Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.Villa Ludovisi. Das sehen wir jetzt, das begreifen wir. Ueber Daß 5) Unsere Gruppe muß stark ergänzt und zusammen-
gesetzt seyn, dies zeigt die Verschiedenheit des Stils in beiden Figuren, dies zeigt die erstaunliche Un- gleichheit des Werths zwischen dem Körper der männlichen Figur, der mit so vieler Sorgfalt und Weichheit behandelt ist, und dem Körper der weib- lichen, an dem die Ausführung hart und vernach- läßiget ist. Der Kopf der männlichen Figur stimmt so wenig mit dem Körper überein, daß ich darauf schwören wollte, er sey aufgesetzt, ob ich mich gleich demselben nicht bis zur genauern Untersuchung habe nähern können. Der Arm mit dem Schwerdte ist ganz neu, und kann theils in Rücksicht seiner eigenen gezwungenen Lage, theils in Rücksicht auf die Stellung des ganzen Körpers, die der Handlung so wie wir sie jetzt sehen, ganz zuwider scheint, unmöglich der antiken, und ver- loren gegangenen Lage, ähnlich gewesen seyn. Winkelmann glaubt in dieser Gruppe den Tra- banten des tyrrhenischen Königs Aeolus zu sehen, "welchen dieser an seine Tochter absendete mit ei- "nem Degen, womit sich dieselbe entleiben sollte, "nachdem gedachter ihr Vater ihre Blutschande "mit ihrem Bruder erfahren hatte." Winkelmann gestehet, daß wir den fernern Ausgang der Ge- schichte nicht wissen, aber er findet es gar nicht unwahrscheinlich, "daß der Trabant, welcher ohne "Un- Villa Ludoviſi. Das ſehen wir jetzt, das begreifen wir. Ueber Daß 5) Unſere Gruppe muß ſtark ergaͤnzt und zuſammen-
geſetzt ſeyn, dies zeigt die Verſchiedenheit des Stils in beiden Figuren, dies zeigt die erſtaunliche Un- gleichheit des Werths zwiſchen dem Koͤrper der maͤnnlichen Figur, der mit ſo vieler Sorgfalt und Weichheit behandelt iſt, und dem Koͤrper der weib- lichen, an dem die Ausfuͤhrung hart und vernach- laͤßiget iſt. Der Kopf der maͤnnlichen Figur ſtimmt ſo wenig mit dem Koͤrper uͤberein, daß ich darauf ſchwoͤren wollte, er ſey aufgeſetzt, ob ich mich gleich demſelben nicht bis zur genauern Unterſuchung habe naͤhern koͤnnen. Der Arm mit dem Schwerdte iſt ganz neu, und kann theils in Ruͤckſicht ſeiner eigenen gezwungenen Lage, theils in Ruͤckſicht auf die Stellung des ganzen Koͤrpers, die der Handlung ſo wie wir ſie jetzt ſehen, ganz zuwider ſcheint, unmoͤglich der antiken, und ver- loren gegangenen Lage, aͤhnlich geweſen ſeyn. Winkelmann glaubt in dieſer Gruppe den Tra- banten des tyrrheniſchen Koͤnigs Aeolus zu ſehen, „welchen dieſer an ſeine Tochter abſendete mit ei- „nem Degen, womit ſich dieſelbe entleiben ſollte, „nachdem gedachter ihr Vater ihre Blutſchande „mit ihrem Bruder erfahren hatte.“ Winkelmann geſtehet, daß wir den fernern Ausgang der Ge- ſchichte nicht wiſſen, aber er findet es gar nicht unwahrſcheinlich, „daß der Trabant, welcher ohne „Un- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0221" n="207"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Villa Ludoviſi.</hi> </fw><lb/> <p>Das ſehen wir jetzt, das begreifen wir. Ueber<lb/> eine andere Erklaͤrung laſſe ich mich auch nicht einſt<lb/> bis zur Muthmaaßung ein. Denn dieſe Gruppe iſt<lb/> offenbar zuſammengeſetzt und reſtaurirt. Die<lb/> Gruͤnde, woraus ich dieſes ſchließe, in der Note. <note xml:id="seg2pn_7_1" next="#seg2pn_7_2" place="foot" n="5)">Unſere Gruppe muß ſtark ergaͤnzt und zuſammen-<lb/> geſetzt ſeyn, dies zeigt die Verſchiedenheit des Stils<lb/> in beiden Figuren, dies zeigt die erſtaunliche Un-<lb/> gleichheit des Werths zwiſchen dem Koͤrper der<lb/> maͤnnlichen Figur, der mit ſo vieler Sorgfalt und<lb/> Weichheit behandelt iſt, und dem Koͤrper der weib-<lb/> lichen, an dem die Ausfuͤhrung hart und vernach-<lb/> laͤßiget iſt. Der Kopf der maͤnnlichen Figur<lb/> ſtimmt ſo wenig mit dem Koͤrper uͤberein, daß<lb/> ich darauf ſchwoͤren wollte, er ſey aufgeſetzt, ob<lb/> ich mich gleich demſelben nicht bis zur genauern<lb/><choice><sic>Unterſuchuug</sic><corr>Unterſuchung</corr></choice> habe naͤhern koͤnnen. Der Arm mit<lb/> dem Schwerdte iſt ganz neu, und kann theils in<lb/> Ruͤckſicht ſeiner eigenen gezwungenen Lage, theils<lb/> in Ruͤckſicht auf die Stellung des ganzen Koͤrpers,<lb/> die der Handlung ſo wie wir ſie jetzt ſehen, ganz<lb/> zuwider ſcheint, unmoͤglich der antiken, und ver-<lb/> loren gegangenen Lage, aͤhnlich geweſen ſeyn.<lb/> Winkelmann glaubt in dieſer Gruppe den Tra-<lb/> banten des tyrrheniſchen Koͤnigs Aeolus zu ſehen,<lb/> „welchen dieſer an ſeine Tochter abſendete mit ei-<lb/> „nem Degen, womit ſich dieſelbe entleiben ſollte,<lb/> „nachdem gedachter ihr Vater ihre Blutſchande<lb/> „mit ihrem Bruder erfahren hatte.“ Winkelmann<lb/> geſtehet, daß wir den fernern Ausgang der Ge-<lb/> ſchichte nicht wiſſen, aber er findet es gar nicht<lb/> unwahrſcheinlich, „daß der Trabant, welcher ohne<lb/> <fw place="bottom" type="catch">„Un-</fw></note></p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Daß</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [207/0221]
Villa Ludoviſi.
Das ſehen wir jetzt, das begreifen wir. Ueber
eine andere Erklaͤrung laſſe ich mich auch nicht einſt
bis zur Muthmaaßung ein. Denn dieſe Gruppe iſt
offenbar zuſammengeſetzt und reſtaurirt. Die
Gruͤnde, woraus ich dieſes ſchließe, in der Note. 5)
Daß
5) Unſere Gruppe muß ſtark ergaͤnzt und zuſammen-
geſetzt ſeyn, dies zeigt die Verſchiedenheit des Stils
in beiden Figuren, dies zeigt die erſtaunliche Un-
gleichheit des Werths zwiſchen dem Koͤrper der
maͤnnlichen Figur, der mit ſo vieler Sorgfalt und
Weichheit behandelt iſt, und dem Koͤrper der weib-
lichen, an dem die Ausfuͤhrung hart und vernach-
laͤßiget iſt. Der Kopf der maͤnnlichen Figur
ſtimmt ſo wenig mit dem Koͤrper uͤberein, daß
ich darauf ſchwoͤren wollte, er ſey aufgeſetzt, ob
ich mich gleich demſelben nicht bis zur genauern
Unterſuchung habe naͤhern koͤnnen. Der Arm mit
dem Schwerdte iſt ganz neu, und kann theils in
Ruͤckſicht ſeiner eigenen gezwungenen Lage, theils
in Ruͤckſicht auf die Stellung des ganzen Koͤrpers,
die der Handlung ſo wie wir ſie jetzt ſehen, ganz
zuwider ſcheint, unmoͤglich der antiken, und ver-
loren gegangenen Lage, aͤhnlich geweſen ſeyn.
Winkelmann glaubt in dieſer Gruppe den Tra-
banten des tyrrheniſchen Koͤnigs Aeolus zu ſehen,
„welchen dieſer an ſeine Tochter abſendete mit ei-
„nem Degen, womit ſich dieſelbe entleiben ſollte,
„nachdem gedachter ihr Vater ihre Blutſchande
„mit ihrem Bruder erfahren hatte.“ Winkelmann
geſtehet, daß wir den fernern Ausgang der Ge-
ſchichte nicht wiſſen, aber er findet es gar nicht
unwahrſcheinlich, „daß der Trabant, welcher ohne
„Un-
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