Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Derjenige, der vielleicht an Adel, Schönheit und Wahrheit liebender Empfindungen allen Andern vorgeht, ist darum noch nicht der größere Dichter.

Zweytes Kapitel.

Denkungsart der Gesetzgeber und Staatsmänner über die Verhältnisse der beyden Geschlechter zu einander, zu den Zeiten der Republik.

Daß die Gesetzgeber und Staatsmänner in Rom über die Verhältnisse der beyden Geschlechter zu einander ganz anders in den ersten Zeiten der Republik, als in der Folge, gedacht haben, wie bey zunehmendem Luxus die Begriffe über den Werth des Menschen in dem zärteren Geschlechte sich verfeinert hatten; daß ferner dieß Geschlecht an Wichtigkeit gewonnen hat, als es, nach Einführung der Monarchie, ein unmittelbarer Gegenstand der Fürsorge der Alleinherrscher wurde, vor deren Gewalt selbst das Regiment des Hausvaters verschwand; das läßt sich bereits aus demjenigen vermuthen, was ich über diesen Gegenstand in dem vorigen Buche gesagt habe.

Ich übergehe die Zeiten, in denen Rom unter Königen stand. Die Nachrichten, die uns davon übrig geblieben sind, rühren von spätern Schriftstellern her, welche Gebräuche und vorübergehende Anordnungen, die das Bedürfniß des Augenblicks nothwendig machte, mit dauernden Gesetzen verwechselt, und sich dabey mancher Widersprüche schuldig gemacht haben. Ist es glaublich, daß Numa, der auf der einen Seite für die Sittsamkeit

Derjenige, der vielleicht an Adel, Schönheit und Wahrheit liebender Empfindungen allen Andern vorgeht, ist darum noch nicht der größere Dichter.

Zweytes Kapitel.

Denkungsart der Gesetzgeber und Staatsmänner über die Verhältnisse der beyden Geschlechter zu einander, zu den Zeiten der Republik.

Daß die Gesetzgeber und Staatsmänner in Rom über die Verhältnisse der beyden Geschlechter zu einander ganz anders in den ersten Zeiten der Republik, als in der Folge, gedacht haben, wie bey zunehmendem Luxus die Begriffe über den Werth des Menschen in dem zärteren Geschlechte sich verfeinert hatten; daß ferner dieß Geschlecht an Wichtigkeit gewonnen hat, als es, nach Einführung der Monarchie, ein unmittelbarer Gegenstand der Fürsorge der Alleinherrscher wurde, vor deren Gewalt selbst das Regiment des Hausvaters verschwand; das läßt sich bereits aus demjenigen vermuthen, was ich über diesen Gegenstand in dem vorigen Buche gesagt habe.

Ich übergehe die Zeiten, in denen Rom unter Königen stand. Die Nachrichten, die uns davon übrig geblieben sind, rühren von spätern Schriftstellern her, welche Gebräuche und vorübergehende Anordnungen, die das Bedürfniß des Augenblicks nothwendig machte, mit dauernden Gesetzen verwechselt, und sich dabey mancher Widersprüche schuldig gemacht haben. Ist es glaublich, daß Numa, der auf der einen Seite für die Sittsamkeit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0285" n="285"/>
Derjenige, der vielleicht an Adel, Schönheit und Wahrheit liebender Empfindungen allen Andern vorgeht, ist darum noch nicht der größere Dichter.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head>Zweytes Kapitel.<lb/></head>
          <argument>
            <p>Denkungsart der Gesetzgeber und Staatsmänner über die Verhältnisse der beyden Geschlechter zu einander, zu den Zeiten der Republik.<lb/></p>
          </argument>
          <p>Daß die Gesetzgeber und Staatsmänner in Rom über die Verhältnisse der beyden Geschlechter zu einander ganz anders in den ersten Zeiten der Republik, als in der Folge, gedacht haben, wie bey zunehmendem Luxus die Begriffe über den Werth des Menschen in dem zärteren Geschlechte sich verfeinert hatten; daß ferner dieß Geschlecht an Wichtigkeit gewonnen hat, als es, nach Einführung der Monarchie, ein unmittelbarer Gegenstand der Fürsorge der Alleinherrscher wurde, vor deren Gewalt selbst das Regiment des Hausvaters verschwand; das läßt sich bereits aus demjenigen vermuthen, was ich über diesen Gegenstand in dem vorigen Buche gesagt habe.</p>
          <p>Ich übergehe die Zeiten, in denen Rom unter Königen stand. Die Nachrichten, die uns davon übrig geblieben sind, rühren von spätern Schriftstellern her, welche Gebräuche und vorübergehende Anordnungen, die das Bedürfniß des Augenblicks nothwendig machte, mit dauernden Gesetzen verwechselt, und sich dabey mancher Widersprüche schuldig gemacht haben. Ist es glaublich, daß Numa, der auf der einen Seite für die Sittsamkeit
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[285/0285] Derjenige, der vielleicht an Adel, Schönheit und Wahrheit liebender Empfindungen allen Andern vorgeht, ist darum noch nicht der größere Dichter. Zweytes Kapitel. Denkungsart der Gesetzgeber und Staatsmänner über die Verhältnisse der beyden Geschlechter zu einander, zu den Zeiten der Republik. Daß die Gesetzgeber und Staatsmänner in Rom über die Verhältnisse der beyden Geschlechter zu einander ganz anders in den ersten Zeiten der Republik, als in der Folge, gedacht haben, wie bey zunehmendem Luxus die Begriffe über den Werth des Menschen in dem zärteren Geschlechte sich verfeinert hatten; daß ferner dieß Geschlecht an Wichtigkeit gewonnen hat, als es, nach Einführung der Monarchie, ein unmittelbarer Gegenstand der Fürsorge der Alleinherrscher wurde, vor deren Gewalt selbst das Regiment des Hausvaters verschwand; das läßt sich bereits aus demjenigen vermuthen, was ich über diesen Gegenstand in dem vorigen Buche gesagt habe. Ich übergehe die Zeiten, in denen Rom unter Königen stand. Die Nachrichten, die uns davon übrig geblieben sind, rühren von spätern Schriftstellern her, welche Gebräuche und vorübergehende Anordnungen, die das Bedürfniß des Augenblicks nothwendig machte, mit dauernden Gesetzen verwechselt, und sich dabey mancher Widersprüche schuldig gemacht haben. Ist es glaublich, daß Numa, der auf der einen Seite für die Sittsamkeit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/285
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/285>, abgerufen am 21.11.2024.