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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

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und Schönen ab; durch die Vermehrung ihrer Mitglieder, und durch ihre Verstärkung mit Männern, die sich den Wissenschaften und Künsten gewidmet hatten, gewann das Urtheil über die gute Sitte an Vielseitigkeit der Ansicht, an Richtigkeit und an Bestimmtheit; dadurch, daß die Menschen sich häufiger sahen, mithin öfterer Gelegenheit fanden, die Regeln des guten Tons in Anwendung zu bringen, mußten sie an Fertigkeit und Ungezwungenheit gewinnen.

Die beförderte Mittheilung der Ideen, die vermehrten Mittel zu einem angenehmen Lebensgenuß, die häufigeren Zerstreuungen schwächten die Gewalt der Imagination, machten den falschen Witz fühlbar, und sicherten der Vernunft eine freyere Wirkung. Dadurch, und unter Mitwirkung einiger guten Köpfe, welche die Schätze der Alten unter einem reitzenderen Gepräge als vorhin in Umlauf setzten, gewann der gute Geschmack und jene feinere Sinnlichkeit, ohne welche er nicht bestehen kann.

Von nun an verschwanden nach und nach jene übertriebenen Höflichkeitsbezeugungen im gemeinen Leben, die ihrem innern Gehalte nach frostig unwahr, und ihrer äußern Form nach lächerlich kostbar waren. Von nun an setzte man den Adel der Seele nicht mehr in excentrischen Gesinnungen, und die Schönheit einer Handlung nicht mehr in marktschreyerischem Prunke. Von nun an verwechselte man die unterhaltende Unterredung nicht länger mit dialektischen Wettstreiten, und hielt nicht weiter metaphysische Dissertationen für Ergießungen des Herzens.

Sogleich wurden freylich die Fesseln alter Sitten und Gewohnheiten nicht abgeworfen. Vieles von der

und Schönen ab; durch die Vermehrung ihrer Mitglieder, und durch ihre Verstärkung mit Männern, die sich den Wissenschaften und Künsten gewidmet hatten, gewann das Urtheil über die gute Sitte an Vielseitigkeit der Ansicht, an Richtigkeit und an Bestimmtheit; dadurch, daß die Menschen sich häufiger sahen, mithin öfterer Gelegenheit fanden, die Regeln des guten Tons in Anwendung zu bringen, mußten sie an Fertigkeit und Ungezwungenheit gewinnen.

Die beförderte Mittheilung der Ideen, die vermehrten Mittel zu einem angenehmen Lebensgenuß, die häufigeren Zerstreuungen schwächten die Gewalt der Imagination, machten den falschen Witz fühlbar, und sicherten der Vernunft eine freyere Wirkung. Dadurch, und unter Mitwirkung einiger guten Köpfe, welche die Schätze der Alten unter einem reitzenderen Gepräge als vorhin in Umlauf setzten, gewann der gute Geschmack und jene feinere Sinnlichkeit, ohne welche er nicht bestehen kann.

Von nun an verschwanden nach und nach jene übertriebenen Höflichkeitsbezeugungen im gemeinen Leben, die ihrem innern Gehalte nach frostig unwahr, und ihrer äußern Form nach lächerlich kostbar waren. Von nun an setzte man den Adel der Seele nicht mehr in excentrischen Gesinnungen, und die Schönheit einer Handlung nicht mehr in marktschreyerischem Prunke. Von nun an verwechselte man die unterhaltende Unterredung nicht länger mit dialektischen Wettstreiten, und hielt nicht weiter metaphysische Dissertationen für Ergießungen des Herzens.

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[272/0272] und Schönen ab; durch die Vermehrung ihrer Mitglieder, und durch ihre Verstärkung mit Männern, die sich den Wissenschaften und Künsten gewidmet hatten, gewann das Urtheil über die gute Sitte an Vielseitigkeit der Ansicht, an Richtigkeit und an Bestimmtheit; dadurch, daß die Menschen sich häufiger sahen, mithin öfterer Gelegenheit fanden, die Regeln des guten Tons in Anwendung zu bringen, mußten sie an Fertigkeit und Ungezwungenheit gewinnen. Die beförderte Mittheilung der Ideen, die vermehrten Mittel zu einem angenehmen Lebensgenuß, die häufigeren Zerstreuungen schwächten die Gewalt der Imagination, machten den falschen Witz fühlbar, und sicherten der Vernunft eine freyere Wirkung. Dadurch, und unter Mitwirkung einiger guten Köpfe, welche die Schätze der Alten unter einem reitzenderen Gepräge als vorhin in Umlauf setzten, gewann der gute Geschmack und jene feinere Sinnlichkeit, ohne welche er nicht bestehen kann. Von nun an verschwanden nach und nach jene übertriebenen Höflichkeitsbezeugungen im gemeinen Leben, die ihrem innern Gehalte nach frostig unwahr, und ihrer äußern Form nach lächerlich kostbar waren. Von nun an setzte man den Adel der Seele nicht mehr in excentrischen Gesinnungen, und die Schönheit einer Handlung nicht mehr in marktschreyerischem Prunke. Von nun an verwechselte man die unterhaltende Unterredung nicht länger mit dialektischen Wettstreiten, und hielt nicht weiter metaphysische Dissertationen für Ergießungen des Herzens. Sogleich wurden freylich die Fesseln alter Sitten und Gewohnheiten nicht abgeworfen. Vieles von der

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/272>, abgerufen am 22.11.2024.