Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Villa Medicis.

Ein vierter gefangener König von weißem
Marmor. Er hat sehr gelitten. Der untere Theil
scheint modern.


Längs dem Flügel des Hauses stehen meh-
rere Statuen
, die zum Theil sehr ergänzt sind.

Ich habe schon mehrmals meine Gedanken über
die Art geäußert, wie man mittelmäßige Antiken
ansehen muß. Wenn man gleich für den Augenblick
wenig Genuß für die Empfindung des Schönen zu
erwarten hat; so gewöhnt man doch das Auge an
den Stil der Alten, je mehr man von ihren Werken
betrachtet. Man findet in allen eine große Simpli-
cität des Ausdrucks und der Stellung, richtige Ver-
hältnisse und einen guten Geschmack in den Gewän-
dern, die das Nackte bedecken, ohne es dem Auge
zu entziehen. Dies sind Grundlagen der Schönheit;
die Bekanntschaft damit unterstützet das Gefühl der
Vollkommenheit an andern Orten.


Weiterhin kömmt man in ein Nebengebäude
oder Casino
, in dessen Nischen Statuen stehen.

Mir sind darunter merkwürdig gewesen:

Eine weibliche Figur als Pallas restau-
rirt mit einem Gewande von Porphyr ohne
Gürtel
. Das Nackende, dessen Umrisse sehr swelt
sind, ist sehr gut angedeutet.

+ Neptun eine alte und seltene Statue. Win-
kelmann erwähnt ihrer. 5) Zu den Füßen liegt ein

Triton.
5) G. d. K. S. 292. "Neptunus ist in der einzigen
"Statue
Villa Medicis.

Ein vierter gefangener Koͤnig von weißem
Marmor. Er hat ſehr gelitten. Der untere Theil
ſcheint modern.


Laͤngs dem Fluͤgel des Hauſes ſtehen meh-
rere Statuen
, die zum Theil ſehr ergaͤnzt ſind.

Ich habe ſchon mehrmals meine Gedanken uͤber
die Art geaͤußert, wie man mittelmaͤßige Antiken
anſehen muß. Wenn man gleich fuͤr den Augenblick
wenig Genuß fuͤr die Empfindung des Schoͤnen zu
erwarten hat; ſo gewoͤhnt man doch das Auge an
den Stil der Alten, je mehr man von ihren Werken
betrachtet. Man findet in allen eine große Simpli-
citaͤt des Ausdrucks und der Stellung, richtige Ver-
haͤltniſſe und einen guten Geſchmack in den Gewaͤn-
dern, die das Nackte bedecken, ohne es dem Auge
zu entziehen. Dies ſind Grundlagen der Schoͤnheit;
die Bekanntſchaft damit unterſtuͤtzet das Gefuͤhl der
Vollkommenheit an andern Orten.


Weiterhin koͤmmt man in ein Nebengebaͤude
oder Caſino
, in deſſen Niſchen Statuen ſtehen.

Mir ſind darunter merkwuͤrdig geweſen:

Eine weibliche Figur als Pallas reſtau-
rirt mit einem Gewande von Porphyr ohne
Guͤrtel
. Das Nackende, deſſen Umriſſe ſehr ſwelt
ſind, iſt ſehr gut angedeutet.

Neptun eine alte und ſeltene Statue. Win-
kelmann erwaͤhnt ihrer. 5) Zu den Fuͤßen liegt ein

Triton.
5) G. d. K. S. 292. „Neptunus iſt in der einzigen
„Statue
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0166" n="152"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Villa Medicis.</hi> </fw><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Ein vierter gefangener Ko&#x0364;nig</hi> von weißem<lb/>
Marmor. Er hat &#x017F;ehr gelitten. Der untere Theil<lb/>
&#x017F;cheint modern.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p><hi rendition="#fr">La&#x0364;ngs dem Flu&#x0364;gel des Hau&#x017F;es</hi> &#x017F;tehen <hi rendition="#fr">meh-<lb/>
rere Statuen</hi>, die zum Theil &#x017F;ehr erga&#x0364;nzt &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>Ich habe &#x017F;chon mehrmals meine Gedanken u&#x0364;ber<lb/>
die Art gea&#x0364;ußert, wie man mittelma&#x0364;ßige Antiken<lb/>
an&#x017F;ehen muß. Wenn man gleich fu&#x0364;r den Augenblick<lb/>
wenig Genuß fu&#x0364;r die Empfindung des Scho&#x0364;nen zu<lb/>
erwarten hat; &#x017F;o gewo&#x0364;hnt man doch das Auge an<lb/>
den Stil der Alten, je mehr man von ihren Werken<lb/>
betrachtet. Man findet in allen eine große Simpli-<lb/>
cita&#x0364;t des Ausdrucks und der Stellung, richtige Ver-<lb/>
ha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e und einen guten Ge&#x017F;chmack in den Gewa&#x0364;n-<lb/>
dern, die das Nackte bedecken, ohne es dem Auge<lb/>
zu entziehen. Dies &#x017F;ind Grundlagen der Scho&#x0364;nheit;<lb/>
die Bekannt&#x017F;chaft damit unter&#x017F;tu&#x0364;tzet das Gefu&#x0364;hl der<lb/>
Vollkommenheit an andern Orten.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Weiterhin ko&#x0364;mmt man <hi rendition="#fr">in ein Nebengeba&#x0364;ude<lb/>
oder Ca&#x017F;ino</hi>, in de&#x017F;&#x017F;en Ni&#x017F;chen Statuen &#x017F;tehen.</p><lb/>
          <p>Mir &#x017F;ind darunter merkwu&#x0364;rdig gewe&#x017F;en:</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Eine weibliche Figur als Pallas re&#x017F;tau-<lb/>
rirt mit einem Gewande von Porphyr ohne<lb/>
Gu&#x0364;rtel</hi>. Das Nackende, de&#x017F;&#x017F;en Umri&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ehr &#x017F;welt<lb/>
&#x017F;ind, i&#x017F;t &#x017F;ehr gut angedeutet.</p><lb/>
          <p>&#x2020; <hi rendition="#fr">Neptun</hi> eine alte und &#x017F;eltene Statue. Win-<lb/>
kelmann erwa&#x0364;hnt ihrer. <note xml:id="seg2pn_6_1" next="#seg2pn_6_2" place="foot" n="5)">G. d. K. S. 292. &#x201E;Neptunus i&#x017F;t in der einzigen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Statue</fw></note> Zu den Fu&#x0364;ßen liegt ein<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Triton.</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0166] Villa Medicis. Ein vierter gefangener Koͤnig von weißem Marmor. Er hat ſehr gelitten. Der untere Theil ſcheint modern. Laͤngs dem Fluͤgel des Hauſes ſtehen meh- rere Statuen, die zum Theil ſehr ergaͤnzt ſind. Ich habe ſchon mehrmals meine Gedanken uͤber die Art geaͤußert, wie man mittelmaͤßige Antiken anſehen muß. Wenn man gleich fuͤr den Augenblick wenig Genuß fuͤr die Empfindung des Schoͤnen zu erwarten hat; ſo gewoͤhnt man doch das Auge an den Stil der Alten, je mehr man von ihren Werken betrachtet. Man findet in allen eine große Simpli- citaͤt des Ausdrucks und der Stellung, richtige Ver- haͤltniſſe und einen guten Geſchmack in den Gewaͤn- dern, die das Nackte bedecken, ohne es dem Auge zu entziehen. Dies ſind Grundlagen der Schoͤnheit; die Bekanntſchaft damit unterſtuͤtzet das Gefuͤhl der Vollkommenheit an andern Orten. Weiterhin koͤmmt man in ein Nebengebaͤude oder Caſino, in deſſen Niſchen Statuen ſtehen. Mir ſind darunter merkwuͤrdig geweſen: Eine weibliche Figur als Pallas reſtau- rirt mit einem Gewande von Porphyr ohne Guͤrtel. Das Nackende, deſſen Umriſſe ſehr ſwelt ſind, iſt ſehr gut angedeutet. † Neptun eine alte und ſeltene Statue. Win- kelmann erwaͤhnt ihrer. 5) Zu den Fuͤßen liegt ein Triton. 5) G. d. K. S. 292. „Neptunus iſt in der einzigen „Statue

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/166
Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/166>, abgerufen am 21.05.2024.