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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

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Der Vaticanische Pallast.
Etruscischen
Stils, so-
wohl des ur-
sprüngli-
chen, als des
nachgeahm-
ten.
Zeichnung in den Zierrathen. Er ist hart und eckigt,
dieser Stil, wie wir ihn den Zeiten zutrauen können,
in denen man noch nicht bis zu dem Begriff der
Schönheit vorgerückt war, sondern sich genau an
bestimmte Wahrheit hielt.

Diese Vermischung führt auf die Vermuthung,
daß der Künstler sich in einen Stil hineindachte, der
dem ausgebildeten Zeitalter, in dem er lebte, nicht
eigen war, den er aber beibehalten mußte, wenn er
Tempelwerke arbeitete, wo Religion die Hauptabsicht
war, wo, so zu sagen, der Geschmack der Religion
nicht geändert werden konnte.

Der größte Theil religiöser Vorstellungen der Al-
ten stammt aus Zeiten her, in denen sie von der
Schönheit noch keinen Begriff hatten. Bei zuneh-
mender Cultur haben sie dieselben größtentheils nach
jenem Begriffe umgeschaffen; zuweilen aber haben
sie, vielleicht um den Eindruck feierlicher zu machen,
die ältere Form in so fern beibehalten, als sie dem
Begriffe von Schönheit nicht gerade zu widersprach.

Man bezeichnet die Figuren des mythischen Cir-
kels der Alten, deren Vorstellungsart in den Attribu-
ten, in der Darstellung gewisser Handlungen von den
bekanntern Begriffen der Fabel abweichen, deren
Stil (vielleicht besser, deren Manier) Bestimmtheit,
Ebenmaaß, Richtigkeit, aber auch Härte, Trocken-
heit, scharfe eckigte Umrisse zeigt; Gewänder, die an
das Nackte kleben; mit dem Nahmen Etruscischer
Werke, oder: Werke im Etruscischen Stile.

Diese Benennung dient blos zur Unterscheidung
der Werke dieser Art von solchen, an denen wir
verfeinerte Begriffe von Schönheit und symbolischer

Bedeu-

Der Vaticaniſche Pallaſt.
Etruſciſchen
Stils, ſo-
wohl des ur-
ſpruͤngli-
chen, als des
nachgeahm-
ten.
Zeichnung in den Zierrathen. Er iſt hart und eckigt,
dieſer Stil, wie wir ihn den Zeiten zutrauen koͤnnen,
in denen man noch nicht bis zu dem Begriff der
Schoͤnheit vorgeruͤckt war, ſondern ſich genau an
beſtimmte Wahrheit hielt.

Dieſe Vermiſchung fuͤhrt auf die Vermuthung,
daß der Kuͤnſtler ſich in einen Stil hineindachte, der
dem ausgebildeten Zeitalter, in dem er lebte, nicht
eigen war, den er aber beibehalten mußte, wenn er
Tempelwerke arbeitete, wo Religion die Hauptabſicht
war, wo, ſo zu ſagen, der Geſchmack der Religion
nicht geaͤndert werden konnte.

Der groͤßte Theil religioͤſer Vorſtellungen der Al-
ten ſtammt aus Zeiten her, in denen ſie von der
Schoͤnheit noch keinen Begriff hatten. Bei zuneh-
mender Cultur haben ſie dieſelben groͤßtentheils nach
jenem Begriffe umgeſchaffen; zuweilen aber haben
ſie, vielleicht um den Eindruck feierlicher zu machen,
die aͤltere Form in ſo fern beibehalten, als ſie dem
Begriffe von Schoͤnheit nicht gerade zu widerſprach.

Man bezeichnet die Figuren des mythiſchen Cir-
kels der Alten, deren Vorſtellungsart in den Attribu-
ten, in der Darſtellung gewiſſer Handlungen von den
bekanntern Begriffen der Fabel abweichen, deren
Stil (vielleicht beſſer, deren Manier) Beſtimmtheit,
Ebenmaaß, Richtigkeit, aber auch Haͤrte, Trocken-
heit, ſcharfe eckigte Umriſſe zeigt; Gewaͤnder, die an
das Nackte kleben; mit dem Nahmen Etruſciſcher
Werke, oder: Werke im Etruſciſchen Stile.

Dieſe Benennung dient blos zur Unterſcheidung
der Werke dieſer Art von ſolchen, an denen wir
verfeinerte Begriffe von Schoͤnheit und ſymboliſcher

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[40/0062] Der Vaticaniſche Pallaſt. Zeichnung in den Zierrathen. Er iſt hart und eckigt, dieſer Stil, wie wir ihn den Zeiten zutrauen koͤnnen, in denen man noch nicht bis zu dem Begriff der Schoͤnheit vorgeruͤckt war, ſondern ſich genau an beſtimmte Wahrheit hielt. Etruſciſchen Stils, ſo- wohl des ur- ſpruͤngli- chen, als des nachgeahm- ten. Dieſe Vermiſchung fuͤhrt auf die Vermuthung, daß der Kuͤnſtler ſich in einen Stil hineindachte, der dem ausgebildeten Zeitalter, in dem er lebte, nicht eigen war, den er aber beibehalten mußte, wenn er Tempelwerke arbeitete, wo Religion die Hauptabſicht war, wo, ſo zu ſagen, der Geſchmack der Religion nicht geaͤndert werden konnte. Der groͤßte Theil religioͤſer Vorſtellungen der Al- ten ſtammt aus Zeiten her, in denen ſie von der Schoͤnheit noch keinen Begriff hatten. Bei zuneh- mender Cultur haben ſie dieſelben groͤßtentheils nach jenem Begriffe umgeſchaffen; zuweilen aber haben ſie, vielleicht um den Eindruck feierlicher zu machen, die aͤltere Form in ſo fern beibehalten, als ſie dem Begriffe von Schoͤnheit nicht gerade zu widerſprach. Man bezeichnet die Figuren des mythiſchen Cir- kels der Alten, deren Vorſtellungsart in den Attribu- ten, in der Darſtellung gewiſſer Handlungen von den bekanntern Begriffen der Fabel abweichen, deren Stil (vielleicht beſſer, deren Manier) Beſtimmtheit, Ebenmaaß, Richtigkeit, aber auch Haͤrte, Trocken- heit, ſcharfe eckigte Umriſſe zeigt; Gewaͤnder, die an das Nackte kleben; mit dem Nahmen Etruſciſcher Werke, oder: Werke im Etruſciſchen Stile. Dieſe Benennung dient blos zur Unterſcheidung der Werke dieſer Art von ſolchen, an denen wir verfeinerte Begriffe von Schoͤnheit und ſymboliſcher Bedeu-

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/62>, abgerufen am 24.11.2024.