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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.

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Pallast Colonna.
Soldat steht in der Ecke. Die Figuren sind nicht
gut gruppirt, und zu einzeln hingestellt. Der Christ
hat den Ausdruck eines Mannes, dessen Schönheit,
die jedoch in ihrer Blüthe nie zum Ideal erhoben ge-
wesen seyn kann, durch körperlichen Schmerz und
Krankheit gewelkt ist, und blos mit seinem eigenen
Leiden beschäfftiget, sieht er nicht auf seine Mutter,
die in Ohnmacht fällt. Diese hingegen zeigt durch
Mine und Stellung sehr wohl den Schmerz, der ihr
das Herz abdrückt.

Es hat dem Mahler an Platz zur Anordnung
seiner Figuren gefehlt, daher sind die Figuren so wun-
derlich gestellt daß die Hände der Madonna sogar
auf einen Tisch gelegt sind. Ein sehr unglücklicher
Gedanke! Der heilige Johannes betrachtet die Mut-
ter Gottes nicht mit der Theilnehmung des Mitleids,
sondern mit dem Entzücken eines Liebhabers. Der
Kopf des Pilatus ist schön, und die Hand, womit
er den Christ zeigt, von trefflicher Verkürzung.
Auch ist der Kopf des Soldaten gut. Die Zeich-
nung im Ganzen ist nicht übel, aber die Hände des
Christs sind zu steif.

Die Farbe hat sehr gelitten, sie fällt etwas ins
Braune, und ist aus des Meisters erster Zeit.
Dem ohngeachtet ist sie voll schöner Tinten. Der
Hauptvorzug dieses Gemähldes besteht in der schö-
nen Ründung. Die Figuren heben sich hoch von der
Fläche ab.

Dies Bild ist das beste Werk des Correggio in
Rom: allein zur Kenntniß des Werths dieses
großen Künstlers bei weitem nicht hinreichend.

Hierzu

Pallaſt Colonna.
Soldat ſteht in der Ecke. Die Figuren ſind nicht
gut gruppirt, und zu einzeln hingeſtellt. Der Chriſt
hat den Ausdruck eines Mannes, deſſen Schoͤnheit,
die jedoch in ihrer Bluͤthe nie zum Ideal erhoben ge-
weſen ſeyn kann, durch koͤrperlichen Schmerz und
Krankheit gewelkt iſt, und blos mit ſeinem eigenen
Leiden beſchaͤfftiget, ſieht er nicht auf ſeine Mutter,
die in Ohnmacht faͤllt. Dieſe hingegen zeigt durch
Mine und Stellung ſehr wohl den Schmerz, der ihr
das Herz abdruͤckt.

Es hat dem Mahler an Platz zur Anordnung
ſeiner Figuren gefehlt, daher ſind die Figuren ſo wun-
derlich geſtellt daß die Haͤnde der Madonna ſogar
auf einen Tiſch gelegt ſind. Ein ſehr ungluͤcklicher
Gedanke! Der heilige Johannes betrachtet die Mut-
ter Gottes nicht mit der Theilnehmung des Mitleids,
ſondern mit dem Entzuͤcken eines Liebhabers. Der
Kopf des Pilatus iſt ſchoͤn, und die Hand, womit
er den Chriſt zeigt, von trefflicher Verkuͤrzung.
Auch iſt der Kopf des Soldaten gut. Die Zeich-
nung im Ganzen iſt nicht uͤbel, aber die Haͤnde des
Chriſts ſind zu ſteif.

Die Farbe hat ſehr gelitten, ſie faͤllt etwas ins
Braune, und iſt aus des Meiſters erſter Zeit.
Dem ohngeachtet iſt ſie voll ſchoͤner Tinten. Der
Hauptvorzug dieſes Gemaͤhldes beſteht in der ſchoͤ-
nen Ruͤndung. Die Figuren heben ſich hoch von der
Flaͤche ab.

Dies Bild iſt das beſte Werk des Correggio in
Rom: allein zur Kenntniß des Werths dieſes
großen Kuͤnſtlers bei weitem nicht hinreichend.

Hierzu
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[86/0100] Pallaſt Colonna. Soldat ſteht in der Ecke. Die Figuren ſind nicht gut gruppirt, und zu einzeln hingeſtellt. Der Chriſt hat den Ausdruck eines Mannes, deſſen Schoͤnheit, die jedoch in ihrer Bluͤthe nie zum Ideal erhoben ge- weſen ſeyn kann, durch koͤrperlichen Schmerz und Krankheit gewelkt iſt, und blos mit ſeinem eigenen Leiden beſchaͤfftiget, ſieht er nicht auf ſeine Mutter, die in Ohnmacht faͤllt. Dieſe hingegen zeigt durch Mine und Stellung ſehr wohl den Schmerz, der ihr das Herz abdruͤckt. Es hat dem Mahler an Platz zur Anordnung ſeiner Figuren gefehlt, daher ſind die Figuren ſo wun- derlich geſtellt daß die Haͤnde der Madonna ſogar auf einen Tiſch gelegt ſind. Ein ſehr ungluͤcklicher Gedanke! Der heilige Johannes betrachtet die Mut- ter Gottes nicht mit der Theilnehmung des Mitleids, ſondern mit dem Entzuͤcken eines Liebhabers. Der Kopf des Pilatus iſt ſchoͤn, und die Hand, womit er den Chriſt zeigt, von trefflicher Verkuͤrzung. Auch iſt der Kopf des Soldaten gut. Die Zeich- nung im Ganzen iſt nicht uͤbel, aber die Haͤnde des Chriſts ſind zu ſteif. Die Farbe hat ſehr gelitten, ſie faͤllt etwas ins Braune, und iſt aus des Meiſters erſter Zeit. Dem ohngeachtet iſt ſie voll ſchoͤner Tinten. Der Hauptvorzug dieſes Gemaͤhldes beſteht in der ſchoͤ- nen Ruͤndung. Die Figuren heben ſich hoch von der Flaͤche ab. Dies Bild iſt das beſte Werk des Correggio in Rom: allein zur Kenntniß des Werths dieſes großen Kuͤnſtlers bei weitem nicht hinreichend. Hierzu

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/100>, abgerufen am 21.11.2024.