Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.doch unleugbar zu seyn, daß bey der Verschiedenheit der Kenntnisse, deren Aufbewahrung, und der Geschäfte, deren Ausführung bald diesem bald jenem Geschlechte nach unsern bürgerlichen Einrichtungen, und nach unserer geselligen Denkungsart seit so langen Zeiten anvertrauet sind, die Geisteskräfte des Mannes und des Weibes eine ganz verschiedene Richtung erhalten müssen. Diese verschiedene Richtung erscheint bereits so früh in jedem Kinde, daß sie der ursprünglichen Anlage völlig gleich kommt. Nach unsern Begriffen gehört der stärkere Geist dem Manne, der zärtere dem Weibe. Alle Wissenschaften, alle Künste, alle Geschäfte, die eine anhaltende Uebung im Denken, Abstrahieren, Schließen, einen vielumfassenden und tief eindringenden Blick, ein ausgebreitetes Sachgedächtniß, ein reifes, von den gegenwärtigen Verhältnissen unabhängiges Urtheil, eine Phantasie und ein Herz erfordern, die unter strenger Leitung des Verstandes und der Vernunft stehen, gehören beynahe ausschließend dem Manne. Er ist Metaphysiker, Mathematiker, Staatsmann, Heerführer, Schöpfer weitläuftiger Compositionen der Kunst. Dem Weibe legen wir dagegen diejenigen Kenntnisse, diejenigen Künste und Beschäftigungen bey, die eine leichte Fassungskraft, einen feinen Beobachtungsgeist, ein schnelles Auffassen des Zunächstliegenden, die Gabe, das Schicklichste für den Augenblick zu wählen, Zeichengedächtniß, Emsigkeit, behende Sorgfalt, Reichthum, Glanz, Irritabilität einer Phantasie und eines Herzens voraussetzen, die mehr mit dem Reiche der Sinnlichkeit, als mit dem übersinnlichen zusammenhängen. Das Weib ist Hausfrau, Führerin geselliger Zusammenkünfte doch unleugbar zu seyn, daß bey der Verschiedenheit der Kenntnisse, deren Aufbewahrung, und der Geschäfte, deren Ausführung bald diesem bald jenem Geschlechte nach unsern bürgerlichen Einrichtungen, und nach unserer geselligen Denkungsart seit so langen Zeiten anvertrauet sind, die Geisteskräfte des Mannes und des Weibes eine ganz verschiedene Richtung erhalten müssen. Diese verschiedene Richtung erscheint bereits so früh in jedem Kinde, daß sie der ursprünglichen Anlage völlig gleich kommt. Nach unsern Begriffen gehört der stärkere Geist dem Manne, der zärtere dem Weibe. Alle Wissenschaften, alle Künste, alle Geschäfte, die eine anhaltende Uebung im Denken, Abstrahieren, Schließen, einen vielumfassenden und tief eindringenden Blick, ein ausgebreitetes Sachgedächtniß, ein reifes, von den gegenwärtigen Verhältnissen unabhängiges Urtheil, eine Phantasie und ein Herz erfordern, die unter strenger Leitung des Verstandes und der Vernunft stehen, gehören beynahe ausschließend dem Manne. Er ist Metaphysiker, Mathematiker, Staatsmann, Heerführer, Schöpfer weitläuftiger Compositionen der Kunst. Dem Weibe legen wir dagegen diejenigen Kenntnisse, diejenigen Künste und Beschäftigungen bey, die eine leichte Fassungskraft, einen feinen Beobachtungsgeist, ein schnelles Auffassen des Zunächstliegenden, die Gabe, das Schicklichste für den Augenblick zu wählen, Zeichengedächtniß, Emsigkeit, behende Sorgfalt, Reichthum, Glanz, Irritabilität einer Phantasie und eines Herzens voraussetzen, die mehr mit dem Reiche der Sinnlichkeit, als mit dem übersinnlichen zusammenhängen. 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Er ist Metaphysiker, Mathematiker, Staatsmann, Heerführer, Schöpfer weitläuftiger Compositionen der Kunst.</p> <p>Dem Weibe legen wir dagegen diejenigen Kenntnisse, diejenigen Künste und Beschäftigungen bey, die eine leichte Fassungskraft, einen feinen Beobachtungsgeist, ein schnelles Auffassen des Zunächstliegenden, die Gabe, das Schicklichste für den Augenblick zu wählen, Zeichengedächtniß, Emsigkeit, behende Sorgfalt, Reichthum, Glanz, Irritabilität einer Phantasie und eines Herzens voraussetzen, die mehr mit dem Reiche der Sinnlichkeit, als mit dem übersinnlichen zusammenhängen. Das Weib ist Hausfrau, Führerin geselliger Zusammenkünfte </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [317/0317]
doch unleugbar zu seyn, daß bey der Verschiedenheit der Kenntnisse, deren Aufbewahrung, und der Geschäfte, deren Ausführung bald diesem bald jenem Geschlechte nach unsern bürgerlichen Einrichtungen, und nach unserer geselligen Denkungsart seit so langen Zeiten anvertrauet sind, die Geisteskräfte des Mannes und des Weibes eine ganz verschiedene Richtung erhalten müssen. Diese verschiedene Richtung erscheint bereits so früh in jedem Kinde, daß sie der ursprünglichen Anlage völlig gleich kommt.
Nach unsern Begriffen gehört der stärkere Geist dem Manne, der zärtere dem Weibe. Alle Wissenschaften, alle Künste, alle Geschäfte, die eine anhaltende Uebung im Denken, Abstrahieren, Schließen, einen vielumfassenden und tief eindringenden Blick, ein ausgebreitetes Sachgedächtniß, ein reifes, von den gegenwärtigen Verhältnissen unabhängiges Urtheil, eine Phantasie und ein Herz erfordern, die unter strenger Leitung des Verstandes und der Vernunft stehen, gehören beynahe ausschließend dem Manne. Er ist Metaphysiker, Mathematiker, Staatsmann, Heerführer, Schöpfer weitläuftiger Compositionen der Kunst.
Dem Weibe legen wir dagegen diejenigen Kenntnisse, diejenigen Künste und Beschäftigungen bey, die eine leichte Fassungskraft, einen feinen Beobachtungsgeist, ein schnelles Auffassen des Zunächstliegenden, die Gabe, das Schicklichste für den Augenblick zu wählen, Zeichengedächtniß, Emsigkeit, behende Sorgfalt, Reichthum, Glanz, Irritabilität einer Phantasie und eines Herzens voraussetzen, die mehr mit dem Reiche der Sinnlichkeit, als mit dem übersinnlichen zusammenhängen. Das Weib ist Hausfrau, Führerin geselliger Zusammenkünfte
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