Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.entlehnt, auch in näherer Vertraulichkeit mit den Forderungen des Herzens, zeigt sich Alciphron, wahrscheinlich in der nehmlichen Periode mit Philostrat. Ihm verdanken wir eine Anzahl von Liebesbriefen, die den berühmtesten Hetären und ihren Liebhabern aus den Zeiten des Perikles und Demetrius Phalereus beygelegt sind. Es würde wenig Kritik verrathen, diese Briefe für vollgültige Zeugnisse über den Charakter der nahmhaft gemachten Hetären und ihrer Lebensart gelten zu lassen. Alciphron hat zu einer Zeit gelebt, worin er über diese Weiber aus den blühendsten Zeiten Griechenlands nur nach unzuverlässigen Traditionen urtheilen konnte. Er hat sie so geschildert, wie er sie sich von seinem Standpunkte ab dachte, und er hat jene Ueberlieferungen auf die Erfahrungen zurückgeführt, die er über die Sitten seines Zeitalters gemacht hatte. Ueberhaupt aber ist es ihm gewiß weniger darauf angekommen, wahre Darstellungen der Hetären und ihrer Verhältnisse zu liefern, als vielmehr einen Stoff zu finden, an dessen Behandlung sich sein Rhetortalent üben konnte. Denn schön zu sprechen und zu schreiben, gleich viel worüber, darauf kam es den Rhetoren an: so wie noch jetzt beym Verfall der Italiänischen Poesie, die Kunst der Improvisatoren dahin geht, über alles Reime machen zu können. Der große Haufe der Hetären erscheint bey ihm in dem Lichte, worin die Buhlerinnen aller Zeiten erschienen seyn müssen: als Weiber deren Gunst für Geld feil ist, und deren größtes Talent darin besteht, den Liebhaber durch Hoffnungen hinzuhalten, um desto mehr Gewinn von ihm zu ziehen. 11) Neidisch auf ihre Nebenbuhlerinnen, 11) 34, 36, 40ster Brief des ersten Buchs. 1ster Brief des zweyten Buchs.
entlehnt, auch in näherer Vertraulichkeit mit den Forderungen des Herzens, zeigt sich Alciphron, wahrscheinlich in der nehmlichen Periode mit Philostrat. Ihm verdanken wir eine Anzahl von Liebesbriefen, die den berühmtesten Hetären und ihren Liebhabern aus den Zeiten des Perikles und Demetrius Phalereus beygelegt sind. Es würde wenig Kritik verrathen, diese Briefe für vollgültige Zeugnisse über den Charakter der nahmhaft gemachten Hetären und ihrer Lebensart gelten zu lassen. Alciphron hat zu einer Zeit gelebt, worin er über diese Weiber aus den blühendsten Zeiten Griechenlands nur nach unzuverlässigen Traditionen urtheilen konnte. Er hat sie so geschildert, wie er sie sich von seinem Standpunkte ab dachte, und er hat jene Ueberlieferungen auf die Erfahrungen zurückgeführt, die er über die Sitten seines Zeitalters gemacht hatte. Ueberhaupt aber ist es ihm gewiß weniger darauf angekommen, wahre Darstellungen der Hetären und ihrer Verhältnisse zu liefern, als vielmehr einen Stoff zu finden, an dessen Behandlung sich sein Rhetortalent üben konnte. Denn schön zu sprechen und zu schreiben, gleich viel worüber, darauf kam es den Rhetoren an: so wie noch jetzt beym Verfall der Italiänischen Poesie, die Kunst der Improvisatoren dahin geht, über alles Reime machen zu können. Der große Haufe der Hetären erscheint bey ihm in dem Lichte, worin die Buhlerinnen aller Zeiten erschienen seyn müssen: als Weiber deren Gunst für Geld feil ist, und deren größtes Talent darin besteht, den Liebhaber durch Hoffnungen hinzuhalten, um desto mehr Gewinn von ihm zu ziehen. 11) Neidisch auf ihre Nebenbuhlerinnen, 11) 34, 36, 40ster Brief des ersten Buchs. 1ster Brief des zweyten Buchs.
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entlehnt, auch in näherer Vertraulichkeit mit den Forderungen des Herzens, zeigt sich Alciphron, wahrscheinlich in der nehmlichen Periode mit Philostrat. Ihm verdanken wir eine Anzahl von Liebesbriefen, die den berühmtesten Hetären und ihren Liebhabern aus den Zeiten des Perikles und Demetrius Phalereus beygelegt sind. Es würde wenig Kritik verrathen, diese Briefe für vollgültige Zeugnisse über den Charakter der nahmhaft gemachten Hetären und ihrer Lebensart gelten zu lassen. Alciphron hat zu einer Zeit gelebt, worin er über diese Weiber aus den blühendsten Zeiten Griechenlands nur nach unzuverlässigen Traditionen urtheilen konnte. Er hat sie so geschildert, wie er sie sich von seinem Standpunkte ab dachte, und er hat jene Ueberlieferungen auf die Erfahrungen zurückgeführt, die er über die Sitten seines Zeitalters gemacht hatte. Ueberhaupt aber ist es ihm gewiß weniger darauf angekommen, wahre Darstellungen der Hetären und ihrer Verhältnisse zu liefern, als vielmehr einen Stoff zu finden, an dessen Behandlung sich sein Rhetortalent üben konnte. Denn schön zu sprechen und zu schreiben, gleich viel worüber, darauf kam es den Rhetoren an: so wie noch jetzt beym Verfall der Italiänischen Poesie, die Kunst der Improvisatoren dahin geht, über alles Reime machen zu können. Der große Haufe der Hetären erscheint bey ihm in dem Lichte, worin die Buhlerinnen aller Zeiten erschienen seyn müssen: als Weiber deren Gunst für Geld feil ist, und deren größtes Talent darin besteht, den Liebhaber durch Hoffnungen hinzuhalten, um desto mehr Gewinn von ihm zu ziehen. 11) Neidisch auf ihre Nebenbuhlerinnen,
11) 34, 36, 40ster Brief des ersten Buchs. 1ster Brief des zweyten Buchs.
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Zitationshilfe: | Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/359>, abgerufen am 16.07.2024. |