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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.

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und Verhältnisse, Mutter, endlich Künstlerin in allen Werken des schönen Talents und des Genies, die mehr zur Befriedigung des Geschmacks an leichter aber edlerer Unterhaltung, als zu Mustern der Vollkommenheit selbst in den Spielen der Imagination bestimmt sind.

Dieß ist die Regel. Es kann seyn, daß das Gefühl des Außerordentlichen zuweilen unsere Forderungen anders modificiert, daß wir es lieben, das Weib mit den Vorzügen des Mannes, den Mann mit den Vorzügen des Weibes ausgerüstet zu sehen. Aber ich fürchte, daß früh oder spät das Unpassende einer solchen Ausbildung des Geistes zu unsern Begriffen von den wesentlichen Vorzügen des einen und des andern Geschlechts unsere Bewunderung hemmen, und uns wünschen lassen wird, daß die Frau, die außerordentlich erscheint, weil sie sich durch ihren Geist zur Stärke des Mannes erhebt, lieber als ein zartes Weib außerordentlich und zugleich vollkommen geworden seyn möchte.

Die Stärke des Geistes, die ein Leibnitz, Newton, Richelieu, Cäsar, Homer, Raphael zeigten, scheint über der Zartheit zu stehen, welche eine Cornelia, Sappho, Heloise, Sevigne, Kaufmann, Siddons u. s. f. ausgezeichnet haben. Allein dürfen wir darum behaupten, daß die Julien, die Zenobien, die Elisabeth, u. s. w. auf einer höheren Sprosse über den vorhergenannten Personen ihres Geschlechts auf der Leiter vollkommener Geister stehen? Ich zweifle! Wer in seiner Art vollkommen ist, steht über demjenigen, der seine Art verläßt, und indem er einer Vollkommenheit nachstrebt, die bey der Vergleichung beyder Arten unter einander als die höhere zu betrachten ist, in beyden Rücksichten unvollkommen bleibt.

und Verhältnisse, Mutter, endlich Künstlerin in allen Werken des schönen Talents und des Genies, die mehr zur Befriedigung des Geschmacks an leichter aber edlerer Unterhaltung, als zu Mustern der Vollkommenheit selbst in den Spielen der Imagination bestimmt sind.

Dieß ist die Regel. Es kann seyn, daß das Gefühl des Außerordentlichen zuweilen unsere Forderungen anders modificiert, daß wir es lieben, das Weib mit den Vorzügen des Mannes, den Mann mit den Vorzügen des Weibes ausgerüstet zu sehen. Aber ich fürchte, daß früh oder spät das Unpassende einer solchen Ausbildung des Geistes zu unsern Begriffen von den wesentlichen Vorzügen des einen und des andern Geschlechts unsere Bewunderung hemmen, und uns wünschen lassen wird, daß die Frau, die außerordentlich erscheint, weil sie sich durch ihren Geist zur Stärke des Mannes erhebt, lieber als ein zartes Weib außerordentlich und zugleich vollkommen geworden seyn möchte.

Die Stärke des Geistes, die ein Leibnitz, Newton, Richelieu, Cäsar, Homer, Raphael zeigten, scheint über der Zartheit zu stehen, welche eine Cornelia, Sappho, Heloise, Sevigné, Kaufmann, Siddons u. s. f. ausgezeichnet haben. Allein dürfen wir darum behaupten, daß die Julien, die Zenobien, die Elisabeth, u. s. w. auf einer höheren Sprosse über den vorhergenannten Personen ihres Geschlechts auf der Leiter vollkommener Geister stehen? Ich zweifle! Wer in seiner Art vollkommen ist, steht über demjenigen, der seine Art verläßt, und indem er einer Vollkommenheit nachstrebt, die bey der Vergleichung beyder Arten unter einander als die höhere zu betrachten ist, in beyden Rücksichten unvollkommen bleibt.

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          <p>Dieß ist die Regel. Es kann seyn, daß das Gefühl des Außerordentlichen zuweilen unsere Forderungen anders modificiert, daß wir es lieben, das Weib mit den Vorzügen des Mannes, den Mann mit den Vorzügen des Weibes ausgerüstet zu sehen. Aber ich fürchte, daß früh oder spät das Unpassende einer solchen Ausbildung des Geistes zu unsern Begriffen von den wesentlichen Vorzügen des einen und des andern Geschlechts unsere Bewunderung hemmen, und uns wünschen lassen wird, daß die Frau, die außerordentlich erscheint, weil sie sich durch ihren Geist zur Stärke des Mannes erhebt, lieber als ein zartes Weib außerordentlich und zugleich vollkommen geworden seyn möchte.</p>
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[318/0318] und Verhältnisse, Mutter, endlich Künstlerin in allen Werken des schönen Talents und des Genies, die mehr zur Befriedigung des Geschmacks an leichter aber edlerer Unterhaltung, als zu Mustern der Vollkommenheit selbst in den Spielen der Imagination bestimmt sind. Dieß ist die Regel. Es kann seyn, daß das Gefühl des Außerordentlichen zuweilen unsere Forderungen anders modificiert, daß wir es lieben, das Weib mit den Vorzügen des Mannes, den Mann mit den Vorzügen des Weibes ausgerüstet zu sehen. Aber ich fürchte, daß früh oder spät das Unpassende einer solchen Ausbildung des Geistes zu unsern Begriffen von den wesentlichen Vorzügen des einen und des andern Geschlechts unsere Bewunderung hemmen, und uns wünschen lassen wird, daß die Frau, die außerordentlich erscheint, weil sie sich durch ihren Geist zur Stärke des Mannes erhebt, lieber als ein zartes Weib außerordentlich und zugleich vollkommen geworden seyn möchte. Die Stärke des Geistes, die ein Leibnitz, Newton, Richelieu, Cäsar, Homer, Raphael zeigten, scheint über der Zartheit zu stehen, welche eine Cornelia, Sappho, Heloise, Sevigné, Kaufmann, Siddons u. s. f. ausgezeichnet haben. Allein dürfen wir darum behaupten, daß die Julien, die Zenobien, die Elisabeth, u. s. w. auf einer höheren Sprosse über den vorhergenannten Personen ihres Geschlechts auf der Leiter vollkommener Geister stehen? Ich zweifle! Wer in seiner Art vollkommen ist, steht über demjenigen, der seine Art verläßt, und indem er einer Vollkommenheit nachstrebt, die bey der Vergleichung beyder Arten unter einander als die höhere zu betrachten ist, in beyden Rücksichten unvollkommen bleibt.

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/318>, abgerufen am 22.11.2024.