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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.

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Drey und zwanzigstes Kapitel.

Höchste Veredlung der Liebe; Zusammenstreben nach Tugend.

Wenn es wahr ist, daß Liebe das wonnevolle Bestreben ist, den Geliebten zu beglücken, welcher Genuß kann ihr dann näher angehören, als das Gefühl, ihm, diesem Geliebten, das höchste Gut, Tugend, und dadurch Achtung für sich selbst, und Achtung bey andern zuzuführen! Dadurch bringen wir die Liebe auf den höchsten Gipfel der Veredlung, und bereiten uns selbst, wo nicht den lebhaftesten, doch gewiß den dauerndsten, sichersten Genuß, den das Herz mit der Vernunft im Bande zu gewähren vermag!

Glaubt es mir zu: wenn eure Geliebte alle Reitze des Körpers und der Seele in sich vereinigte, die den berühmtesten Freundinnen Griechenlands und Frankreichs jemahls eigen gewesen sind; wenn sie schön wäre wie eine Phryne, geistreich wie eine Aspasia oder Ninon; wenn sie an euch hinge wie eine Sappho, - und ihr fändet in ihrem Herzen Lieblosigkeit gegen ihre Mitmenschen, Mangel an Sanftmuth und Bescheidenheit, kurz, keine der Grundlagen weiblicher Tugend; sie hätte keinen Sinn für Vervollkommnung ihrer Moralität; - euer Herz würde sich nicht gerechtfertigt finden, sie zu lieben, und früh oder spät würdet ihr das Drückende der Schlinge fühlen, in der sie euch zu fangen gewußt hätte.

Aber wohl dem, der sein Auge aufschlagen mag vor seinem edleren Ich, indem er sich sagt: ich liebe! Wohl dem, der in seiner Verbindung einen neuen Grund findet sich selbst zu achten! Selige Stunden, in denen der

Drey und zwanzigstes Kapitel.

Höchste Veredlung der Liebe; Zusammenstreben nach Tugend.

Wenn es wahr ist, daß Liebe das wonnevolle Bestreben ist, den Geliebten zu beglücken, welcher Genuß kann ihr dann näher angehören, als das Gefühl, ihm, diesem Geliebten, das höchste Gut, Tugend, und dadurch Achtung für sich selbst, und Achtung bey andern zuzuführen! Dadurch bringen wir die Liebe auf den höchsten Gipfel der Veredlung, und bereiten uns selbst, wo nicht den lebhaftesten, doch gewiß den dauerndsten, sichersten Genuß, den das Herz mit der Vernunft im Bande zu gewähren vermag!

Glaubt es mir zu: wenn eure Geliebte alle Reitze des Körpers und der Seele in sich vereinigte, die den berühmtesten Freundinnen Griechenlands und Frankreichs jemahls eigen gewesen sind; wenn sie schön wäre wie eine Phryne, geistreich wie eine Aspasia oder Ninon; wenn sie an euch hinge wie eine Sappho, – und ihr fändet in ihrem Herzen Lieblosigkeit gegen ihre Mitmenschen, Mangel an Sanftmuth und Bescheidenheit, kurz, keine der Grundlagen weiblicher Tugend; sie hätte keinen Sinn für Vervollkommnung ihrer Moralität; – euer Herz würde sich nicht gerechtfertigt finden, sie zu lieben, und früh oder spät würdet ihr das Drückende der Schlinge fühlen, in der sie euch zu fangen gewußt hätte.

Aber wohl dem, der sein Auge aufschlagen mag vor seinem edleren Ich, indem er sich sagt: ich liebe! Wohl dem, der in seiner Verbindung einen neuen Grund findet sich selbst zu achten! Selige Stunden, in denen der

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[332/0332] Drey und zwanzigstes Kapitel. Höchste Veredlung der Liebe; Zusammenstreben nach Tugend. Wenn es wahr ist, daß Liebe das wonnevolle Bestreben ist, den Geliebten zu beglücken, welcher Genuß kann ihr dann näher angehören, als das Gefühl, ihm, diesem Geliebten, das höchste Gut, Tugend, und dadurch Achtung für sich selbst, und Achtung bey andern zuzuführen! Dadurch bringen wir die Liebe auf den höchsten Gipfel der Veredlung, und bereiten uns selbst, wo nicht den lebhaftesten, doch gewiß den dauerndsten, sichersten Genuß, den das Herz mit der Vernunft im Bande zu gewähren vermag! Glaubt es mir zu: wenn eure Geliebte alle Reitze des Körpers und der Seele in sich vereinigte, die den berühmtesten Freundinnen Griechenlands und Frankreichs jemahls eigen gewesen sind; wenn sie schön wäre wie eine Phryne, geistreich wie eine Aspasia oder Ninon; wenn sie an euch hinge wie eine Sappho, – und ihr fändet in ihrem Herzen Lieblosigkeit gegen ihre Mitmenschen, Mangel an Sanftmuth und Bescheidenheit, kurz, keine der Grundlagen weiblicher Tugend; sie hätte keinen Sinn für Vervollkommnung ihrer Moralität; – euer Herz würde sich nicht gerechtfertigt finden, sie zu lieben, und früh oder spät würdet ihr das Drückende der Schlinge fühlen, in der sie euch zu fangen gewußt hätte. Aber wohl dem, der sein Auge aufschlagen mag vor seinem edleren Ich, indem er sich sagt: ich liebe! Wohl dem, der in seiner Verbindung einen neuen Grund findet sich selbst zu achten! Selige Stunden, in denen der

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/332>, abgerufen am 22.11.2024.