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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.

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Villa Aldovrandini.
Magie des Helldunkeln in eben der Maaße wie die
Neueren verstanden?

Von dem Colorit der Alten wissen wir nur so
viel, sie brauchten gute dauerhafte Farben. Aber
dies gilt nur von den reinen ungemischten Hauptfar-
ben. (couleurs vierges.) Für die Kunst ihrer
Farbenmischung bürgt uns nichts. Es läßt sich aus
dem was wir sehen, nichts für, nichts wider sie fol-
gern. Es sind mittelmäßige Werke, Decorations-
mahlereien, meistens schnell und auf den ersten
Strich hingearbeitet; und was das schlimmste ist,
alle verblichen. Es ist eine bekannte Erfahrung,
daß Gemählde, welche Jahrhunderte durch in feuch-
ten Gewölbern verschlossen gewesen sind, wenn sie
nachher an die Luft gebracht werden, immer verder-
ben, und nicht selten ganz verzehret werden.

Luft und Linienperspektiv ist in keiner mir bekann-
ten größeren Composition der Alten beobachtet, und
wenn man nicht auf eine ganz unverantwortlich par-
theiische Art Ründung einzelner Figuren, Abstufung
und Abschwächung entfernterer Gegenstände gegen die
näheren in einem geringen Raume, nach dem bloßen
ungebildeten Augenmaaße, mit den künstlichen Re-
geln der Optik vermengen will, so kann man dreist
behaupten, daß die Alten sie nicht gekannt haben.

Hingegen in einem auch für unsere heutige Kunst
äußerst wichtigen Theile, in der Zeichnung, haben
sie selbst nach dem, was wir von ihren Handwerkern,
ihren Decorationsmahlern kennen, unsere Neueren
übertroffen. Wir finden in den armseligen Ueber-
bleibseln ihrer Mahlerei, eine Wahl der Formen,

eine

Villa Aldovrandini.
Magie des Helldunkeln in eben der Maaße wie die
Neueren verſtanden?

Von dem Colorit der Alten wiſſen wir nur ſo
viel, ſie brauchten gute dauerhafte Farben. Aber
dies gilt nur von den reinen ungemiſchten Hauptfar-
ben. (couleurs vierges.) Fuͤr die Kunſt ihrer
Farbenmiſchung buͤrgt uns nichts. Es laͤßt ſich aus
dem was wir ſehen, nichts fuͤr, nichts wider ſie fol-
gern. Es ſind mittelmaͤßige Werke, Decorations-
mahlereien, meiſtens ſchnell und auf den erſten
Strich hingearbeitet; und was das ſchlimmſte iſt,
alle verblichen. Es iſt eine bekannte Erfahrung,
daß Gemaͤhlde, welche Jahrhunderte durch in feuch-
ten Gewoͤlbern verſchloſſen geweſen ſind, wenn ſie
nachher an die Luft gebracht werden, immer verder-
ben, und nicht ſelten ganz verzehret werden.

Luft und Linienperſpektiv iſt in keiner mir bekann-
ten groͤßeren Compoſition der Alten beobachtet, und
wenn man nicht auf eine ganz unverantwortlich par-
theiiſche Art Ruͤndung einzelner Figuren, Abſtufung
und Abſchwaͤchung entfernterer Gegenſtaͤnde gegen die
naͤheren in einem geringen Raume, nach dem bloßen
ungebildeten Augenmaaße, mit den kuͤnſtlichen Re-
geln der Optik vermengen will, ſo kann man dreiſt
behaupten, daß die Alten ſie nicht gekannt haben.

Hingegen in einem auch fuͤr unſere heutige Kunſt
aͤußerſt wichtigen Theile, in der Zeichnung, haben
ſie ſelbſt nach dem, was wir von ihren Handwerkern,
ihren Decorationsmahlern kennen, unſere Neueren
uͤbertroffen. Wir finden in den armſeligen Ueber-
bleibſeln ihrer Mahlerei, eine Wahl der Formen,

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[172/0186] Villa Aldovrandini. Magie des Helldunkeln in eben der Maaße wie die Neueren verſtanden? Von dem Colorit der Alten wiſſen wir nur ſo viel, ſie brauchten gute dauerhafte Farben. Aber dies gilt nur von den reinen ungemiſchten Hauptfar- ben. (couleurs vierges.) Fuͤr die Kunſt ihrer Farbenmiſchung buͤrgt uns nichts. Es laͤßt ſich aus dem was wir ſehen, nichts fuͤr, nichts wider ſie fol- gern. Es ſind mittelmaͤßige Werke, Decorations- mahlereien, meiſtens ſchnell und auf den erſten Strich hingearbeitet; und was das ſchlimmſte iſt, alle verblichen. Es iſt eine bekannte Erfahrung, daß Gemaͤhlde, welche Jahrhunderte durch in feuch- ten Gewoͤlbern verſchloſſen geweſen ſind, wenn ſie nachher an die Luft gebracht werden, immer verder- ben, und nicht ſelten ganz verzehret werden. Luft und Linienperſpektiv iſt in keiner mir bekann- ten groͤßeren Compoſition der Alten beobachtet, und wenn man nicht auf eine ganz unverantwortlich par- theiiſche Art Ruͤndung einzelner Figuren, Abſtufung und Abſchwaͤchung entfernterer Gegenſtaͤnde gegen die naͤheren in einem geringen Raume, nach dem bloßen ungebildeten Augenmaaße, mit den kuͤnſtlichen Re- geln der Optik vermengen will, ſo kann man dreiſt behaupten, daß die Alten ſie nicht gekannt haben. Hingegen in einem auch fuͤr unſere heutige Kunſt aͤußerſt wichtigen Theile, in der Zeichnung, haben ſie ſelbſt nach dem, was wir von ihren Handwerkern, ihren Decorationsmahlern kennen, unſere Neueren uͤbertroffen. Wir finden in den armſeligen Ueber- bleibſeln ihrer Mahlerei, eine Wahl der Formen, eine

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/186>, abgerufen am 29.11.2024.