Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Der Republikaner ist in seinem Privatleben außer Hause viel beschränkter als der Unterthan eines monarchischen Staats. Die Achtung für das öffentliche Individuum in jedem einzelnen Bürger, schreibt ihm eine Menge, oft bloß konventioneller Regeln vor, wornach er sein Betragen in den Zusammenkünften zur geselligen Unterhaltung, die Wahl seiner Vergnügungen, und den Gebrauch seines Vermögens einrichten muß. Der echte Republikaner ist wirklich nur in zweyen Rücksichten frey: als Theilnehmer an der Gesetzgebung, und als Patriarch in seinem Hause. In der ersten Eigenschaft bestimmt er selbst seine Meinung über dasjenige, was das Wohl des Staats erheischt, von dem er ein selbständiges Mitglied ausmacht: in der letzten ist er wahrer Despot. Alle Mitglieder seiner Familie müssen ihren Willen dem seinigen unterwerfen. Er steht dem Staate nur dafür ein, daß ihm seine Hausgenossen nicht schädlich werden. Ob diese glücklich sind, darum bekümmert sich der Staat nicht; das ist die Sache des Hausvaters. Natürlich fließt hieraus die größte Abhängigkeit für die Familienmitglieder: aber auch Pflicht zur äußersten Eingezogenheit. Wenn der Hausvater in seinem Privatleben außer Hause bereits so beschränkt ist, wie viel mehr müssen es diejenigen seyn, für deren Vergehungen er einzig und allein einstehen muß. Wo das Klima gemäßigt ist, wo die Leidenschaften minder heftig sind, wo die Beschäftigungen des Mannes ihn oft von seiner Heimath abrufen, und ihm den Beystand der Vorsteherin seines Hauses wichtiger machen; da wird die Eifersucht minder rege, die Behandlung des Weibes milder, die Aufsicht weniger nachspürend Der Republikaner ist in seinem Privatleben außer Hause viel beschränkter als der Unterthan eines monarchischen Staats. Die Achtung für das öffentliche Individuum in jedem einzelnen Bürger, schreibt ihm eine Menge, oft bloß konventioneller Regeln vor, wornach er sein Betragen in den Zusammenkünften zur geselligen Unterhaltung, die Wahl seiner Vergnügungen, und den Gebrauch seines Vermögens einrichten muß. Der echte Republikaner ist wirklich nur in zweyen Rücksichten frey: als Theilnehmer an der Gesetzgebung, und als Patriarch in seinem Hause. In der ersten Eigenschaft bestimmt er selbst seine Meinung über dasjenige, was das Wohl des Staats erheischt, von dem er ein selbständiges Mitglied ausmacht: in der letzten ist er wahrer Despot. Alle Mitglieder seiner Familie müssen ihren Willen dem seinigen unterwerfen. Er steht dem Staate nur dafür ein, daß ihm seine Hausgenossen nicht schädlich werden. Ob diese glücklich sind, darum bekümmert sich der Staat nicht; das ist die Sache des Hausvaters. Natürlich fließt hieraus die größte Abhängigkeit für die Familienmitglieder: aber auch Pflicht zur äußersten Eingezogenheit. Wenn der Hausvater in seinem Privatleben außer Hause bereits so beschränkt ist, wie viel mehr müssen es diejenigen seyn, für deren Vergehungen er einzig und allein einstehen muß. Wo das Klima gemäßigt ist, wo die Leidenschaften minder heftig sind, wo die Beschäftigungen des Mannes ihn oft von seiner Heimath abrufen, und ihm den Beystand der Vorsteherin seines Hauses wichtiger machen; da wird die Eifersucht minder rege, die Behandlung des Weibes milder, die Aufsicht weniger nachspürend <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0287" n="287"/> <p>Der Republikaner ist in seinem Privatleben außer Hause viel beschränkter als der Unterthan eines monarchischen Staats. 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Der Republikaner ist in seinem Privatleben außer Hause viel beschränkter als der Unterthan eines monarchischen Staats. Die Achtung für das öffentliche Individuum in jedem einzelnen Bürger, schreibt ihm eine Menge, oft bloß konventioneller Regeln vor, wornach er sein Betragen in den Zusammenkünften zur geselligen Unterhaltung, die Wahl seiner Vergnügungen, und den Gebrauch seines Vermögens einrichten muß.
Der echte Republikaner ist wirklich nur in zweyen Rücksichten frey: als Theilnehmer an der Gesetzgebung, und als Patriarch in seinem Hause. In der ersten Eigenschaft bestimmt er selbst seine Meinung über dasjenige, was das Wohl des Staats erheischt, von dem er ein selbständiges Mitglied ausmacht: in der letzten ist er wahrer Despot. Alle Mitglieder seiner Familie müssen ihren Willen dem seinigen unterwerfen. Er steht dem Staate nur dafür ein, daß ihm seine Hausgenossen nicht schädlich werden. Ob diese glücklich sind, darum bekümmert sich der Staat nicht; das ist die Sache des Hausvaters.
Natürlich fließt hieraus die größte Abhängigkeit für die Familienmitglieder: aber auch Pflicht zur äußersten Eingezogenheit. Wenn der Hausvater in seinem Privatleben außer Hause bereits so beschränkt ist, wie viel mehr müssen es diejenigen seyn, für deren Vergehungen er einzig und allein einstehen muß.
Wo das Klima gemäßigt ist, wo die Leidenschaften minder heftig sind, wo die Beschäftigungen des Mannes ihn oft von seiner Heimath abrufen, und ihm den Beystand der Vorsteherin seines Hauses wichtiger machen; da wird die Eifersucht minder rege, die Behandlung des Weibes milder, die Aufsicht weniger nachspürend
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