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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.

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Pallast Boccapaduli.
das Wenige, was wir davon erkennen, zeigt einen
durch lange Krankheit abgezehrten Alten.

Der Liebhaber, der in Ansehung der Hauptfigur
in seiner Erwartung sich getäuscht findet, hofft durch
den interessanten Ausdruck der umstehenden Personen
schadlos gehalten zu werden. In der That! welcher
mannichfaltigen Modificationen ist nicht die Aeuße-
rung des Schmerzes fähig, die kindliche, elterliche,
eheliche Liebe, Anhänglichkeit langjähriger Treue,
nach Verschiedenheit des Alters und des Geschlechts
über die bevorstehende Trennung von dem Geliebte-
sten auf Erden, hervorzubringen im Stande ist!
Allein was findet man davon in diesem Bilde? Der
Acolyth, der die Fackel hält, der Chorknabe, neh-
men den Vordergrund ein, die Amme, die das
Kind auf den Armen trägt, zeigt nicht den gering-
sten Antheil an der Handlung, 7) und die Personen,

die
7) Poussin hat die Vorstellung sämmtlicher sieben Sa-
cramente wiederholt, und diese Werke befinden sich
zu Paris. In dem Gemählde von der letzten Oeh-
lung ist die Amme mit dem Kinde mehr mit der
Haupthandlung verbunden: Sie nähert sich mit
dem Kinde dem sterbenden Vater, und dies streichelt
ihn in dem Augenblicke, da er die letzte Oehlung
empfängt. Ich gestehe, daß ich diesen Gedanken
für den Ort und die Zeit unpassend halte. Er un-
terbricht die Handlung, und es ist unnatürlich,
daß man das Kind in dem Augenblicke der Bei-
bringung des Sacraments dem Vater sich so sehr
habe nähern lassen. Uebrigens hat dieses Ge-
mählde in Ansehung der mahlerischen Anordnung
und der Ausführung Vorzüge vor dem unsrigen.

Pallaſt Boccapaduli.
das Wenige, was wir davon erkennen, zeigt einen
durch lange Krankheit abgezehrten Alten.

Der Liebhaber, der in Anſehung der Hauptfigur
in ſeiner Erwartung ſich getaͤuſcht findet, hofft durch
den intereſſanten Ausdruck der umſtehenden Perſonen
ſchadlos gehalten zu werden. In der That! welcher
mannichfaltigen Modificationen iſt nicht die Aeuße-
rung des Schmerzes faͤhig, die kindliche, elterliche,
eheliche Liebe, Anhaͤnglichkeit langjaͤhriger Treue,
nach Verſchiedenheit des Alters und des Geſchlechts
uͤber die bevorſtehende Trennung von dem Geliebte-
ſten auf Erden, hervorzubringen im Stande iſt!
Allein was findet man davon in dieſem Bilde? Der
Acolyth, der die Fackel haͤlt, der Chorknabe, neh-
men den Vordergrund ein, die Amme, die das
Kind auf den Armen traͤgt, zeigt nicht den gering-
ſten Antheil an der Handlung, 7) und die Perſonen,

die
7) Pouſſin hat die Vorſtellung ſaͤmmtlicher ſieben Sa-
cramente wiederholt, und dieſe Werke befinden ſich
zu Paris. In dem Gemaͤhlde von der letzten Oeh-
lung iſt die Amme mit dem Kinde mehr mit der
Haupthandlung verbunden: Sie naͤhert ſich mit
dem Kinde dem ſterbenden Vater, und dies ſtreichelt
ihn in dem Augenblicke, da er die letzte Oehlung
empfaͤngt. Ich geſtehe, daß ich dieſen Gedanken
fuͤr den Ort und die Zeit unpaſſend halte. Er un-
terbricht die Handlung, und es iſt unnatuͤrlich,
daß man das Kind in dem Augenblicke der Bei-
bringung des Sacraments dem Vater ſich ſo ſehr
habe naͤhern laſſen. Uebrigens hat dieſes Ge-
maͤhlde in Anſehung der mahleriſchen Anordnung
und der Ausfuͤhrung Vorzuͤge vor dem unſrigen.
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[244/0258] Pallaſt Boccapaduli. das Wenige, was wir davon erkennen, zeigt einen durch lange Krankheit abgezehrten Alten. Der Liebhaber, der in Anſehung der Hauptfigur in ſeiner Erwartung ſich getaͤuſcht findet, hofft durch den intereſſanten Ausdruck der umſtehenden Perſonen ſchadlos gehalten zu werden. In der That! welcher mannichfaltigen Modificationen iſt nicht die Aeuße- rung des Schmerzes faͤhig, die kindliche, elterliche, eheliche Liebe, Anhaͤnglichkeit langjaͤhriger Treue, nach Verſchiedenheit des Alters und des Geſchlechts uͤber die bevorſtehende Trennung von dem Geliebte- ſten auf Erden, hervorzubringen im Stande iſt! Allein was findet man davon in dieſem Bilde? Der Acolyth, der die Fackel haͤlt, der Chorknabe, neh- men den Vordergrund ein, die Amme, die das Kind auf den Armen traͤgt, zeigt nicht den gering- ſten Antheil an der Handlung, 7) und die Perſonen, die 7) Pouſſin hat die Vorſtellung ſaͤmmtlicher ſieben Sa- cramente wiederholt, und dieſe Werke befinden ſich zu Paris. In dem Gemaͤhlde von der letzten Oeh- lung iſt die Amme mit dem Kinde mehr mit der Haupthandlung verbunden: Sie naͤhert ſich mit dem Kinde dem ſterbenden Vater, und dies ſtreichelt ihn in dem Augenblicke, da er die letzte Oehlung empfaͤngt. Ich geſtehe, daß ich dieſen Gedanken fuͤr den Ort und die Zeit unpaſſend halte. Er un- terbricht die Handlung, und es iſt unnatuͤrlich, daß man das Kind in dem Augenblicke der Bei- bringung des Sacraments dem Vater ſich ſo ſehr habe naͤhern laſſen. Uebrigens hat dieſes Ge- maͤhlde in Anſehung der mahleriſchen Anordnung und der Ausfuͤhrung Vorzuͤge vor dem unſrigen.

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/258>, abgerufen am 21.11.2024.