Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Vorzug ihres Geschlechts vor dem unsrigen gestritten. Aber neben den Anbetern, fanden sich auch Spötter ihres Ansehns: und vieles was zu ihrem Lobe gesagt ist, muß als Redeübung der Rhetoren und Dialektiker betrachtet werden. Ueberhaupt verlieren die Huldigungen, welche dem zärteren Geschlechte dargebracht wurden, sehr viel an innerem Gehalte, wenn wir sie als Zubehör zu einem pomphaften Ceremoniel an Höfen, und besonders bey feyerlichen Gelegenheiten betrachten. Diese Bemerkungen leiten zu einem richtigen Begriffe von der Denkungsart dieser Periode über Geschlechtsverbindung und Liebe. Die Philosophen, größtentheils Neuplatoniker und Mystiker, verwarfen im Anfang alle Geschlechtsliebe, als eine schädliche Leidenschaft zur Kreatur, die von der Liebe zu Gott und seinem Reiche abzöge. Späterhin nahmen sie jedoch die Liebe zum Weibe, unter der Bedingung in Schutz, daß die Seele vorzüglich geliebt würde, und daß sie uns zur Tugend anfeure. Von ihnen, und besonders von den Italiänern, geht die Idee aus, daß eine freywillige Enthaltsamkeit vom körperlichem Genuß, die Liebe zum Weibe veredle. Es gab aber andere, welche die Liebe bloß als sinnliche Begierde betrachteten, und nur anriethen, sie durch die Besorgung der Intrigue schmackhafter und dauernder zu machen. Die Romanenschreiber der Spanier setzten die Veredlung der Liebe in schmelzender Schwärmerey, in gänzlicher und dauernder Aufopferung für den angebeteten Gegenstand: die Verschönerung aber, in dem pomphaften, schwülstigen, gernwitzigen Ausdrucke jener Gesinnungen. Der Einfluß der Mauren wird hierbey sehr anscheinend. Die Franzosen behandeln in den früheren Produkten dieser Art die Liebe leichter, in den spätern mit Vorzug ihres Geschlechts vor dem unsrigen gestritten. Aber neben den Anbetern, fanden sich auch Spötter ihres Ansehns: und vieles was zu ihrem Lobe gesagt ist, muß als Redeübung der Rhetoren und Dialektiker betrachtet werden. Ueberhaupt verlieren die Huldigungen, welche dem zärteren Geschlechte dargebracht wurden, sehr viel an innerem Gehalte, wenn wir sie als Zubehör zu einem pomphaften Ceremoniel an Höfen, und besonders bey feyerlichen Gelegenheiten betrachten. Diese Bemerkungen leiten zu einem richtigen Begriffe von der Denkungsart dieser Periode über Geschlechtsverbindung und Liebe. Die Philosophen, größtentheils Neuplatoniker und Mystiker, verwarfen im Anfang alle Geschlechtsliebe, als eine schädliche Leidenschaft zur Kreatur, die von der Liebe zu Gott und seinem Reiche abzöge. Späterhin nahmen sie jedoch die Liebe zum Weibe, unter der Bedingung in Schutz, daß die Seele vorzüglich geliebt würde, und daß sie uns zur Tugend anfeure. Von ihnen, und besonders von den Italiänern, geht die Idee aus, daß eine freywillige Enthaltsamkeit vom körperlichem Genuß, die Liebe zum Weibe veredle. Es gab aber andere, welche die Liebe bloß als sinnliche Begierde betrachteten, und nur anriethen, sie durch die Besorgung der Intrigue schmackhafter und dauernder zu machen. Die Romanenschreiber der Spanier setzten die Veredlung der Liebe in schmelzender Schwärmerey, in gänzlicher und dauernder Aufopferung für den angebeteten Gegenstand: die Verschönerung aber, in dem pomphaften, schwülstigen, gernwitzigen Ausdrucke jener Gesinnungen. Der Einfluß der Mauren wird hierbey sehr anscheinend. Die Franzosen behandeln in den früheren Produkten dieser Art die Liebe leichter, in den spätern mit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0351" n="351"/> Vorzug ihres Geschlechts vor dem unsrigen gestritten. 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Vorzug ihres Geschlechts vor dem unsrigen gestritten. Aber neben den Anbetern, fanden sich auch Spötter ihres Ansehns: und vieles was zu ihrem Lobe gesagt ist, muß als Redeübung der Rhetoren und Dialektiker betrachtet werden. Ueberhaupt verlieren die Huldigungen, welche dem zärteren Geschlechte dargebracht wurden, sehr viel an innerem Gehalte, wenn wir sie als Zubehör zu einem pomphaften Ceremoniel an Höfen, und besonders bey feyerlichen Gelegenheiten betrachten.
Diese Bemerkungen leiten zu einem richtigen Begriffe von der Denkungsart dieser Periode über Geschlechtsverbindung und Liebe.
Die Philosophen, größtentheils Neuplatoniker und Mystiker, verwarfen im Anfang alle Geschlechtsliebe, als eine schädliche Leidenschaft zur Kreatur, die von der Liebe zu Gott und seinem Reiche abzöge. Späterhin nahmen sie jedoch die Liebe zum Weibe, unter der Bedingung in Schutz, daß die Seele vorzüglich geliebt würde, und daß sie uns zur Tugend anfeure. Von ihnen, und besonders von den Italiänern, geht die Idee aus, daß eine freywillige Enthaltsamkeit vom körperlichem Genuß, die Liebe zum Weibe veredle. Es gab aber andere, welche die Liebe bloß als sinnliche Begierde betrachteten, und nur anriethen, sie durch die Besorgung der Intrigue schmackhafter und dauernder zu machen.
Die Romanenschreiber der Spanier setzten die Veredlung der Liebe in schmelzender Schwärmerey, in gänzlicher und dauernder Aufopferung für den angebeteten Gegenstand: die Verschönerung aber, in dem pomphaften, schwülstigen, gernwitzigen Ausdrucke jener Gesinnungen. Der Einfluß der Mauren wird hierbey sehr anscheinend.
Die Franzosen behandeln in den früheren Produkten dieser Art die Liebe leichter, in den spätern mit
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