Seitdem war Carl mächtiger in Italien, als seit vie- len Jahrhunderten ein anderer Kaiser. Die Krone, die er zu Bologna empfing, hatte einmal wieder ihre volle Be- deutung. Mailand gehorchte ihm allmählig nicht weni- ger als Neapel; auf Toscana hatte er eben deshalb, weil er die Medici in Florenz hergestellt, sein Lebenlang unmit- telbaren Einfluß; die übrigen schlossen sich an oder füg- ten sich; zugleich mit den Kräften von Spanien und von Deutschland, von dem südlichen Meer und den Alpen her, mit siegreichen Waffen und den Rechten des Kaiserthums hielt er Italien in Unterwerfung.
Dahin führte der Gang der italienischen Kriege. Seit- dem haben die auswärtigen Nationen nicht aufgehört, in Italien zu regieren. Betrachten wir noch, wie die religiö- sen Irrungen sich entwickelten, die mit den politischen so genau zusammenhängen.
Wenn der Papst sich darin ergab, rings um sich her die Spanier mächtig zu sehen, so hoffte er wenigstens durch diesen gewaltigen Kaiser, den man ihm katholisch und devot schilderte, seine Autorität in Deutschland herge- stellt zu sehn. Gleich ein Artikel des Friedens von Bar- celona enthielt dieß. Der Kaiser versprach, aus allen sei- nen Kräften die Reduction der Protestanten zu befördern. Auch schien er dazu entschlossen. Den protestantischen Ge- sandten, die ihn in Italien aufsuchten, gab er eine sehr ungnädige Antwort. An seine Reise nach Deutschland, im
Kap. III.Politiſch-kirchliche Verwickelungen.
Seitdem war Carl maͤchtiger in Italien, als ſeit vie- len Jahrhunderten ein anderer Kaiſer. Die Krone, die er zu Bologna empfing, hatte einmal wieder ihre volle Be- deutung. Mailand gehorchte ihm allmaͤhlig nicht weni- ger als Neapel; auf Toscana hatte er eben deshalb, weil er die Medici in Florenz hergeſtellt, ſein Lebenlang unmit- telbaren Einfluß; die uͤbrigen ſchloſſen ſich an oder fuͤg- ten ſich; zugleich mit den Kraͤften von Spanien und von Deutſchland, von dem ſuͤdlichen Meer und den Alpen her, mit ſiegreichen Waffen und den Rechten des Kaiſerthums hielt er Italien in Unterwerfung.
Dahin fuͤhrte der Gang der italieniſchen Kriege. Seit- dem haben die auswaͤrtigen Nationen nicht aufgehoͤrt, in Italien zu regieren. Betrachten wir noch, wie die religioͤ- ſen Irrungen ſich entwickelten, die mit den politiſchen ſo genau zuſammenhaͤngen.
Wenn der Papſt ſich darin ergab, rings um ſich her die Spanier maͤchtig zu ſehen, ſo hoffte er wenigſtens durch dieſen gewaltigen Kaiſer, den man ihm katholiſch und devot ſchilderte, ſeine Autoritaͤt in Deutſchland herge- ſtellt zu ſehn. Gleich ein Artikel des Friedens von Bar- celona enthielt dieß. Der Kaiſer verſprach, aus allen ſei- nen Kraͤften die Reduction der Proteſtanten zu befoͤrdern. Auch ſchien er dazu entſchloſſen. Den proteſtantiſchen Ge- ſandten, die ihn in Italien aufſuchten, gab er eine ſehr ungnaͤdige Antwort. An ſeine Reiſe nach Deutſchland, im
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0136"n="110"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Kap</hi>. <hirendition="#aq">III.</hi><hirendition="#g">Politiſch-kirchliche Verwickelungen</hi>.</fw><lb/><p>Seitdem war Carl maͤchtiger in Italien, als ſeit vie-<lb/>
len Jahrhunderten ein anderer Kaiſer. Die Krone, die er<lb/>
zu Bologna empfing, hatte einmal wieder ihre volle Be-<lb/>
deutung. Mailand gehorchte ihm allmaͤhlig nicht weni-<lb/>
ger als Neapel; auf Toscana hatte er eben deshalb, weil<lb/>
er die Medici in Florenz hergeſtellt, ſein Lebenlang unmit-<lb/>
telbaren Einfluß; die uͤbrigen ſchloſſen ſich an oder fuͤg-<lb/>
ten ſich; zugleich mit den Kraͤften von Spanien und von<lb/>
Deutſchland, von dem ſuͤdlichen Meer und den Alpen her,<lb/>
mit ſiegreichen Waffen und den Rechten des Kaiſerthums<lb/>
hielt er Italien in Unterwerfung.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Dahin fuͤhrte der Gang der italieniſchen Kriege. Seit-<lb/>
dem haben die auswaͤrtigen Nationen nicht aufgehoͤrt, in<lb/>
Italien zu regieren. Betrachten wir noch, wie die religioͤ-<lb/>ſen Irrungen ſich entwickelten, die mit den politiſchen ſo<lb/>
genau zuſammenhaͤngen.</p><lb/><p>Wenn der Papſt ſich darin ergab, rings um ſich her<lb/>
die Spanier maͤchtig zu ſehen, ſo hoffte er wenigſtens<lb/>
durch dieſen gewaltigen Kaiſer, den man ihm katholiſch<lb/>
und devot ſchilderte, ſeine Autoritaͤt in Deutſchland herge-<lb/>ſtellt zu ſehn. Gleich ein Artikel des Friedens von Bar-<lb/>
celona enthielt dieß. Der Kaiſer verſprach, aus allen ſei-<lb/>
nen Kraͤften die Reduction der Proteſtanten zu befoͤrdern.<lb/>
Auch ſchien er dazu entſchloſſen. Den proteſtantiſchen Ge-<lb/>ſandten, die ihn in Italien aufſuchten, gab er eine ſehr<lb/>
ungnaͤdige Antwort. An ſeine Reiſe nach Deutſchland, im<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[110/0136]
Kap. III. Politiſch-kirchliche Verwickelungen.
Seitdem war Carl maͤchtiger in Italien, als ſeit vie-
len Jahrhunderten ein anderer Kaiſer. Die Krone, die er
zu Bologna empfing, hatte einmal wieder ihre volle Be-
deutung. Mailand gehorchte ihm allmaͤhlig nicht weni-
ger als Neapel; auf Toscana hatte er eben deshalb, weil
er die Medici in Florenz hergeſtellt, ſein Lebenlang unmit-
telbaren Einfluß; die uͤbrigen ſchloſſen ſich an oder fuͤg-
ten ſich; zugleich mit den Kraͤften von Spanien und von
Deutſchland, von dem ſuͤdlichen Meer und den Alpen her,
mit ſiegreichen Waffen und den Rechten des Kaiſerthums
hielt er Italien in Unterwerfung.
Dahin fuͤhrte der Gang der italieniſchen Kriege. Seit-
dem haben die auswaͤrtigen Nationen nicht aufgehoͤrt, in
Italien zu regieren. Betrachten wir noch, wie die religioͤ-
ſen Irrungen ſich entwickelten, die mit den politiſchen ſo
genau zuſammenhaͤngen.
Wenn der Papſt ſich darin ergab, rings um ſich her
die Spanier maͤchtig zu ſehen, ſo hoffte er wenigſtens
durch dieſen gewaltigen Kaiſer, den man ihm katholiſch
und devot ſchilderte, ſeine Autoritaͤt in Deutſchland herge-
ſtellt zu ſehn. Gleich ein Artikel des Friedens von Bar-
celona enthielt dieß. Der Kaiſer verſprach, aus allen ſei-
nen Kraͤften die Reduction der Proteſtanten zu befoͤrdern.
Auch ſchien er dazu entſchloſſen. Den proteſtantiſchen Ge-
ſandten, die ihn in Italien aufſuchten, gab er eine ſehr
ungnaͤdige Antwort. An ſeine Reiſe nach Deutſchland, im
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/136>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.