Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Unter Leo X. ben, daß Carl ihn aus Gewissenhaftigkeit, um das sichereGeleit nicht zu brechen, habe ziehen lassen; "da er be- merkte," sagen sie, "daß sich der Papst vor der Lehre Luthers fürchtete, so wollte er ihn mit derselben in Zaum halten" 1). Wie dem auch sey, so verschwand Luther al- lerdings auf einen Augenblick von der Bühne der Welt; er war gewissermaßen außer dem Gesetz, und der Papst hatte auf jeden Fall eine entscheidende Maaßregel wider ihn zu Wege gebracht. Indessen waren auch die kaiserlich päpstlichen Waffen Es war einer der wichtigsten Momente. Eine neue 1) Vettori: Carlo si excuso di non poter procedere piu ol-
tre rispetto al salvocondotto, ma la verita fu che conoscendo che il Papa temeva molto di questa doctrina di Luthero, lo volle tenere con questo freno. Unter Leo X. ben, daß Carl ihn aus Gewiſſenhaftigkeit, um das ſichereGeleit nicht zu brechen, habe ziehen laſſen; „da er be- merkte,“ ſagen ſie, „daß ſich der Papſt vor der Lehre Luthers fuͤrchtete, ſo wollte er ihn mit derſelben in Zaum halten“ 1). Wie dem auch ſey, ſo verſchwand Luther al- lerdings auf einen Augenblick von der Buͤhne der Welt; er war gewiſſermaßen außer dem Geſetz, und der Papſt hatte auf jeden Fall eine entſcheidende Maaßregel wider ihn zu Wege gebracht. Indeſſen waren auch die kaiſerlich paͤpſtlichen Waffen Es war einer der wichtigſten Momente. Eine neue 1) Vettori: Carlo si excusò di non poter procedere piu ol-
tre rispetto al salvocondotto, ma la verità fu che conoscendo che il Papa temeva molto di questa doctrina di Luthero, lo volle tenere con questo freno. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0113" n="87"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Unter Leo</hi><hi rendition="#aq">X.</hi></fw><lb/> ben, daß Carl ihn aus Gewiſſenhaftigkeit, um das ſichere<lb/> Geleit nicht zu brechen, habe ziehen laſſen; „da er be-<lb/> merkte,“ ſagen ſie, „daß ſich der Papſt vor der Lehre<lb/> Luthers fuͤrchtete, ſo wollte er ihn mit derſelben in Zaum<lb/> halten“ <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Vettori: Carlo si excusò di non poter procedere piu ol-<lb/> tre rispetto al salvocondotto, ma la verità fu che conoscendo<lb/> che il Papa temeva molto di questa doctrina di Luthero, lo<lb/> volle tenere con questo freno.</hi></note>. Wie dem auch ſey, ſo verſchwand Luther al-<lb/> lerdings auf einen Augenblick von der Buͤhne der Welt;<lb/> er war gewiſſermaßen außer dem Geſetz, und der Papſt<lb/> hatte auf jeden Fall eine entſcheidende Maaßregel wider<lb/> ihn zu Wege gebracht.</p><lb/> <p>Indeſſen waren auch die kaiſerlich paͤpſtlichen Waffen<lb/> in Italien gluͤcklich. Einer der naͤchſten Verwandten des<lb/> Papſtes, Sohn des Bruders ſeines Vaters, Cardinal Ju-<lb/> lius Medici, war ſelbſt im Felde, und zog mit in dem<lb/> eroberten Mailand ein. Man behauptete in Rom, der<lb/> Papſt denke ihm dieß Herzogthum zu. Ich finde dafuͤr doch<lb/> keinen rechten Beweis und ſchwerlich moͤchte ſich der Kai-<lb/> ſer ſo leicht dazu verſtanden haben. Allein auch ohne dieß<lb/> war der Vortheil nicht zu berechnen. Parma und Pia-<lb/> cenza waren wieder erobert, die Franzoſen entfernt; auf<lb/> den neuen Fuͤrſten in Mailand mußte der Papſt unaus-<lb/> bleiblich einen großen Einfluß erlangen.</p><lb/> <p>Es war einer der wichtigſten Momente. Eine neue<lb/> politiſche Entwickelung war begonnen; eine große kirchliche<lb/> Bewegung eingetreten. Es war ein Augenblick, in wel-<lb/> chem der Papſt ſich ſchmeicheln konnte, jene zu leiten, die-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [87/0113]
Unter Leo X.
ben, daß Carl ihn aus Gewiſſenhaftigkeit, um das ſichere
Geleit nicht zu brechen, habe ziehen laſſen; „da er be-
merkte,“ ſagen ſie, „daß ſich der Papſt vor der Lehre
Luthers fuͤrchtete, ſo wollte er ihn mit derſelben in Zaum
halten“ 1). Wie dem auch ſey, ſo verſchwand Luther al-
lerdings auf einen Augenblick von der Buͤhne der Welt;
er war gewiſſermaßen außer dem Geſetz, und der Papſt
hatte auf jeden Fall eine entſcheidende Maaßregel wider
ihn zu Wege gebracht.
Indeſſen waren auch die kaiſerlich paͤpſtlichen Waffen
in Italien gluͤcklich. Einer der naͤchſten Verwandten des
Papſtes, Sohn des Bruders ſeines Vaters, Cardinal Ju-
lius Medici, war ſelbſt im Felde, und zog mit in dem
eroberten Mailand ein. Man behauptete in Rom, der
Papſt denke ihm dieß Herzogthum zu. Ich finde dafuͤr doch
keinen rechten Beweis und ſchwerlich moͤchte ſich der Kai-
ſer ſo leicht dazu verſtanden haben. Allein auch ohne dieß
war der Vortheil nicht zu berechnen. Parma und Pia-
cenza waren wieder erobert, die Franzoſen entfernt; auf
den neuen Fuͤrſten in Mailand mußte der Papſt unaus-
bleiblich einen großen Einfluß erlangen.
Es war einer der wichtigſten Momente. Eine neue
politiſche Entwickelung war begonnen; eine große kirchliche
Bewegung eingetreten. Es war ein Augenblick, in wel-
chem der Papſt ſich ſchmeicheln konnte, jene zu leiten, die-
1) Vettori: Carlo si excusò di non poter procedere piu ol-
tre rispetto al salvocondotto, ma la verità fu che conoscendo
che il Papa temeva molto di questa doctrina di Luthero, lo
volle tenere con questo freno.
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