Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.in so fern ein Gegenstand in Vergleichung mit andern Gegenständen seiner Gattung und Art vollkommen erscheint; oder sie ist absolut: in so fern der Gegenstand das Bild eines in jeder Rücksicht vollkommenen Wesens erweckt. Dieß letzte Wesen ist ein bloßes Verstandes- und Vernunftwesen, das keine Anschauung zuläßt, mithin als eine Erscheinung in dieser Sinnenwelt unserer Erkenntniß nicht vorgestellt werden kann. Wir denken uns nur die Gottheit unter diesem Begriffe. Inzwischen erweckt dasjenige, was seinem innern Gehalte nach moralischen Adel, seiner äußern Form nach Schönheit zeigt, jenen nach Art des Ganzen eines menschlichen Charakters, diese nach Art des Ganzen eines menschlichen Körpers, ein Bild jenes Abstrakts von Vollkommenheit, und die Wonne, die wir beym Anblick eines Bildes dieser Art empfinden, übertrifft alle andere, die der Beschauungshang uns zuführen kann. Es hat privilegierte Menschen gegeben, die wirklich an ihrer ganzen Person, oder wenigstens an ihrem Innern, das Bild einer solchen absoluten Vollkommenheit gezeigt haben. Häufiger aber ist der Fall, daß ihre Werke es zeigen. Einzelne Meisterstücke der Künste, einzelne Stimmungen des Gemüths, einzelne Handlungen, haben das Vorrecht, unsere Phantasie mit einem Bilde zu erfüllen, das sich dem Verstandes- und Vernunftwesen von absoluter Vollkommenheit nähert, und uns dadurch in den höchsten Zustand der Entzückung zu versetzen. in so fern ein Gegenstand in Vergleichung mit andern Gegenständen seiner Gattung und Art vollkommen erscheint; oder sie ist absolut: in so fern der Gegenstand das Bild eines in jeder Rücksicht vollkommenen Wesens erweckt. Dieß letzte Wesen ist ein bloßes Verstandes- und Vernunftwesen, das keine Anschauung zuläßt, mithin als eine Erscheinung in dieser Sinnenwelt unserer Erkenntniß nicht vorgestellt werden kann. Wir denken uns nur die Gottheit unter diesem Begriffe. Inzwischen erweckt dasjenige, was seinem innern Gehalte nach moralischen Adel, seiner äußern Form nach Schönheit zeigt, jenen nach Art des Ganzen eines menschlichen Charakters, diese nach Art des Ganzen eines menschlichen Körpers, ein Bild jenes Abstrakts von Vollkommenheit, und die Wonne, die wir beym Anblick eines Bildes dieser Art empfinden, übertrifft alle andere, die der Beschauungshang uns zuführen kann. Es hat privilegierte Menschen gegeben, die wirklich an ihrer ganzen Person, oder wenigstens an ihrem Innern, das Bild einer solchen absoluten Vollkommenheit gezeigt haben. Häufiger aber ist der Fall, daß ihre Werke es zeigen. Einzelne Meisterstücke der Künste, einzelne Stimmungen des Gemüths, einzelne Handlungen, haben das Vorrecht, unsere Phantasie mit einem Bilde zu erfüllen, das sich dem Verstandes- und Vernunftwesen von absoluter Vollkommenheit nähert, und uns dadurch in den höchsten Zustand der Entzückung zu versetzen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0047" n="47"/><hi rendition="#g">in so fern ein Gegenstand in Vergleichung mit andern Gegenständen seiner Gattung und Art vollkommen erscheint</hi>; <hi rendition="#g">oder sie ist absolut</hi>: <hi rendition="#g">in so fern der Gegenstand das Bild eines in jeder Rücksicht vollkommenen Wesens erweckt</hi>.</p> <p>Dieß letzte Wesen ist ein bloßes Verstandes- und Vernunftwesen, <choice><sic>daß</sic><corr>das</corr></choice> keine Anschauung zuläßt, mithin als eine Erscheinung in dieser Sinnenwelt unserer Erkenntniß nicht vorgestellt werden kann. Wir denken uns nur die Gottheit unter diesem Begriffe.</p> <p><hi rendition="#g">Inzwischen erweckt dasjenige</hi>, <hi rendition="#g">was seinem innern Gehalte nach moralischen Adel</hi>, <hi rendition="#g">seiner äußern Form nach Schönheit zeigt</hi>, <hi rendition="#g">jenen nach Art des Ganzen eines menschlichen Charakters</hi>, <hi rendition="#g">diese nach Art des Ganzen eines menschlichen Körpers</hi>, <hi rendition="#g">ein Bild jenes Abstrakts von Vollkommenheit</hi>, <hi rendition="#g">und die Wonne</hi>, <hi rendition="#g">die wir beym Anblick eines Bildes dieser Art empfinden</hi>, <hi rendition="#g">übertrifft alle andere</hi>, <hi rendition="#g">die der Beschauungshang uns zuführen kann</hi>.</p> <p>Es hat privilegierte Menschen gegeben, die wirklich an ihrer ganzen Person, oder wenigstens an ihrem Innern, das Bild einer solchen absoluten Vollkommenheit gezeigt haben. Häufiger aber ist der Fall, daß ihre Werke es zeigen. Einzelne Meisterstücke der Künste, einzelne Stimmungen des Gemüths, einzelne Handlungen, haben das Vorrecht, unsere Phantasie mit einem Bilde zu erfüllen, das sich dem Verstandes- und Vernunftwesen von absoluter Vollkommenheit nähert, und uns dadurch in den höchsten Zustand der Entzückung zu versetzen.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [47/0047]
in so fern ein Gegenstand in Vergleichung mit andern Gegenständen seiner Gattung und Art vollkommen erscheint; oder sie ist absolut: in so fern der Gegenstand das Bild eines in jeder Rücksicht vollkommenen Wesens erweckt.
Dieß letzte Wesen ist ein bloßes Verstandes- und Vernunftwesen, das keine Anschauung zuläßt, mithin als eine Erscheinung in dieser Sinnenwelt unserer Erkenntniß nicht vorgestellt werden kann. Wir denken uns nur die Gottheit unter diesem Begriffe.
Inzwischen erweckt dasjenige, was seinem innern Gehalte nach moralischen Adel, seiner äußern Form nach Schönheit zeigt, jenen nach Art des Ganzen eines menschlichen Charakters, diese nach Art des Ganzen eines menschlichen Körpers, ein Bild jenes Abstrakts von Vollkommenheit, und die Wonne, die wir beym Anblick eines Bildes dieser Art empfinden, übertrifft alle andere, die der Beschauungshang uns zuführen kann.
Es hat privilegierte Menschen gegeben, die wirklich an ihrer ganzen Person, oder wenigstens an ihrem Innern, das Bild einer solchen absoluten Vollkommenheit gezeigt haben. Häufiger aber ist der Fall, daß ihre Werke es zeigen. Einzelne Meisterstücke der Künste, einzelne Stimmungen des Gemüths, einzelne Handlungen, haben das Vorrecht, unsere Phantasie mit einem Bilde zu erfüllen, das sich dem Verstandes- und Vernunftwesen von absoluter Vollkommenheit nähert, und uns dadurch in den höchsten Zustand der Entzückung zu versetzen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |