Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.Pallast Giustiniani. was sagen sie, so wie viele andere aus der Geschichtedes neuen Testaments entlehnte Begebenheiten, un- serm Herzen, unserer Einbildungskraft? Ich räume ein: Nicht viel! Es wäre zu wünschen, daß man aus einem Buche, das so reich an Handlung ist, immer solche Süjets wählen möchte, die außer mah- lerischer Würkung auch wohlgefällige Formen und einen edeln Ausdruck motiviren. Wenn man aber nun fortfährt zu klagen, wenn Die Differenz, auf deren Entscheidung es hier Soll der Künstler bei der Wahl seiner Süjets Oder
Pallaſt Giuſtiniani. was ſagen ſie, ſo wie viele andere aus der Geſchichtedes neuen Teſtaments entlehnte Begebenheiten, un- ſerm Herzen, unſerer Einbildungskraft? Ich raͤume ein: Nicht viel! Es waͤre zu wuͤnſchen, daß man aus einem Buche, das ſo reich an Handlung iſt, immer ſolche Suͤjets waͤhlen moͤchte, die außer mah- leriſcher Wuͤrkung auch wohlgefaͤllige Formen und einen edeln Ausdruck motiviren. Wenn man aber nun fortfaͤhrt zu klagen, wenn Die Differenz, auf deren Entſcheidung es hier Soll der Kuͤnſtler bei der Wahl ſeiner Suͤjets Oder
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Pallaſt Giuſtiniani.
was ſagen ſie, ſo wie viele andere aus der Geſchichte
des neuen Teſtaments entlehnte Begebenheiten, un-
ſerm Herzen, unſerer Einbildungskraft? Ich raͤume
ein: Nicht viel! Es waͤre zu wuͤnſchen, daß man
aus einem Buche, das ſo reich an Handlung iſt,
immer ſolche Suͤjets waͤhlen moͤchte, die außer mah-
leriſcher Wuͤrkung auch wohlgefaͤllige Formen und
einen edeln Ausdruck motiviren.
Wenn man aber nun fortfaͤhrt zu klagen, wenn
man ſogar verlangen will: nichts ſolle man mahlen,
was nicht das ſittliche Gefuͤhl unmittelbar beſſere,
den Verſtand aufklaͤre, und alle Vorſtellung bibli-
ſcher Geſchichte muͤſſe gaͤnzlich von dem Gebiete der
ſchoͤnen Kuͤnſte ausgeſchloſſen werden; ſo merkt man,
daß dieſe Forderungen ſo unbeſtimmt und ausſchwei-
fend ſind, daß ſie in die Claſſe der Anmaaßungen
geſetzt werden muͤſſen, denen man nichts einraͤumen
kann, weil ſie zu viel Aufopferung nach ſich ziehen
wuͤrden.
Die Differenz, auf deren Entſcheidung es hier
ankommen wird, muß dahin genauer beſtimmt
werden:
Soll der Kuͤnſtler bei der Wahl ſeiner Suͤjets
auf unmittelbare Beſſerung des moraliſchen Gefuͤhls
fuͤr das Gute, und Aufklaͤrung des Verſtandes,
des Erkenntniß, Urtheilsvermoͤgen, ja! ſelbſt auf
Verſtaͤrkung eines vorhin von Werken anderer
Kuͤnſte, die mehr als ſie fuͤr das intellektuelle Ver-
gnuͤgen arbeiten, erhaltenen Eindrucks ſeine erſte
Ruͤckſicht nehmen: kurz! ſoll er auf Nutzbarkeit zu-
erſt und hauptſaͤchlich rechnen;
Oder
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