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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

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Der Vaticanische Pallast.

Der Kopf, die Brust, die Schultern und Hüf-
ten sind schön und treu. Dieser Zusatz von Treue hat
einen Mengs und andere Kenner bewogen, dem jun-
gen Künstler das Studium unsers Antinous in An-
sehung der angezeigten Theile vorzüglich vor dem Stu-
dio des Apollo zu empfehlen. Der Bauch und die
Beine sind nicht allein nicht ideal, sie sind auch ge-
mein, unbestimmt und schwerfällig.

Die Arme fehlen. Die Beine sind angesetzt.
Davon zeigen sich Spuren.

Es ist ein Unterschied zwischen dem AngesetztenNöthige Er-
innerung
über voreili-
ge Bestim-
mung mo-
derner Zusä-
tze zu antiken
Statuen.

und dem Neuen. Oft haben sich die alten Stücke
abgebrochen bei der Statue gefunden. Der Bruch
ist folglich kein sicheres Zeichen, daß die angesetzten
Theile neu sind. Selbst die äußerlich anscheinende
Verschiedenheit des Marmors ist kein zuverläßiges
Merkmahl der Ergänzung; wenigstens nicht der Er-
gänzung in neueren Zeiten. Schon vor dem Ver-
fall der Künste sind einige Stücke an verschiedenen Fi-
guren ergänzt worden. Dazu kömmt, daß man,
um mit Gewißheit über die Verschiedenheit des Mar-
mors zu urtheilen, denselben ungeglättet und im Pro-
fil sehen muß.

Das sicherste Unterscheidungszeichen des Alten
von dem Neuen ist die Verschiedenheit des Stils.
Aber um diese wahrzunehmen, wird eine vertraute
Bekanntschaft mit dem Geist der Alten erfordert, hin-
reichend, um ihn selbst in den einzelnen Theilen unver-
dächtig wieder zu erkennen.

+ Lao-
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Der Vaticaniſche Pallaſt.

Der Kopf, die Bruſt, die Schultern und Huͤf-
ten ſind ſchoͤn und treu. Dieſer Zuſatz von Treue hat
einen Mengs und andere Kenner bewogen, dem jun-
gen Kuͤnſtler das Studium unſers Antinous in An-
ſehung der angezeigten Theile vorzuͤglich vor dem Stu-
dio des Apollo zu empfehlen. Der Bauch und die
Beine ſind nicht allein nicht ideal, ſie ſind auch ge-
mein, unbeſtimmt und ſchwerfaͤllig.

Die Arme fehlen. Die Beine ſind angeſetzt.
Davon zeigen ſich Spuren.

Es iſt ein Unterſchied zwiſchen dem AngeſetztenNoͤthige Er-
innerung
uͤber voreili-
ge Beſtim-
mung mo-
derner Zuſaͤ-
tze zu antiken
Statuen.

und dem Neuen. Oft haben ſich die alten Stuͤcke
abgebrochen bei der Statue gefunden. Der Bruch
iſt folglich kein ſicheres Zeichen, daß die angeſetzten
Theile neu ſind. Selbſt die aͤußerlich anſcheinende
Verſchiedenheit des Marmors iſt kein zuverlaͤßiges
Merkmahl der Ergaͤnzung; wenigſtens nicht der Er-
gaͤnzung in neueren Zeiten. Schon vor dem Ver-
fall der Kuͤnſte ſind einige Stuͤcke an verſchiedenen Fi-
guren ergaͤnzt worden. Dazu koͤmmt, daß man,
um mit Gewißheit uͤber die Verſchiedenheit des Mar-
mors zu urtheilen, denſelben ungeglaͤttet und im Pro-
fil ſehen muß.

Das ſicherſte Unterſcheidungszeichen des Alten
von dem Neuen iſt die Verſchiedenheit des Stils.
Aber um dieſe wahrzunehmen, wird eine vertraute
Bekanntſchaft mit dem Geiſt der Alten erfordert, hin-
reichend, um ihn ſelbſt in den einzelnen Theilen unver-
daͤchtig wieder zu erkennen.

† Lao-
D 4
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[55/0077] Der Vaticaniſche Pallaſt. Der Kopf, die Bruſt, die Schultern und Huͤf- ten ſind ſchoͤn und treu. Dieſer Zuſatz von Treue hat einen Mengs und andere Kenner bewogen, dem jun- gen Kuͤnſtler das Studium unſers Antinous in An- ſehung der angezeigten Theile vorzuͤglich vor dem Stu- dio des Apollo zu empfehlen. Der Bauch und die Beine ſind nicht allein nicht ideal, ſie ſind auch ge- mein, unbeſtimmt und ſchwerfaͤllig. Die Arme fehlen. Die Beine ſind angeſetzt. Davon zeigen ſich Spuren. Es iſt ein Unterſchied zwiſchen dem Angeſetzten und dem Neuen. Oft haben ſich die alten Stuͤcke abgebrochen bei der Statue gefunden. Der Bruch iſt folglich kein ſicheres Zeichen, daß die angeſetzten Theile neu ſind. Selbſt die aͤußerlich anſcheinende Verſchiedenheit des Marmors iſt kein zuverlaͤßiges Merkmahl der Ergaͤnzung; wenigſtens nicht der Er- gaͤnzung in neueren Zeiten. Schon vor dem Ver- fall der Kuͤnſte ſind einige Stuͤcke an verſchiedenen Fi- guren ergaͤnzt worden. Dazu koͤmmt, daß man, um mit Gewißheit uͤber die Verſchiedenheit des Mar- mors zu urtheilen, denſelben ungeglaͤttet und im Pro- fil ſehen muß. Noͤthige Er- innerung uͤber voreili- ge Beſtim- mung mo- derner Zuſaͤ- tze zu antiken Statuen. Das ſicherſte Unterſcheidungszeichen des Alten von dem Neuen iſt die Verſchiedenheit des Stils. Aber um dieſe wahrzunehmen, wird eine vertraute Bekanntſchaft mit dem Geiſt der Alten erfordert, hin- reichend, um ihn ſelbſt in den einzelnen Theilen unver- daͤchtig wieder zu erkennen. † Lao- D 4

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/77>, abgerufen am 24.11.2024.