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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

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Der Vaticanische Pallast.
schöne Natur verwandelt haben. Von den Werkendesselben
werden an-
geführt, um
den Autor zu
rechtferti-
gen, wenn er
die Werke,
die ihn an
sich tragen,
der Aufmerk-
samkeit des
Liebhabers
unwerth
hält.

dieser Art werde ich bei der Sammlung der Statuen
auf dem Capitol reden.

Die höchste Stufe des Aegyptischen Originalstils
ist Ueberwindung der Schwierigkeiten in Behandlung
der härteren Marmorarten. Man bewundert in den
Urhebern der Werke dieser Art den Handwerker, nicht
den Künstler. Von Schönheit zeigt sich keine Ver-
muthung, und Wahrheit haben sie kaum in einzelnen
Theilen beobachtet.

Werke in diesem Stile sind kein Gegenstand der
Aufmerksamkeit des Liebhabers; inzwischen will ich,
um die Absonderung zu erleichtern, einige Kennzeichen
derselben angeben.

Die Gegenstände, die wir in diesem Stile behan-
delt sehen, scheinen alle mit der Verehrung der Gott-
heiten dieses Volks in genauem Verhältnisse gestanden
zu haben. Es sind sonderbahre Gestalten, allegorische
Ungeheuer, oder Nachahmungen einer individuellen
Menschenart in einem Costume, das sich mit unsern
Begriffen von Schönheit nicht verträgt.

In der Ausführung haben sie einiges mit dem
rohen Stile der Kindheit der Kunst bei jedem Volke
gemein. Das Steife, das Gezwungene der Stel-
lungen, die Unrichtigkeit der Zeichnung in den Extre-
mitäten, das schlechte Verhältniß der Gliedmaaßen
unter einander, und die Sorgfalt, die wir auf die
mechanische Behandlung gewandt sehen.

Allein dadurch unterscheiden sie sich von den un-
vollkommenen Werken der Griechen, daß diese aus
übertriebenem Geschmack am Ebenmaaß, stets mit
dem Senkblei und dem Winkelmaaße in der Hand die

Natur

Der Vaticaniſche Pallaſt.
ſchoͤne Natur verwandelt haben. Von den Werkendeſſelben
werden an-
gefuͤhrt, um
den Autor zu
rechtferti-
gen, wenn er
die Werke,
die ihn an
ſich tragen,
der Aufmerk-
ſamkeit des
Liebhabers
unwerth
haͤlt.

dieſer Art werde ich bei der Sammlung der Statuen
auf dem Capitol reden.

Die hoͤchſte Stufe des Aegyptiſchen Originalſtils
iſt Ueberwindung der Schwierigkeiten in Behandlung
der haͤrteren Marmorarten. Man bewundert in den
Urhebern der Werke dieſer Art den Handwerker, nicht
den Kuͤnſtler. Von Schoͤnheit zeigt ſich keine Ver-
muthung, und Wahrheit haben ſie kaum in einzelnen
Theilen beobachtet.

Werke in dieſem Stile ſind kein Gegenſtand der
Aufmerkſamkeit des Liebhabers; inzwiſchen will ich,
um die Abſonderung zu erleichtern, einige Kennzeichen
derſelben angeben.

Die Gegenſtaͤnde, die wir in dieſem Stile behan-
delt ſehen, ſcheinen alle mit der Verehrung der Gott-
heiten dieſes Volks in genauem Verhaͤltniſſe geſtanden
zu haben. Es ſind ſonderbahre Geſtalten, allegoriſche
Ungeheuer, oder Nachahmungen einer individuellen
Menſchenart in einem Coſtume, das ſich mit unſern
Begriffen von Schoͤnheit nicht vertraͤgt.

In der Ausfuͤhrung haben ſie einiges mit dem
rohen Stile der Kindheit der Kunſt bei jedem Volke
gemein. Das Steife, das Gezwungene der Stel-
lungen, die Unrichtigkeit der Zeichnung in den Extre-
mitaͤten, das ſchlechte Verhaͤltniß der Gliedmaaßen
unter einander, und die Sorgfalt, die wir auf die
mechaniſche Behandlung gewandt ſehen.

Allein dadurch unterſcheiden ſie ſich von den un-
vollkommenen Werken der Griechen, daß dieſe aus
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dem Senkblei und dem Winkelmaaße in der Hand die

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[45/0067] Der Vaticaniſche Pallaſt. ſchoͤne Natur verwandelt haben. Von den Werken dieſer Art werde ich bei der Sammlung der Statuen auf dem Capitol reden. deſſelben werden an- gefuͤhrt, um den Autor zu rechtferti- gen, wenn er die Werke, die ihn an ſich tragen, der Aufmerk- ſamkeit des Liebhabers unwerth haͤlt. Die hoͤchſte Stufe des Aegyptiſchen Originalſtils iſt Ueberwindung der Schwierigkeiten in Behandlung der haͤrteren Marmorarten. Man bewundert in den Urhebern der Werke dieſer Art den Handwerker, nicht den Kuͤnſtler. Von Schoͤnheit zeigt ſich keine Ver- muthung, und Wahrheit haben ſie kaum in einzelnen Theilen beobachtet. Werke in dieſem Stile ſind kein Gegenſtand der Aufmerkſamkeit des Liebhabers; inzwiſchen will ich, um die Abſonderung zu erleichtern, einige Kennzeichen derſelben angeben. Die Gegenſtaͤnde, die wir in dieſem Stile behan- delt ſehen, ſcheinen alle mit der Verehrung der Gott- heiten dieſes Volks in genauem Verhaͤltniſſe geſtanden zu haben. Es ſind ſonderbahre Geſtalten, allegoriſche Ungeheuer, oder Nachahmungen einer individuellen Menſchenart in einem Coſtume, das ſich mit unſern Begriffen von Schoͤnheit nicht vertraͤgt. In der Ausfuͤhrung haben ſie einiges mit dem rohen Stile der Kindheit der Kunſt bei jedem Volke gemein. Das Steife, das Gezwungene der Stel- lungen, die Unrichtigkeit der Zeichnung in den Extre- mitaͤten, das ſchlechte Verhaͤltniß der Gliedmaaßen unter einander, und die Sorgfalt, die wir auf die mechaniſche Behandlung gewandt ſehen. Allein dadurch unterſcheiden ſie ſich von den un- vollkommenen Werken der Griechen, daß dieſe aus uͤbertriebenem Geſchmack am Ebenmaaß, ſtets mit dem Senkblei und dem Winkelmaaße in der Hand die Natur

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/67>, abgerufen am 21.11.2024.