Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

müssen. Eben so verhält es sich mit der Geschichte und der Philosophie, deren Werke dem Beschauungshange oft gerade nur diese Wonne bereiten.

Endlich kann jede Gesinnung, jede Handlung, jeder Charakter, die Wonne am Vollkommenen noch unabhängig von der Wonne am Edeln und Schönen erwecken, sobald nur das Bild des Uebereinstimmenden, des Geordneten, des Wahren und Zweckmäßigen durch irgend einen Umstand gehoben wird. Z. B. der Gatte auf dem Throne, der seine Gattin mit Treue und Zärtlichkeit liebt, erweckt an sich weder die Empfindung des Edeln noch des Schönen. Denn seine wahre und zweckmäßige Liebe, die übrigens weder Folge eines hohen Geistes, noch eines verfeinerten Geschmacks ist, würde uns, im Mittelstande angetroffen, höchstens die Zufriedenheit des befriedigten Bedürfnisses, den Menschen wahr und zweckmäßig in seinen ehlichen Verhältnissen zu finden, gewähren. Aber in seiner Lage rührt uns das Bild mit der Wonne am Vollkommnen. Ferner: ein Mensch, der einem gewöhnlichen Berufe, dessen Ausfüllung an sich weder Höhe des Geistes, noch verfeinerten Geschmack voraussetzt, sein ganzes Leben hindurch mit Haltsamkeit und Treue nachgekommen ist, erfüllt uns mit der Wonne am Vollkommnen, wenn er mit andern in Contrast gesetzt wird, die sogar in einzelnen Handlungen Inconsequenzen zeigen, oder wenn seine Stetigkeit durch irgend einen andern Umstand hervorgehoben wird.



Genug! Die Wonne an der Beschauung des Vollkommnen ist außer Zweifel gesetzt. Dieß Vollkommene ist aber von zwiefacher Art. Es ist entweder relativ:

müssen. Eben so verhält es sich mit der Geschichte und der Philosophie, deren Werke dem Beschauungshange oft gerade nur diese Wonne bereiten.

Endlich kann jede Gesinnung, jede Handlung, jeder Charakter, die Wonne am Vollkommenen noch unabhängig von der Wonne am Edeln und Schönen erwecken, sobald nur das Bild des Uebereinstimmenden, des Geordneten, des Wahren und Zweckmäßigen durch irgend einen Umstand gehoben wird. Z. B. der Gatte auf dem Throne, der seine Gattin mit Treue und Zärtlichkeit liebt, erweckt an sich weder die Empfindung des Edeln noch des Schönen. Denn seine wahre und zweckmäßige Liebe, die übrigens weder Folge eines hohen Geistes, noch eines verfeinerten Geschmacks ist, würde uns, im Mittelstande angetroffen, höchstens die Zufriedenheit des befriedigten Bedürfnisses, den Menschen wahr und zweckmäßig in seinen ehlichen Verhältnissen zu finden, gewähren. Aber in seiner Lage rührt uns das Bild mit der Wonne am Vollkommnen. Ferner: ein Mensch, der einem gewöhnlichen Berufe, dessen Ausfüllung an sich weder Höhe des Geistes, noch verfeinerten Geschmack voraussetzt, sein ganzes Leben hindurch mit Haltsamkeit und Treue nachgekommen ist, erfüllt uns mit der Wonne am Vollkommnen, wenn er mit andern in Contrast gesetzt wird, die sogar in einzelnen Handlungen Inconsequenzen zeigen, oder wenn seine Stetigkeit durch irgend einen andern Umstand hervorgehoben wird.



Genug! Die Wonne an der Beschauung des Vollkommnen ist außer Zweifel gesetzt. Dieß Vollkommene ist aber von zwiefacher Art. Es ist entweder relativ:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0046" n="46"/>
müssen. Eben so verhält es sich mit der Geschichte und der Philosophie, deren Werke dem Beschauungshange oft gerade nur diese Wonne bereiten.</p>
          <p>Endlich kann jede Gesinnung, jede Handlung, jeder Charakter, die Wonne am Vollkommenen noch unabhängig von der Wonne am Edeln und Schönen erwecken, sobald nur das Bild des Uebereinstimmenden, des Geordneten, des Wahren und Zweckmäßigen durch irgend einen Umstand gehoben wird. Z. B. der Gatte auf dem Throne, der seine Gattin mit Treue und Zärtlichkeit liebt, erweckt an sich weder die Empfindung des Edeln noch des Schönen. Denn seine wahre und zweckmäßige Liebe, die übrigens weder Folge eines hohen Geistes, noch eines verfeinerten Geschmacks ist, würde uns, im Mittelstande angetroffen, höchstens die Zufriedenheit des befriedigten Bedürfnisses, den Menschen wahr und zweckmäßig in seinen ehlichen Verhältnissen zu finden, gewähren. Aber in seiner Lage rührt uns das Bild mit der Wonne am Vollkommnen. Ferner: ein Mensch, der einem gewöhnlichen Berufe, dessen Ausfüllung an sich weder Höhe des Geistes, noch verfeinerten Geschmack voraussetzt, sein ganzes Leben hindurch mit Haltsamkeit und Treue nachgekommen ist, erfüllt uns mit der Wonne am Vollkommnen, wenn er mit andern in Contrast gesetzt wird, die sogar in einzelnen Handlungen Inconsequenzen zeigen, oder wenn seine Stetigkeit durch irgend einen andern Umstand hervorgehoben wird.</p>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Genug! Die Wonne an der Beschauung des Vollkommnen ist außer Zweifel gesetzt. Dieß Vollkommene ist aber von zwiefacher Art. Es ist entweder <hi rendition="#g">relativ</hi>:
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0046] müssen. Eben so verhält es sich mit der Geschichte und der Philosophie, deren Werke dem Beschauungshange oft gerade nur diese Wonne bereiten. Endlich kann jede Gesinnung, jede Handlung, jeder Charakter, die Wonne am Vollkommenen noch unabhängig von der Wonne am Edeln und Schönen erwecken, sobald nur das Bild des Uebereinstimmenden, des Geordneten, des Wahren und Zweckmäßigen durch irgend einen Umstand gehoben wird. Z. B. der Gatte auf dem Throne, der seine Gattin mit Treue und Zärtlichkeit liebt, erweckt an sich weder die Empfindung des Edeln noch des Schönen. Denn seine wahre und zweckmäßige Liebe, die übrigens weder Folge eines hohen Geistes, noch eines verfeinerten Geschmacks ist, würde uns, im Mittelstande angetroffen, höchstens die Zufriedenheit des befriedigten Bedürfnisses, den Menschen wahr und zweckmäßig in seinen ehlichen Verhältnissen zu finden, gewähren. Aber in seiner Lage rührt uns das Bild mit der Wonne am Vollkommnen. Ferner: ein Mensch, der einem gewöhnlichen Berufe, dessen Ausfüllung an sich weder Höhe des Geistes, noch verfeinerten Geschmack voraussetzt, sein ganzes Leben hindurch mit Haltsamkeit und Treue nachgekommen ist, erfüllt uns mit der Wonne am Vollkommnen, wenn er mit andern in Contrast gesetzt wird, die sogar in einzelnen Handlungen Inconsequenzen zeigen, oder wenn seine Stetigkeit durch irgend einen andern Umstand hervorgehoben wird. Genug! Die Wonne an der Beschauung des Vollkommnen ist außer Zweifel gesetzt. Dieß Vollkommene ist aber von zwiefacher Art. Es ist entweder relativ:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/46
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/46>, abgerufen am 21.11.2024.