Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.sind Priesterinnen der Gottheit, und der Aberglaube, der durch ihren Mund die Zukunft verkündigen läßt, vermehrt die Schätzung, die sie genießen. Sie tragen zur Feyer festlicher Tage durch Tänze bey; Chöre von Mädchen ziehen ihre Reigen neben Chören von Jünglingen: ja, man findet ein Bild auf dem Schilde des Achilles, wo beyde mit verschlungenen Armen tanzen. Geschäfte, die zur Wirthschaft gehören, und Neugierde rufen sie auf die Straßen. Sie nehmen in ihrem Hause an der Bewirthung der Gastfreunde unmittelbaren Antheil durch persönliche Dienstreichung. Sie sind bey Gastmählern zugegen, kaufen selbst ihren Schmuck von fremden Handelsleuten ein, und erscheinen sogar vor der Versammlung der Aeltesten im Volke. Die Gattin genießt nicht bloß des öffentlichen Schutzes, sie erhält auch einen gewissen Grad öffentlicher Werthschätzung und Achtung. Sie wird nicht bloß die Gebieterin in ihrem Hause genannt; Homer bezeichnet sie auch durch die Nahmen der Geehrten, der Geachteten. Diese sichern ihr schöne Züge der Sittsamkeit und sogar der edelsten Aufopferung für den Gatten, die der Dichter uns überliefert hat, und die zum Theil den unverkennbaren Charakter freyer Selbstbestimmung an sich tragen. So das Betragen der Penelope. Man findet Spuren der engsten Anschließung der Gatten an die Person ihrer Weiber, die zuweilen mit Affekten des uneigennützigsten Wohlwollens gemischt sind. So die Rede Hektors an Andromache. Man kannte eine höhere Sinnlichkeit als die bloß körperliche. Das Kosen und trauliche Zusammenleben mit der Gattin, sind Priesterinnen der Gottheit, und der Aberglaube, der durch ihren Mund die Zukunft verkündigen läßt, vermehrt die Schätzung, die sie genießen. Sie tragen zur Feyer festlicher Tage durch Tänze bey; Chöre von Mädchen ziehen ihre Reigen neben Chören von Jünglingen: ja, man findet ein Bild auf dem Schilde des Achilles, wo beyde mit verschlungenen Armen tanzen. Geschäfte, die zur Wirthschaft gehören, und Neugierde rufen sie auf die Straßen. Sie nehmen in ihrem Hause an der Bewirthung der Gastfreunde unmittelbaren Antheil durch persönliche Dienstreichung. Sie sind bey Gastmählern zugegen, kaufen selbst ihren Schmuck von fremden Handelsleuten ein, und erscheinen sogar vor der Versammlung der Aeltesten im Volke. Die Gattin genießt nicht bloß des öffentlichen Schutzes, sie erhält auch einen gewissen Grad öffentlicher Werthschätzung und Achtung. Sie wird nicht bloß die Gebieterin in ihrem Hause genannt; Homer bezeichnet sie auch durch die Nahmen der Geehrten, der Geachteten. Diese sichern ihr schöne Züge der Sittsamkeit und sogar der edelsten Aufopferung für den Gatten, die der Dichter uns überliefert hat, und die zum Theil den unverkennbaren Charakter freyer Selbstbestimmung an sich tragen. So das Betragen der Penelope. Man findet Spuren der engsten Anschließung der Gatten an die Person ihrer Weiber, die zuweilen mit Affekten des uneigennützigsten Wohlwollens gemischt sind. So die Rede Hektors an Andromache. Man kannte eine höhere Sinnlichkeit als die bloß körperliche. Das Kosen und trauliche Zusammenleben mit der Gattin, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0033" n="33"/> sind Priesterinnen der Gottheit, und der Aberglaube, der durch ihren Mund die Zukunft verkündigen läßt, vermehrt die Schätzung, die sie genießen. Sie tragen zur Feyer festlicher Tage durch Tänze bey; Chöre von Mädchen ziehen ihre Reigen neben Chören von Jünglingen: ja, man findet ein Bild auf dem Schilde des Achilles, wo beyde mit verschlungenen Armen tanzen. Geschäfte, die zur Wirthschaft gehören, und Neugierde rufen sie auf die Straßen. Sie nehmen in ihrem Hause an der Bewirthung der Gastfreunde unmittelbaren Antheil durch persönliche Dienstreichung. Sie sind bey Gastmählern zugegen, kaufen selbst ihren Schmuck von fremden Handelsleuten ein, und erscheinen sogar vor der Versammlung der Aeltesten im Volke.</p> <p>Die Gattin genießt nicht bloß des öffentlichen Schutzes, sie erhält auch einen gewissen Grad öffentlicher Werthschätzung und Achtung. Sie wird nicht bloß die Gebieterin in ihrem Hause genannt; Homer bezeichnet sie auch durch die Nahmen der Geehrten, der Geachteten. Diese sichern ihr schöne Züge der Sittsamkeit und sogar der edelsten Aufopferung für den Gatten, die der Dichter uns überliefert hat, und die zum Theil den unverkennbaren Charakter freyer Selbstbestimmung an sich tragen. So das Betragen der Penelope. Man findet Spuren der engsten Anschließung der Gatten an die Person ihrer Weiber, die zuweilen mit Affekten des uneigennützigsten Wohlwollens gemischt sind. So die Rede Hektors an Andromache. Man kannte eine höhere Sinnlichkeit als die bloß körperliche. Das Kosen und trauliche Zusammenleben mit der Gattin, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [33/0033]
sind Priesterinnen der Gottheit, und der Aberglaube, der durch ihren Mund die Zukunft verkündigen läßt, vermehrt die Schätzung, die sie genießen. Sie tragen zur Feyer festlicher Tage durch Tänze bey; Chöre von Mädchen ziehen ihre Reigen neben Chören von Jünglingen: ja, man findet ein Bild auf dem Schilde des Achilles, wo beyde mit verschlungenen Armen tanzen. Geschäfte, die zur Wirthschaft gehören, und Neugierde rufen sie auf die Straßen. Sie nehmen in ihrem Hause an der Bewirthung der Gastfreunde unmittelbaren Antheil durch persönliche Dienstreichung. Sie sind bey Gastmählern zugegen, kaufen selbst ihren Schmuck von fremden Handelsleuten ein, und erscheinen sogar vor der Versammlung der Aeltesten im Volke.
Die Gattin genießt nicht bloß des öffentlichen Schutzes, sie erhält auch einen gewissen Grad öffentlicher Werthschätzung und Achtung. Sie wird nicht bloß die Gebieterin in ihrem Hause genannt; Homer bezeichnet sie auch durch die Nahmen der Geehrten, der Geachteten. Diese sichern ihr schöne Züge der Sittsamkeit und sogar der edelsten Aufopferung für den Gatten, die der Dichter uns überliefert hat, und die zum Theil den unverkennbaren Charakter freyer Selbstbestimmung an sich tragen. So das Betragen der Penelope. Man findet Spuren der engsten Anschließung der Gatten an die Person ihrer Weiber, die zuweilen mit Affekten des uneigennützigsten Wohlwollens gemischt sind. So die Rede Hektors an Andromache. Man kannte eine höhere Sinnlichkeit als die bloß körperliche. Das Kosen und trauliche Zusammenleben mit der Gattin,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |