Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

vorkommen, diesem Apollonius Vieles von ihrer Entstehung verdanken. Inzwischen sieht ein Jeder ein, daß diese Biographie nichts von einer Liebesgeschichte an sich trägt.

So nahe nun der Gedanke zu liegen scheint, aus einer Epopoe, aus einem Schauspiele, dessen Interesse auf Liebe beruht, aus der kurzen Erzählung einer Liebschaft, aus einer wunderbaren Geschichte oder Lebensbeschreibung, ein Produkt zusammen zu setzen, das der griechischen Liebesgeschichte gleicht; so gewiß es ist, daß der erste Verfasser einer Liebesgeschichte durch alle jene vorgängigen Produkte der Einbildungskraft, des Witzes und der Empfindung, zu seiner Komposition gleichsam von selbst hingeführt ist; so läßt es sich doch zugleich sehr wohl begreifen, warum Werke dieser Art erst späterhin, entstanden sind. Zweyerley ward dazu erfordert, um ein Publikum zu finden, das daran Geschmack finden konnte. Größeres Interesse an der Intrigue der Liebe, und Verfall des Geschmacks an Poesie und wahrer Geschichte.

So lange der Mensch kein ernsthaftes Geschäft aus dem Bestreben nach Vereinigung mit dem andern Geschlechte macht; so lange wird ihm das Detail der Schwierigkeiten, die sich der Vereinigung eines liebenden Paares entgegen setzen, und die Darstellung ihrer Ueberwindung nie in der Maße interessieren können, um eine weitläuftige Geschichte darüber mit Vergnügen zu lesen. Er wird an einer kurzen Erzählung, wozu die Liebe den Stoff hergiebt, an einer dramatischen Darstellung einer hervorstechenden Situation in den Verhältnissen zweyer Liebenden Vergnügen finden; aber eine Biographie des liebenden Paars, eine Epopoe

vorkommen, diesem Apollonius Vieles von ihrer Entstehung verdanken. Inzwischen sieht ein Jeder ein, daß diese Biographie nichts von einer Liebesgeschichte an sich trägt.

So nahe nun der Gedanke zu liegen scheint, aus einer Epopoe, aus einem Schauspiele, dessen Interesse auf Liebe beruht, aus der kurzen Erzählung einer Liebschaft, aus einer wunderbaren Geschichte oder Lebensbeschreibung, ein Produkt zusammen zu setzen, das der griechischen Liebesgeschichte gleicht; so gewiß es ist, daß der erste Verfasser einer Liebesgeschichte durch alle jene vorgängigen Produkte der Einbildungskraft, des Witzes und der Empfindung, zu seiner Komposition gleichsam von selbst hingeführt ist; so läßt es sich doch zugleich sehr wohl begreifen, warum Werke dieser Art erst späterhin, entstanden sind. Zweyerley ward dazu erfordert, um ein Publikum zu finden, das daran Geschmack finden konnte. Größeres Interesse an der Intrigue der Liebe, und Verfall des Geschmacks an Poesie und wahrer Geschichte.

So lange der Mensch kein ernsthaftes Geschäft aus dem Bestreben nach Vereinigung mit dem andern Geschlechte macht; so lange wird ihm das Detail der Schwierigkeiten, die sich der Vereinigung eines liebenden Paares entgegen setzen, und die Darstellung ihrer Ueberwindung nie in der Maße interessieren können, um eine weitläuftige Geschichte darüber mit Vergnügen zu lesen. Er wird an einer kurzen Erzählung, wozu die Liebe den Stoff hergiebt, an einer dramatischen Darstellung einer hervorstechenden Situation in den Verhältnissen zweyer Liebenden Vergnügen finden; aber eine Biographie des liebenden Paars, eine Epopoe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0375" n="375"/>
vorkommen, diesem Apollonius Vieles von ihrer Entstehung verdanken. Inzwischen sieht ein Jeder ein, daß diese Biographie nichts von einer Liebesgeschichte an sich trägt.</p>
          <p>So nahe nun der Gedanke zu liegen scheint, aus einer Epopoe, aus einem Schauspiele, dessen Interesse auf Liebe beruht, aus der kurzen Erzählung einer Liebschaft, aus einer wunderbaren Geschichte oder Lebensbeschreibung, ein Produkt zusammen zu setzen, das der griechischen Liebesgeschichte gleicht; so gewiß es ist, daß der erste Verfasser einer Liebesgeschichte durch alle jene vorgängigen Produkte der Einbildungskraft, des Witzes und der Empfindung, zu seiner Komposition gleichsam von selbst hingeführt ist; so läßt es sich doch zugleich sehr wohl begreifen, warum Werke dieser Art erst späterhin, entstanden sind. Zweyerley ward dazu erfordert, um ein Publikum zu finden, das daran Geschmack finden konnte. Größeres Interesse an der Intrigue der Liebe, und Verfall des Geschmacks an Poesie und wahrer Geschichte.</p>
          <p>So lange der Mensch kein ernsthaftes Geschäft aus dem Bestreben nach Vereinigung mit dem andern Geschlechte macht; so lange wird ihm das Detail der Schwierigkeiten, die sich der Vereinigung eines liebenden Paares entgegen setzen, und die Darstellung ihrer Ueberwindung nie in der Maße interessieren können, um eine weitläuftige Geschichte darüber mit Vergnügen zu lesen. Er wird an einer kurzen Erzählung, wozu die Liebe den Stoff hergiebt, an einer dramatischen Darstellung einer hervorstechenden Situation in den Verhältnissen zweyer Liebenden Vergnügen finden; aber eine Biographie des liebenden Paars, eine Epopoe
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[375/0375] vorkommen, diesem Apollonius Vieles von ihrer Entstehung verdanken. Inzwischen sieht ein Jeder ein, daß diese Biographie nichts von einer Liebesgeschichte an sich trägt. So nahe nun der Gedanke zu liegen scheint, aus einer Epopoe, aus einem Schauspiele, dessen Interesse auf Liebe beruht, aus der kurzen Erzählung einer Liebschaft, aus einer wunderbaren Geschichte oder Lebensbeschreibung, ein Produkt zusammen zu setzen, das der griechischen Liebesgeschichte gleicht; so gewiß es ist, daß der erste Verfasser einer Liebesgeschichte durch alle jene vorgängigen Produkte der Einbildungskraft, des Witzes und der Empfindung, zu seiner Komposition gleichsam von selbst hingeführt ist; so läßt es sich doch zugleich sehr wohl begreifen, warum Werke dieser Art erst späterhin, entstanden sind. Zweyerley ward dazu erfordert, um ein Publikum zu finden, das daran Geschmack finden konnte. Größeres Interesse an der Intrigue der Liebe, und Verfall des Geschmacks an Poesie und wahrer Geschichte. So lange der Mensch kein ernsthaftes Geschäft aus dem Bestreben nach Vereinigung mit dem andern Geschlechte macht; so lange wird ihm das Detail der Schwierigkeiten, die sich der Vereinigung eines liebenden Paares entgegen setzen, und die Darstellung ihrer Ueberwindung nie in der Maße interessieren können, um eine weitläuftige Geschichte darüber mit Vergnügen zu lesen. Er wird an einer kurzen Erzählung, wozu die Liebe den Stoff hergiebt, an einer dramatischen Darstellung einer hervorstechenden Situation in den Verhältnissen zweyer Liebenden Vergnügen finden; aber eine Biographie des liebenden Paars, eine Epopoe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/375
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/375>, abgerufen am 22.11.2024.