropa geſehen hat.
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