Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.eben dem Ernst, aber mit feinerer Lüsternheit wie die Spanier, und gelangen gegen das Ende dieser Periode zu der höchsten sittlichen Veredlung, zu der sich die Leidenschaft der Geschlechtssympathie heben läßt. Allein es fehlt ihnen an dem Gefühle des wahren Wesens der Liebe, und an Geschmack. Der Italiäner hat sich mit dem bürgerlichen Romane viel beschäftigt, und in der Liebe denjenigen Reitz gesucht, den feinere Sinnlichkeit und Heimlichkeit ihr gewähren. Engländer und Deutsche sind größtentheils Nachahmer ihrer Nachbaren geblieben. Merkwürdig sind die beyden Bemerkungen: 1) daß der Einfluß der griechischen Erotiker auf die mehrsten Romane dieser Zeit unverkennbar ist: 2) daß neben den Produkten dieser Art, welche die Liebe als ein ernstes Geschäft behandeln, allemahl andere aufgestellt werden können, welche sie mit der größten Ausgelassenheit als ein bloßes Mittel zur Belustigung und zur Befriedigung noch gröberer Triebe schildern. Unter den italiänischen Dichtern hat Petrarka den größten Einfluß auf die Denkungsart seiner Landesleute und der übrigen Nationen gehabt. Er sah sie anders als Philosoph, anders als Dichter an. In der ersten Eigenschaft verwarf er sie als schädlich: in der letzten war sein System ganz auf den Zustand eines unglücklichen Liebhabers berechnet, der aus dem Zustande einer hinschmelzenden Begeisterung, und aus den Träumen einer lieblichen Phantasie, selbst bey der Trennung von dem vergötterten Gegenstande, den reitzendsten Genuß zu ziehen weiß. Er hat viele Nachfolger in Italien gefunden. Andere Dichter dieses Landes haben aber der Liebe ein fröhlicheres Ansehn gegeben. Doch blieb, besonders gegen das Ende dieser Periode, der Grundsatz herrschend, daß die Seele allein Liebe verdiene, weil sie allein der Gegenliebe fähig sey, und eben dem Ernst, aber mit feinerer Lüsternheit wie die Spanier, und gelangen gegen das Ende dieser Periode zu der höchsten sittlichen Veredlung, zu der sich die Leidenschaft der Geschlechtssympathie heben läßt. Allein es fehlt ihnen an dem Gefühle des wahren Wesens der Liebe, und an Geschmack. Der Italiäner hat sich mit dem bürgerlichen Romane viel beschäftigt, und in der Liebe denjenigen Reitz gesucht, den feinere Sinnlichkeit und Heimlichkeit ihr gewähren. Engländer und Deutsche sind größtentheils Nachahmer ihrer Nachbaren geblieben. Merkwürdig sind die beyden Bemerkungen: 1) daß der Einfluß der griechischen Erotiker auf die mehrsten Romane dieser Zeit unverkennbar ist: 2) daß neben den Produkten dieser Art, welche die Liebe als ein ernstes Geschäft behandeln, allemahl andere aufgestellt werden können, welche sie mit der größten Ausgelassenheit als ein bloßes Mittel zur Belustigung und zur Befriedigung noch gröberer Triebe schildern. Unter den italiänischen Dichtern hat Petrarka den größten Einfluß auf die Denkungsart seiner Landesleute und der übrigen Nationen gehabt. Er sah sie anders als Philosoph, anders als Dichter an. In der ersten Eigenschaft verwarf er sie als schädlich: in der letzten war sein System ganz auf den Zustand eines unglücklichen Liebhabers berechnet, der aus dem Zustande einer hinschmelzenden Begeisterung, und aus den Träumen einer lieblichen Phantasie, selbst bey der Trennung von dem vergötterten Gegenstande, den reitzendsten Genuß zu ziehen weiß. Er hat viele Nachfolger in Italien gefunden. Andere Dichter dieses Landes haben aber der Liebe ein fröhlicheres Ansehn gegeben. Doch blieb, besonders gegen das Ende dieser Periode, der Grundsatz herrschend, daß die Seele allein Liebe verdiene, weil sie allein der Gegenliebe fähig sey, und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0352" n="352"/> eben dem Ernst, aber mit feinerer Lüsternheit wie die Spanier, und gelangen <hi rendition="#g">gegen das Ende dieser Periode</hi> zu der höchsten sittlichen Veredlung, zu der sich die Leidenschaft der Geschlechtssympathie heben läßt. Allein es fehlt ihnen an dem Gefühle des wahren Wesens der Liebe, und an Geschmack.</p> <p><hi rendition="#g">Der Italiäner</hi> hat sich mit <hi rendition="#g">dem bürgerlichen Romane</hi> viel beschäftigt, und in der Liebe denjenigen Reitz gesucht, den feinere Sinnlichkeit und Heimlichkeit ihr gewähren.</p> <p><hi rendition="#g">Engländer</hi> und <hi rendition="#g">Deutsche</hi> sind größtentheils Nachahmer ihrer Nachbaren geblieben. 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eben dem Ernst, aber mit feinerer Lüsternheit wie die Spanier, und gelangen gegen das Ende dieser Periode zu der höchsten sittlichen Veredlung, zu der sich die Leidenschaft der Geschlechtssympathie heben läßt. Allein es fehlt ihnen an dem Gefühle des wahren Wesens der Liebe, und an Geschmack.
Der Italiäner hat sich mit dem bürgerlichen Romane viel beschäftigt, und in der Liebe denjenigen Reitz gesucht, den feinere Sinnlichkeit und Heimlichkeit ihr gewähren.
Engländer und Deutsche sind größtentheils Nachahmer ihrer Nachbaren geblieben. Merkwürdig sind die beyden Bemerkungen: 1) daß der Einfluß der griechischen Erotiker auf die mehrsten Romane dieser Zeit unverkennbar ist: 2) daß neben den Produkten dieser Art, welche die Liebe als ein ernstes Geschäft behandeln, allemahl andere aufgestellt werden können, welche sie mit der größten Ausgelassenheit als ein bloßes Mittel zur Belustigung und zur Befriedigung noch gröberer Triebe schildern.
Unter den italiänischen Dichtern hat Petrarka den größten Einfluß auf die Denkungsart seiner Landesleute und der übrigen Nationen gehabt. Er sah sie anders als Philosoph, anders als Dichter an. In der ersten Eigenschaft verwarf er sie als schädlich: in der letzten war sein System ganz auf den Zustand eines unglücklichen Liebhabers berechnet, der aus dem Zustande einer hinschmelzenden Begeisterung, und aus den Träumen einer lieblichen Phantasie, selbst bey der Trennung von dem vergötterten Gegenstande, den reitzendsten Genuß zu ziehen weiß. Er hat viele Nachfolger in Italien gefunden. Andere Dichter dieses Landes haben aber der Liebe ein fröhlicheres Ansehn gegeben. Doch blieb, besonders gegen das Ende dieser Periode, der Grundsatz herrschend, daß die Seele allein Liebe verdiene, weil sie allein der Gegenliebe fähig sey, und
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