Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.einen Fortsatz der Geschlechtssympathie, Lüsternheit, oder gar den unnennbaren Trieb ahnden läßt. Und so können uns alle todte und lebendige, belebte und unbelebte Körper in den Zustand der Ueppigkeit versetzen. Denket an die Korinthische Säulenordnung, die Pracht und Weichlichkeit vereinigt, zarter wie die Dorische, pikanter wie die Ionische! Denket an die Lydische Tonart, die Plato aus seiner Republik verwies, weil sie bey ihrer Lebhaftigkeit zugleich zu viel Weichliches an sich trug. Doch hier kann die Empfindung des Urhebers, welche diese Werke beseelte, vielleicht ähnliche in unserer Seele erwecken, und so auf den Körper zurückwirken. Aber ist dieß der Fall mit der leblosen Natur? Ach! üppig fühlen wir schon das schattige Obdach des Baumes, dessen Gipfel die Sonne beleuchtet, und dessen Fuß einen aufgeblähten Moosteppich zum Lager darbietet! Ueppig fühlen wir so manchen Ton der Bewohner der Lüfte, so manche Temperatur der Luft, so manches Wallen der Gestalten! O ihr leblosen und belebten Körper unter einander alle! hebende Zartheit, geschmeidige Stärke, sind eure anziehenden Pole! Die Sympathie mit dem gleichartigen Starken oder Zarten ist schwach, ist wenig bindend für alle unsere Sinne. Vielleicht sind sie alle, außer dem der Tastung, dieser sympathetischen Gefühle mit dem Gleichartigen nicht einmahl fähig; sie kennen nur Geschlechtssympathie! Nur durch Ueppigkeit werden ihre Organe zum Zusammenruhen und Anschmiegen eingeladen. Ueppigkeit allein ist der Magnetismus, der Auge, Ohr, Geruchorgan, und selbst den Gaumen an leblose Körper mit lebhafterer Thätigkeit anzieht, und einen Fortsatz der Geschlechtssympathie, Lüsternheit, oder gar den unnennbaren Trieb ahnden läßt. Und so können uns alle todte und lebendige, belebte und unbelebte Körper in den Zustand der Ueppigkeit versetzen. Denket an die Korinthische Säulenordnung, die Pracht und Weichlichkeit vereinigt, zarter wie die Dorische, pikanter wie die Ionische! Denket an die Lydische Tonart, die Plato aus seiner Republik verwies, weil sie bey ihrer Lebhaftigkeit zugleich zu viel Weichliches an sich trug. Doch hier kann die Empfindung des Urhebers, welche diese Werke beseelte, vielleicht ähnliche in unserer Seele erwecken, und so auf den Körper zurückwirken. Aber ist dieß der Fall mit der leblosen Natur? Ach! üppig fühlen wir schon das schattige Obdach des Baumes, dessen Gipfel die Sonne beleuchtet, und dessen Fuß einen aufgeblähten Moosteppich zum Lager darbietet! Ueppig fühlen wir so manchen Ton der Bewohner der Lüfte, so manche Temperatur der Luft, so manches Wallen der Gestalten! O ihr leblosen und belebten Körper unter einander alle! hebende Zartheit, geschmeidige Stärke, sind eure anziehenden Pole! Die Sympathie mit dem gleichartigen Starken oder Zarten ist schwach, ist wenig bindend für alle unsere Sinne. Vielleicht sind sie alle, außer dem der Tastung, dieser sympathetischen Gefühle mit dem Gleichartigen nicht einmahl fähig; sie kennen nur Geschlechtssympathie! Nur durch Ueppigkeit werden ihre Organe zum Zusammenruhen und Anschmiegen eingeladen. Ueppigkeit allein ist der Magnetismus, der Auge, Ohr, Geruchorgan, und selbst den Gaumen an leblose Körper mit lebhafterer Thätigkeit anzieht, und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0139" n="139"/> einen Fortsatz der Geschlechtssympathie, Lüsternheit, oder gar den unnennbaren Trieb ahnden läßt.</p> <p>Und so können uns alle todte und lebendige, belebte und unbelebte Körper in den Zustand der Ueppigkeit versetzen. Denket an die Korinthische Säulenordnung, die Pracht und Weichlichkeit vereinigt, zarter wie die Dorische, pikanter wie die Ionische! Denket an die Lydische Tonart, die Plato aus seiner Republik verwies, weil sie bey ihrer Lebhaftigkeit zugleich zu viel Weichliches an sich trug.</p> <p>Doch hier kann die Empfindung des Urhebers, welche diese Werke beseelte, vielleicht ähnliche in unserer Seele erwecken, und so auf den Körper zurückwirken. Aber ist dieß der Fall mit der leblosen Natur? Ach! üppig fühlen wir schon das schattige Obdach des Baumes, dessen Gipfel die Sonne beleuchtet, und dessen Fuß einen aufgeblähten Moosteppich zum Lager darbietet! Ueppig fühlen wir so manchen Ton der Bewohner der Lüfte, so manche Temperatur der Luft, so manches Wallen der Gestalten!</p> <p>O ihr leblosen und belebten Körper unter einander alle! hebende Zartheit, geschmeidige Stärke, sind eure anziehenden Pole! Die Sympathie mit dem gleichartigen Starken oder Zarten ist schwach, ist wenig bindend für alle unsere Sinne. Vielleicht sind sie alle, außer dem der Tastung, dieser sympathetischen Gefühle mit dem Gleichartigen nicht einmahl fähig; sie kennen nur Geschlechtssympathie! Nur durch Ueppigkeit werden ihre Organe zum Zusammenruhen und Anschmiegen eingeladen. Ueppigkeit allein ist der Magnetismus, der Auge, Ohr, Geruchorgan, und selbst den Gaumen an leblose Körper mit lebhafterer Thätigkeit anzieht, und </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [139/0139]
einen Fortsatz der Geschlechtssympathie, Lüsternheit, oder gar den unnennbaren Trieb ahnden läßt.
Und so können uns alle todte und lebendige, belebte und unbelebte Körper in den Zustand der Ueppigkeit versetzen. Denket an die Korinthische Säulenordnung, die Pracht und Weichlichkeit vereinigt, zarter wie die Dorische, pikanter wie die Ionische! Denket an die Lydische Tonart, die Plato aus seiner Republik verwies, weil sie bey ihrer Lebhaftigkeit zugleich zu viel Weichliches an sich trug.
Doch hier kann die Empfindung des Urhebers, welche diese Werke beseelte, vielleicht ähnliche in unserer Seele erwecken, und so auf den Körper zurückwirken. Aber ist dieß der Fall mit der leblosen Natur? Ach! üppig fühlen wir schon das schattige Obdach des Baumes, dessen Gipfel die Sonne beleuchtet, und dessen Fuß einen aufgeblähten Moosteppich zum Lager darbietet! Ueppig fühlen wir so manchen Ton der Bewohner der Lüfte, so manche Temperatur der Luft, so manches Wallen der Gestalten!
O ihr leblosen und belebten Körper unter einander alle! hebende Zartheit, geschmeidige Stärke, sind eure anziehenden Pole! Die Sympathie mit dem gleichartigen Starken oder Zarten ist schwach, ist wenig bindend für alle unsere Sinne. Vielleicht sind sie alle, außer dem der Tastung, dieser sympathetischen Gefühle mit dem Gleichartigen nicht einmahl fähig; sie kennen nur Geschlechtssympathie! Nur durch Ueppigkeit werden ihre Organe zum Zusammenruhen und Anschmiegen eingeladen. Ueppigkeit allein ist der Magnetismus, der Auge, Ohr, Geruchorgan, und selbst den Gaumen an leblose Körper mit lebhafterer Thätigkeit anzieht, und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |