Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.an ihr klopfendes Herz. Wie wird sich Clitophon aus dieser schlüpfrigen Lage herausziehen? Auf die natürlichste Art von der Welt! - Er gewährt, was Melite verlangt: und zwar aus Gründen. Nach seiner Vorstellung beleidigt er nicht die Liebe zu Leucippe. Er würde vielmehr den Amor beleidigen, wenn er Meliten ferner widerstände. Er hatte Leucippen wieder: und Melite konnte seine Gattin nicht mehr werden. Was er also that, konnte nicht als Vollziehung der Heirath angesehen werden: es war eine Handlung des Mitleids: es geschah, um sich Leucippen mehr zu nähern, und zugleich das Schicksal des armen verliebten Weibes ein wenig zu erleichtern. - Welche Begriffe! Clitophon entwischt in den Kleidern der Melite, wird aber vom Thersander wieder aufgefangen, und damit die Sache noch verwickelter werde, muß dieser letzte sich überher in Leucippe verlieben. Um den Clitophon ganz von ihr abzubringen, wird er mit der falschen Nachricht getäuscht, Melite habe die Leucippe umbringen lassen; Clitophon, der es abscheulich findet, daß er sich mit der Mörderin seiner Geliebten abgegeben habe, klagt sich selbst vor Gericht an, daß er auf Geheiß der Melite die Leucippe umgebracht habe. Die Richter haben bereits ihn zum Tode verdammt, als Leucippe, und sogar ihr Vater Sostratus erscheinen. Nun sollte man glauben, die Geschichte hätte ein Ende. Aber die gerichtliche Verhandlung wird fortgesetzt, damit der Verfasser mehrere sorgfältig ausgearbeitete Reden halten lassen könne. Endlich wird eine Art von Vergleich eingegangen: Thersander verlangt, daß Leucippe zum Beweise ihrer Reinheit als Jungfrau, in die Höle des Pan eingesperrt werden soll. In dieser hängt eine an ihr klopfendes Herz. Wie wird sich Clitophon aus dieser schlüpfrigen Lage herausziehen? Auf die natürlichste Art von der Welt! – Er gewährt, was Melite verlangt: und zwar aus Gründen. Nach seiner Vorstellung beleidigt er nicht die Liebe zu Leucippe. Er würde vielmehr den Amor beleidigen, wenn er Meliten ferner widerstände. Er hatte Leucippen wieder: und Melite konnte seine Gattin nicht mehr werden. Was er also that, konnte nicht als Vollziehung der Heirath angesehen werden: es war eine Handlung des Mitleids: es geschah, um sich Leucippen mehr zu nähern, und zugleich das Schicksal des armen verliebten Weibes ein wenig zu erleichtern. – Welche Begriffe! Clitophon entwischt in den Kleidern der Melite, wird aber vom Thersander wieder aufgefangen, und damit die Sache noch verwickelter werde, muß dieser letzte sich überher in Leucippe verlieben. Um den Clitophon ganz von ihr abzubringen, wird er mit der falschen Nachricht getäuscht, Melite habe die Leucippe umbringen lassen; Clitophon, der es abscheulich findet, daß er sich mit der Mörderin seiner Geliebten abgegeben habe, klagt sich selbst vor Gericht an, daß er auf Geheiß der Melite die Leucippe umgebracht habe. Die Richter haben bereits ihn zum Tode verdammt, als Leucippe, und sogar ihr Vater Sostratus erscheinen. Nun sollte man glauben, die Geschichte hätte ein Ende. Aber die gerichtliche Verhandlung wird fortgesetzt, damit der Verfasser mehrere sorgfältig ausgearbeitete Reden halten lassen könne. Endlich wird eine Art von Vergleich eingegangen: Thersander verlangt, daß Leucippe zum Beweise ihrer Reinheit als Jungfrau, in die Höle des Pan eingesperrt werden soll. In dieser hängt eine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0397" n="397"/> an ihr klopfendes Herz. Wie wird sich Clitophon aus dieser schlüpfrigen Lage herausziehen? Auf die natürlichste Art von der Welt! – Er gewährt, was Melite verlangt: und zwar aus Gründen. Nach seiner Vorstellung beleidigt er nicht die Liebe zu Leucippe. Er würde vielmehr den Amor beleidigen, wenn er Meliten ferner widerstände. Er hatte Leucippen wieder: und Melite konnte seine Gattin nicht mehr werden. Was er also that, konnte nicht als Vollziehung der Heirath angesehen werden: es war eine Handlung des Mitleids: es geschah, um sich Leucippen mehr zu nähern, und zugleich das Schicksal des armen verliebten Weibes ein wenig zu erleichtern. – Welche Begriffe!</p> <p>Clitophon entwischt in den Kleidern der Melite, wird aber vom Thersander wieder aufgefangen, und damit die Sache noch verwickelter werde, muß dieser letzte sich überher in Leucippe verlieben. Um den Clitophon ganz von ihr abzubringen, wird er mit der falschen Nachricht getäuscht, Melite habe die Leucippe umbringen lassen; Clitophon, der es abscheulich findet, daß er sich mit der Mörderin seiner Geliebten abgegeben habe, klagt sich selbst vor Gericht an, daß er auf Geheiß der Melite die Leucippe umgebracht habe. Die Richter haben bereits ihn zum Tode verdammt, als Leucippe, und sogar ihr Vater Sostratus erscheinen. Nun sollte man glauben, die Geschichte hätte ein Ende. Aber die gerichtliche Verhandlung wird fortgesetzt, damit der Verfasser mehrere sorgfältig ausgearbeitete Reden halten lassen könne. Endlich wird eine Art von Vergleich eingegangen: Thersander verlangt, daß Leucippe zum Beweise ihrer Reinheit als Jungfrau, in die Höle des Pan eingesperrt werden soll. In dieser hängt eine </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [397/0397]
an ihr klopfendes Herz. Wie wird sich Clitophon aus dieser schlüpfrigen Lage herausziehen? Auf die natürlichste Art von der Welt! – Er gewährt, was Melite verlangt: und zwar aus Gründen. Nach seiner Vorstellung beleidigt er nicht die Liebe zu Leucippe. Er würde vielmehr den Amor beleidigen, wenn er Meliten ferner widerstände. Er hatte Leucippen wieder: und Melite konnte seine Gattin nicht mehr werden. Was er also that, konnte nicht als Vollziehung der Heirath angesehen werden: es war eine Handlung des Mitleids: es geschah, um sich Leucippen mehr zu nähern, und zugleich das Schicksal des armen verliebten Weibes ein wenig zu erleichtern. – Welche Begriffe!
Clitophon entwischt in den Kleidern der Melite, wird aber vom Thersander wieder aufgefangen, und damit die Sache noch verwickelter werde, muß dieser letzte sich überher in Leucippe verlieben. Um den Clitophon ganz von ihr abzubringen, wird er mit der falschen Nachricht getäuscht, Melite habe die Leucippe umbringen lassen; Clitophon, der es abscheulich findet, daß er sich mit der Mörderin seiner Geliebten abgegeben habe, klagt sich selbst vor Gericht an, daß er auf Geheiß der Melite die Leucippe umgebracht habe. Die Richter haben bereits ihn zum Tode verdammt, als Leucippe, und sogar ihr Vater Sostratus erscheinen. Nun sollte man glauben, die Geschichte hätte ein Ende. Aber die gerichtliche Verhandlung wird fortgesetzt, damit der Verfasser mehrere sorgfältig ausgearbeitete Reden halten lassen könne. Endlich wird eine Art von Vergleich eingegangen: Thersander verlangt, daß Leucippe zum Beweise ihrer Reinheit als Jungfrau, in die Höle des Pan eingesperrt werden soll. In dieser hängt eine
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