Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.des Erlösers und der Apostel, aufstellt: die eine von ihnen als Mutter Gottes über alle Sterbliche setzt: diese Religion, sag' ich, mußte das Ansehn des zärteren Geschlechts noch vermehren. Die Humilität, welche sie lehret, legte ohnehin dem Manne die Pflicht auf, sich vor denjenigen zu demüthigen, welche von den Heiden nur mit gefälliger Schonung behandelt waren. Weiber trugen viel zur Ausbreitung dieser ihnen so nützlichen Religion bey, und ihre Lehrer bewiesen ihnen dafür ihre Dankbarkeit durch Ausbreitung ihres Rufs. Mehrere hervorstechende Fürstinnen zeigten sich an der Seite der Kaiser in wenig unterbrochener Folge. Die Julia Domna, Mäsa, Soämias, Mammäa Zenobia, Helena, Eusebia, Placidia, Pulcheria, Eudocia, Theodora und andere mehr, hielten entweder das Ruder des Reichs in ihren Händen, oder thaten sich durch besondere Talente und den Ruf der Heiligkeit hervor. Weiber übten vermöge der ihrem Geschlechte eigenen Gaben zur Intrigue eine desto größere Gewalt über die Höfe aus, je mehr sich diese nach den Zeiten des Diocletian auf morgenländische Weise von dem übrigen Reiche trennten, und dadurch heimlichen Ränken, und niedrigen Leidenschaften immer mehr ausgesetzt wurden. Der schlechte Geschmack legte dem Frauenzimmer seine Huldigungen mit der Niederwürfigkeit und dem Pompe der Asiaten zu Füßen, und der Ausdruck der Achtung nahm den Schein der Anbetung und der Entzückung an. Jetzt ward das Weib oft über den Mann erhoben! des Erlösers und der Apostel, aufstellt: die eine von ihnen als Mutter Gottes über alle Sterbliche setzt: diese Religion, sag’ ich, mußte das Ansehn des zärteren Geschlechts noch vermehren. Die Humilität, welche sie lehret, legte ohnehin dem Manne die Pflicht auf, sich vor denjenigen zu demüthigen, welche von den Heiden nur mit gefälliger Schonung behandelt waren. Weiber trugen viel zur Ausbreitung dieser ihnen so nützlichen Religion bey, und ihre Lehrer bewiesen ihnen dafür ihre Dankbarkeit durch Ausbreitung ihres Rufs. Mehrere hervorstechende Fürstinnen zeigten sich an der Seite der Kaiser in wenig unterbrochener Folge. Die Julia Domna, Mäsa, Soämias, Mammäa Zenobia, Helena, Eusebia, Placidia, Pulcheria, Eudocia, Theodora und andere mehr, hielten entweder das Ruder des Reichs in ihren Händen, oder thaten sich durch besondere Talente und den Ruf der Heiligkeit hervor. Weiber übten vermöge der ihrem Geschlechte eigenen Gaben zur Intrigue eine desto größere Gewalt über die Höfe aus, je mehr sich diese nach den Zeiten des Diocletian auf morgenländische Weise von dem übrigen Reiche trennten, und dadurch heimlichen Ränken, und niedrigen Leidenschaften immer mehr ausgesetzt wurden. Der schlechte Geschmack legte dem Frauenzimmer seine Huldigungen mit der Niederwürfigkeit und dem Pompe der Asiaten zu Füßen, und der Ausdruck der Achtung nahm den Schein der Anbetung und der Entzückung an. Jetzt ward das Weib oft über den Mann erhoben! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0349" n="349"/> des Erlösers und der Apostel, aufstellt: die eine von ihnen als Mutter Gottes über alle Sterbliche setzt: diese Religion, sag’ ich, mußte das Ansehn des zärteren Geschlechts noch vermehren. Die Humilität, welche sie lehret, legte ohnehin dem Manne die Pflicht auf, sich vor denjenigen zu demüthigen, welche von den Heiden nur mit gefälliger Schonung behandelt waren. Weiber trugen viel zur Ausbreitung dieser ihnen so nützlichen Religion bey, und ihre Lehrer bewiesen ihnen dafür ihre Dankbarkeit durch Ausbreitung ihres Rufs.</p> <p>Mehrere hervorstechende Fürstinnen zeigten sich an der Seite der Kaiser in wenig unterbrochener Folge. Die Julia Domna, Mäsa, Soämias, Mammäa Zenobia, Helena, Eusebia, Placidia, Pulcheria, Eudocia, Theodora und andere mehr, hielten entweder das Ruder des Reichs in ihren Händen, oder thaten sich durch besondere Talente und den Ruf der Heiligkeit hervor. Weiber übten vermöge der ihrem Geschlechte eigenen Gaben zur Intrigue eine desto größere Gewalt über die Höfe aus, je mehr sich diese nach den Zeiten des Diocletian auf morgenländische Weise von dem übrigen Reiche trennten, und dadurch heimlichen Ränken, und niedrigen Leidenschaften immer mehr ausgesetzt wurden.</p> <p>Der schlechte Geschmack legte dem Frauenzimmer seine Huldigungen mit der Niederwürfigkeit und dem Pompe der Asiaten zu Füßen, und der Ausdruck der Achtung nahm den Schein der Anbetung und der Entzückung an. Jetzt ward das Weib oft über den Mann erhoben!</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [349/0349]
des Erlösers und der Apostel, aufstellt: die eine von ihnen als Mutter Gottes über alle Sterbliche setzt: diese Religion, sag’ ich, mußte das Ansehn des zärteren Geschlechts noch vermehren. Die Humilität, welche sie lehret, legte ohnehin dem Manne die Pflicht auf, sich vor denjenigen zu demüthigen, welche von den Heiden nur mit gefälliger Schonung behandelt waren. Weiber trugen viel zur Ausbreitung dieser ihnen so nützlichen Religion bey, und ihre Lehrer bewiesen ihnen dafür ihre Dankbarkeit durch Ausbreitung ihres Rufs.
Mehrere hervorstechende Fürstinnen zeigten sich an der Seite der Kaiser in wenig unterbrochener Folge. Die Julia Domna, Mäsa, Soämias, Mammäa Zenobia, Helena, Eusebia, Placidia, Pulcheria, Eudocia, Theodora und andere mehr, hielten entweder das Ruder des Reichs in ihren Händen, oder thaten sich durch besondere Talente und den Ruf der Heiligkeit hervor. Weiber übten vermöge der ihrem Geschlechte eigenen Gaben zur Intrigue eine desto größere Gewalt über die Höfe aus, je mehr sich diese nach den Zeiten des Diocletian auf morgenländische Weise von dem übrigen Reiche trennten, und dadurch heimlichen Ränken, und niedrigen Leidenschaften immer mehr ausgesetzt wurden.
Der schlechte Geschmack legte dem Frauenzimmer seine Huldigungen mit der Niederwürfigkeit und dem Pompe der Asiaten zu Füßen, und der Ausdruck der Achtung nahm den Schein der Anbetung und der Entzückung an. Jetzt ward das Weib oft über den Mann erhoben!
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