Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

als dieß, daß im Norden so wie im Süden die Schönheit zuweilen der Preis der Tapferkeit gewesen, daß die Liebe überall zuweilen den Muth zu entflammen, Talente zu entwickeln im Stande sey, und daß Eigensinn, Herrschsucht und kluge Vorsicht der Geliebten die Leidenschaft des Liebhabers überall auf die Probe gesetzt haben.

Drittes Kapitel.

Herrschende Denkungsart im zwölften Jahrhunderte.

Erst im zwölften Jahrhunderte finden wir bey den Abendländern Spuren einer Denkungsart über die Liebe, und über den geselligen Umgang zwischen beyden Geschlechtern, die sich auffallend von derjenigen unterscheidet, die wir in früheren Zeiten angetroffen haben. Ein zusammenhängendes System, ein bestimmtes Ganze, dürfen wir jedoch nicht erwarten. Um aber diesen einzelnen Zügen besser auf die Spur zu kommen, müssen wir ein Bild der herrschenden Ideen in diesem Zeitalter überhaupt entwerfen.

Vom eilften Jahrhunderte an führt Alles auf ein Bestreben hin, eine bessere Ordnung der Dinge einzuführen, oder, wie ich es nennen möchte, die menschliche Gesellschaft in ihren Verhältnissen gegen Kirche, Staat, Sitten und Wissenschaften zu organisieren. Den nächsten Stoß zu dieser Bewegung hat wahrscheinlich Gregor der Siebente dem menschlichen Geiste durch seine planmäßigen

als dieß, daß im Norden so wie im Süden die Schönheit zuweilen der Preis der Tapferkeit gewesen, daß die Liebe überall zuweilen den Muth zu entflammen, Talente zu entwickeln im Stande sey, und daß Eigensinn, Herrschsucht und kluge Vorsicht der Geliebten die Leidenschaft des Liebhabers überall auf die Probe gesetzt haben.

Drittes Kapitel.

Herrschende Denkungsart im zwölften Jahrhunderte.

Erst im zwölften Jahrhunderte finden wir bey den Abendländern Spuren einer Denkungsart über die Liebe, und über den geselligen Umgang zwischen beyden Geschlechtern, die sich auffallend von derjenigen unterscheidet, die wir in früheren Zeiten angetroffen haben. Ein zusammenhängendes System, ein bestimmtes Ganze, dürfen wir jedoch nicht erwarten. Um aber diesen einzelnen Zügen besser auf die Spur zu kommen, müssen wir ein Bild der herrschenden Ideen in diesem Zeitalter überhaupt entwerfen.

Vom eilften Jahrhunderte an führt Alles auf ein Bestreben hin, eine bessere Ordnung der Dinge einzuführen, oder, wie ich es nennen möchte, die menschliche Gesellschaft in ihren Verhältnissen gegen Kirche, Staat, Sitten und Wissenschaften zu organisieren. Den nächsten Stoß zu dieser Bewegung hat wahrscheinlich Gregor der Siebente dem menschlichen Geiste durch seine planmäßigen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0057" n="57"/>
als dieß, daß im Norden so wie im Süden die Schönheit zuweilen der Preis der Tapferkeit gewesen, daß die Liebe überall zuweilen den Muth zu entflammen, Talente zu entwickeln im Stande sey, und daß Eigensinn, Herrschsucht und kluge Vorsicht der Geliebten die Leidenschaft des Liebhabers überall auf die Probe gesetzt haben.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head>Drittes Kapitel.<lb/></head>
          <argument>
            <p>Herrschende Denkungsart im zwölften Jahrhunderte.<lb/></p>
          </argument>
          <p>Erst im zwölften Jahrhunderte finden wir bey den Abendländern Spuren einer Denkungsart über die Liebe, und über den geselligen Umgang zwischen beyden Geschlechtern, die sich auffallend von derjenigen unterscheidet, die wir in früheren Zeiten angetroffen haben. Ein zusammenhängendes System, ein bestimmtes Ganze, dürfen wir jedoch nicht erwarten. Um aber diesen einzelnen Zügen besser auf die Spur zu kommen, müssen wir ein Bild der herrschenden Ideen in diesem Zeitalter überhaupt entwerfen.</p>
          <p>Vom eilften Jahrhunderte an führt Alles auf ein Bestreben hin, eine bessere Ordnung der Dinge einzuführen, oder, wie ich es nennen möchte, die menschliche Gesellschaft in ihren Verhältnissen gegen Kirche, Staat, Sitten und Wissenschaften zu organisieren. Den nächsten Stoß zu dieser Bewegung hat wahrscheinlich Gregor der Siebente dem menschlichen Geiste durch seine planmäßigen
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0057] als dieß, daß im Norden so wie im Süden die Schönheit zuweilen der Preis der Tapferkeit gewesen, daß die Liebe überall zuweilen den Muth zu entflammen, Talente zu entwickeln im Stande sey, und daß Eigensinn, Herrschsucht und kluge Vorsicht der Geliebten die Leidenschaft des Liebhabers überall auf die Probe gesetzt haben. Drittes Kapitel. Herrschende Denkungsart im zwölften Jahrhunderte. Erst im zwölften Jahrhunderte finden wir bey den Abendländern Spuren einer Denkungsart über die Liebe, und über den geselligen Umgang zwischen beyden Geschlechtern, die sich auffallend von derjenigen unterscheidet, die wir in früheren Zeiten angetroffen haben. Ein zusammenhängendes System, ein bestimmtes Ganze, dürfen wir jedoch nicht erwarten. Um aber diesen einzelnen Zügen besser auf die Spur zu kommen, müssen wir ein Bild der herrschenden Ideen in diesem Zeitalter überhaupt entwerfen. Vom eilften Jahrhunderte an führt Alles auf ein Bestreben hin, eine bessere Ordnung der Dinge einzuführen, oder, wie ich es nennen möchte, die menschliche Gesellschaft in ihren Verhältnissen gegen Kirche, Staat, Sitten und Wissenschaften zu organisieren. Den nächsten Stoß zu dieser Bewegung hat wahrscheinlich Gregor der Siebente dem menschlichen Geiste durch seine planmäßigen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/57
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/57>, abgerufen am 26.11.2024.