Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Kap. III. Politisch-kirchliche Verwickelungen. mal den Versuch dazu. Rom zählte vielleicht 30000 waf-fenfähige Männer; viele von ihnen hatten den Krieg ge- sehn: sie gingen mit Schwertern an den Seiten, schlugen sich unter einander, und vermaßen sich hoher Dinge. Aber um dem Feinde, der die gewisse Zerstörung brachte, zu wi- derstehen, brachte man aus der Stadt nie über 500 Mann zusammen. Der erste Angriff überwand den Papst und seine Macht. Am 6. Mai 1527, zwei Stunden vor Sonnen- untergang, drangen die Kaiserlichen in Rom ein. Der alte Frundsberg war nicht mehr bei ihnen; als er einst bei einem Auflauf den gewohnten Gehorsam nicht fand, war er vom Schlag gerührt worden und krank zurückge- blieben. Bourbon, der das Heer so weit geführt, war beim ersten Anlegen der Sturmleiter umgekommen; von keinem Anführer in Zaum und Mäßigung gehalten, ergoß sich der blutdürstige, durch lange Entbehrungen verhärtete, von seinem Handwerk verwilderte Soldat über die Stadt. Nie fiel eine reichere Beute einer gewaltsameren Truppe in die Hände; nie gab es eine längere, anhaltendere, verderb- lichere Plünderung 1). Der Glanz von Rom erfüllt den Anfang des 16ten Jahrhunderts; er bezeichnet eine bewun- derungswürdige Periode menschlicher Geistesentwickelung; mit diesem Tage ging sie zu Ende. 1) Vettori: La uccisione non fu molta, perche rari si uc-
eidono quelli che non si vogliono difendere, ma la preda fu inestimabile in danari contanti, di gioie, d'oro e d'argento lavo- rato, di vestiti, d'arazzi, paramenti di casa, mercantie d'ogni sorte e di taglie. Nicht der Papst sey an dem Unglück Schuld: es habe an den Einwohnern gelegen: superbi, avari, homicidi, in- vidiosi, libidinosi e simulatori nennt er sie, solch' eine Bevölke- rung könne sich nicht halten. Kap. III. Politiſch-kirchliche Verwickelungen. mal den Verſuch dazu. Rom zaͤhlte vielleicht 30000 waf-fenfaͤhige Maͤnner; viele von ihnen hatten den Krieg ge- ſehn: ſie gingen mit Schwertern an den Seiten, ſchlugen ſich unter einander, und vermaßen ſich hoher Dinge. Aber um dem Feinde, der die gewiſſe Zerſtoͤrung brachte, zu wi- derſtehen, brachte man aus der Stadt nie uͤber 500 Mann zuſammen. Der erſte Angriff uͤberwand den Papſt und ſeine Macht. Am 6. Mai 1527, zwei Stunden vor Sonnen- untergang, drangen die Kaiſerlichen in Rom ein. Der alte Frundsberg war nicht mehr bei ihnen; als er einſt bei einem Auflauf den gewohnten Gehorſam nicht fand, war er vom Schlag geruͤhrt worden und krank zuruͤckge- blieben. Bourbon, der das Heer ſo weit gefuͤhrt, war beim erſten Anlegen der Sturmleiter umgekommen; von keinem Anfuͤhrer in Zaum und Maͤßigung gehalten, ergoß ſich der blutduͤrſtige, durch lange Entbehrungen verhaͤrtete, von ſeinem Handwerk verwilderte Soldat uͤber die Stadt. Nie fiel eine reichere Beute einer gewaltſameren Truppe in die Haͤnde; nie gab es eine laͤngere, anhaltendere, verderb- lichere Pluͤnderung 1). Der Glanz von Rom erfuͤllt den Anfang des 16ten Jahrhunderts; er bezeichnet eine bewun- derungswuͤrdige Periode menſchlicher Geiſtesentwickelung; mit dieſem Tage ging ſie zu Ende. 1) Vettori: La uccisione non fu molta, perchè rari si uc-
eidono quelli che non si vogliono difendere, ma la preda fu inestimabile in danari contanti, di gioie, d’oro e d’argento lavo- rato, di vestiti, d’arazzi, paramenti di casa, mercantie d’ogni sorte e di taglie. Nicht der Papſt ſey an dem Ungluͤck Schuld: es habe an den Einwohnern gelegen: superbi, avari, homicidi, in- vidiosi, libidinosi e simulatori nennt er ſie, ſolch’ eine Bevoͤlke- rung koͤnne ſich nicht halten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0134" n="108"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Kap</hi>. <hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#g">Politiſch-kirchliche Verwickelungen</hi>.</fw><lb/> mal den Verſuch dazu. Rom zaͤhlte vielleicht 30000 waf-<lb/> fenfaͤhige Maͤnner; viele von ihnen hatten den Krieg ge-<lb/> ſehn: ſie gingen mit Schwertern an den Seiten, ſchlugen<lb/> ſich unter einander, und vermaßen ſich hoher Dinge. Aber<lb/> um dem Feinde, der die gewiſſe Zerſtoͤrung brachte, zu wi-<lb/> derſtehen, brachte man aus der Stadt nie uͤber 500 Mann<lb/> zuſammen. Der erſte Angriff uͤberwand den Papſt und ſeine<lb/> Macht. Am 6. Mai 1527, zwei Stunden vor Sonnen-<lb/> untergang, drangen die Kaiſerlichen in Rom ein. Der<lb/> alte Frundsberg war nicht mehr bei ihnen; als er einſt<lb/> bei einem Auflauf den gewohnten Gehorſam nicht fand,<lb/> war er vom Schlag geruͤhrt worden und krank zuruͤckge-<lb/> blieben. Bourbon, der das Heer ſo weit gefuͤhrt, war<lb/> beim erſten Anlegen der Sturmleiter umgekommen; von<lb/> keinem Anfuͤhrer in Zaum und Maͤßigung gehalten, ergoß<lb/> ſich der blutduͤrſtige, durch lange Entbehrungen verhaͤrtete,<lb/> von ſeinem Handwerk verwilderte Soldat uͤber die Stadt.<lb/> Nie fiel eine reichere Beute einer gewaltſameren Truppe in<lb/> die Haͤnde; nie gab es eine laͤngere, anhaltendere, verderb-<lb/> lichere Pluͤnderung <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Vettori: La uccisione non fu molta, perchè rari si uc-<lb/> eidono quelli che non si vogliono difendere, ma la preda fu<lb/> inestimabile in danari contanti, di gioie, d’oro e d’argento lavo-<lb/> rato, di vestiti, d’arazzi, paramenti di casa, mercantie d’ogni<lb/> sorte e di taglie.</hi> Nicht der Papſt ſey an dem Ungluͤck Schuld:<lb/> es habe an den Einwohnern gelegen: <hi rendition="#aq">superbi, avari, homicidi, in-<lb/> vidiosi, libidinosi e simulatori</hi> nennt er ſie, ſolch’ eine Bevoͤlke-<lb/> rung koͤnne ſich nicht halten.</note>. Der Glanz von Rom erfuͤllt den<lb/> Anfang des 16ten Jahrhunderts; er bezeichnet eine bewun-<lb/> derungswuͤrdige Periode menſchlicher Geiſtesentwickelung;<lb/> mit dieſem Tage ging ſie zu Ende.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [108/0134]
Kap. III. Politiſch-kirchliche Verwickelungen.
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fenfaͤhige Maͤnner; viele von ihnen hatten den Krieg ge-
ſehn: ſie gingen mit Schwertern an den Seiten, ſchlugen
ſich unter einander, und vermaßen ſich hoher Dinge. Aber
um dem Feinde, der die gewiſſe Zerſtoͤrung brachte, zu wi-
derſtehen, brachte man aus der Stadt nie uͤber 500 Mann
zuſammen. Der erſte Angriff uͤberwand den Papſt und ſeine
Macht. Am 6. Mai 1527, zwei Stunden vor Sonnen-
untergang, drangen die Kaiſerlichen in Rom ein. Der
alte Frundsberg war nicht mehr bei ihnen; als er einſt
bei einem Auflauf den gewohnten Gehorſam nicht fand,
war er vom Schlag geruͤhrt worden und krank zuruͤckge-
blieben. Bourbon, der das Heer ſo weit gefuͤhrt, war
beim erſten Anlegen der Sturmleiter umgekommen; von
keinem Anfuͤhrer in Zaum und Maͤßigung gehalten, ergoß
ſich der blutduͤrſtige, durch lange Entbehrungen verhaͤrtete,
von ſeinem Handwerk verwilderte Soldat uͤber die Stadt.
Nie fiel eine reichere Beute einer gewaltſameren Truppe in
die Haͤnde; nie gab es eine laͤngere, anhaltendere, verderb-
lichere Pluͤnderung 1). Der Glanz von Rom erfuͤllt den
Anfang des 16ten Jahrhunderts; er bezeichnet eine bewun-
derungswuͤrdige Periode menſchlicher Geiſtesentwickelung;
mit dieſem Tage ging ſie zu Ende.
1) Vettori: La uccisione non fu molta, perchè rari si uc-
eidono quelli che non si vogliono difendere, ma la preda fu
inestimabile in danari contanti, di gioie, d’oro e d’argento lavo-
rato, di vestiti, d’arazzi, paramenti di casa, mercantie d’ogni
sorte e di taglie. Nicht der Papſt ſey an dem Ungluͤck Schuld:
es habe an den Einwohnern gelegen: superbi, avari, homicidi, in-
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