Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.wird ihn durch Befriedigung seiner Triebe zu stillen suchen. Als Mittel braucht er die Annäherung an andere Körper, von denen er annehme, was ihm zur Gleichmaße und zur Erhöhung der Wirksamkeit beyder Dispositionen, an der einen oder der andern fehlt; an die er abgebe was er zu viel hat, von der einen oder der andern; die ihm das Gefühl einflößen, daß er zugleich leidend und thätig, angespannt und spannend, gezärtelt und zärtelnd sey. Welche Körper aber können ihm das geben? Solche, die gar nichts Aehnliches mit ihm haben? Unbelebte oder belebte, die keine Eigenschaften an sich tragen die er sich aneignen könnte, die keines Zustandes fähig sind, in den er sich mit ihnen zugleich hineinversetzen könnte? Nein! Das ganz Verschiedene, dasjenige, was nicht einmahl zu seiner Gattung gehört, stößt er ab, oder läßt er gleichgültig liegen. Aber sucht er denn gleichartige Körper auf? Auch diese nicht. Was kann er von diesen annehmen, was er nicht schon in gleicher Maße mit ihnen gemein hätte! Was kann er an sie abgeben, dessen sie bedürfen? Und wenn er durch sein Nehmen und Geben ihre Lebenskraft nicht gleichfalls in Aufruhr zu versetzen, und ihr Zurückwirken zu empfinden ahndet, wie wird er seinen Einfluß auf sie, und ihren Einfluß auf sich selbst wahrzunehmen, und so durch Theilung eines Zustandes zu dem vollkommensten Grade der Wirksamkeit seiner gleichzeitig leidenden und thätigen Stärke und Zartheit zu gelangen hoffen dürfen? Er sucht also Körper auf, die ihm der Gattung nach gleich, dem Geschlechte nach aber verschieden von ihm sind. Der Körper, der sich geschmeidig stark fühlt, wird von dem Körper angezogen, den er gegen sich als hebend wird ihn durch Befriedigung seiner Triebe zu stillen suchen. Als Mittel braucht er die Annäherung an andere Körper, von denen er annehme, was ihm zur Gleichmaße und zur Erhöhung der Wirksamkeit beyder Dispositionen, an der einen oder der andern fehlt; an die er abgebe was er zu viel hat, von der einen oder der andern; die ihm das Gefühl einflößen, daß er zugleich leidend und thätig, angespannt und spannend, gezärtelt und zärtelnd sey. Welche Körper aber können ihm das geben? Solche, die gar nichts Aehnliches mit ihm haben? Unbelebte oder belebte, die keine Eigenschaften an sich tragen die er sich aneignen könnte, die keines Zustandes fähig sind, in den er sich mit ihnen zugleich hineinversetzen könnte? Nein! Das ganz Verschiedene, dasjenige, was nicht einmahl zu seiner Gattung gehört, stößt er ab, oder läßt er gleichgültig liegen. Aber sucht er denn gleichartige Körper auf? Auch diese nicht. Was kann er von diesen annehmen, was er nicht schon in gleicher Maße mit ihnen gemein hätte! Was kann er an sie abgeben, dessen sie bedürfen? Und wenn er durch sein Nehmen und Geben ihre Lebenskraft nicht gleichfalls in Aufruhr zu versetzen, und ihr Zurückwirken zu empfinden ahndet, wie wird er seinen Einfluß auf sie, und ihren Einfluß auf sich selbst wahrzunehmen, und so durch Theilung eines Zustandes zu dem vollkommensten Grade der Wirksamkeit seiner gleichzeitig leidenden und thätigen Stärke und Zartheit zu gelangen hoffen dürfen? Er sucht also Körper auf, die ihm der Gattung nach gleich, dem Geschlechte nach aber verschieden von ihm sind. Der Körper, der sich geschmeidig stark fühlt, wird von dem Körper angezogen, den er gegen sich als hebend <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0146" n="146"/> wird ihn durch Befriedigung seiner Triebe zu stillen suchen. 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Und wenn er durch sein Nehmen und Geben ihre Lebenskraft nicht gleichfalls in Aufruhr zu versetzen, und ihr Zurückwirken zu empfinden ahndet, wie wird er seinen Einfluß auf sie, und ihren Einfluß auf sich selbst wahrzunehmen, und so durch Theilung eines Zustandes zu dem vollkommensten Grade der Wirksamkeit seiner gleichzeitig leidenden und thätigen Stärke und Zartheit zu gelangen hoffen dürfen?</p> <p>Er sucht also Körper auf, die ihm der Gattung nach gleich, dem Geschlechte nach aber verschieden von ihm sind. Der Körper, der sich geschmeidig stark fühlt, wird von dem Körper angezogen, den er gegen sich als hebend </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [146/0146]
wird ihn durch Befriedigung seiner Triebe zu stillen suchen. Als Mittel braucht er die Annäherung an andere Körper, von denen er annehme, was ihm zur Gleichmaße und zur Erhöhung der Wirksamkeit beyder Dispositionen, an der einen oder der andern fehlt; an die er abgebe was er zu viel hat, von der einen oder der andern; die ihm das Gefühl einflößen, daß er zugleich leidend und thätig, angespannt und spannend, gezärtelt und zärtelnd sey. Welche Körper aber können ihm das geben? Solche, die gar nichts Aehnliches mit ihm haben? Unbelebte oder belebte, die keine Eigenschaften an sich tragen die er sich aneignen könnte, die keines Zustandes fähig sind, in den er sich mit ihnen zugleich hineinversetzen könnte? Nein! Das ganz Verschiedene, dasjenige, was nicht einmahl zu seiner Gattung gehört, stößt er ab, oder läßt er gleichgültig liegen. Aber sucht er denn gleichartige Körper auf? Auch diese nicht. Was kann er von diesen annehmen, was er nicht schon in gleicher Maße mit ihnen gemein hätte! Was kann er an sie abgeben, dessen sie bedürfen? Und wenn er durch sein Nehmen und Geben ihre Lebenskraft nicht gleichfalls in Aufruhr zu versetzen, und ihr Zurückwirken zu empfinden ahndet, wie wird er seinen Einfluß auf sie, und ihren Einfluß auf sich selbst wahrzunehmen, und so durch Theilung eines Zustandes zu dem vollkommensten Grade der Wirksamkeit seiner gleichzeitig leidenden und thätigen Stärke und Zartheit zu gelangen hoffen dürfen?
Er sucht also Körper auf, die ihm der Gattung nach gleich, dem Geschlechte nach aber verschieden von ihm sind. Der Körper, der sich geschmeidig stark fühlt, wird von dem Körper angezogen, den er gegen sich als hebend
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