Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Versuche innerer Reformen.
ben. Jetzt hat er aber so christlich mit mir geredet, daß
ich neue Hoffnung gefaßt habe, Gott werde etwas Gro-
ßes ausrichten und die Pforten der Hölle seinen Geist nicht
überwältigen lassen." 1).

Es ist leicht zu erachten, daß eine durchgreifende Ver-
besserung der Mißbräuche, an die sich so viel persönliche
Rechte und Ansprüche, so viele Gewohnheiten des Lebens
knüpften, das Schwerste von allem war, was man unter-
nehmen konnte. Indeß schien Papst Paul nach und nach
ernstlich daran gehen zu wollen.

So ernannte er Commissionen zur Ausführung der
Reformen 2), -- für Kammer, Ruota, Kanzlei und Peni-
tenziaria --; auch Giberti berief er wieder zu sich. Es er-
schienen reformatorische Bullen: zu dem allgemeinen Conci-
lium, das Papst Clemens so sehr gefürchtet und geflohen
hatte, das auch Paul III. in seinen Privatverhältnissen
manchen Anlaß finden konnte zu vermeiden, machte man
Anstalt.

Wie nun, wenn in der That die Verbesserungen
Statt fanden, der römische Hof sich reformirte, die Miß-
bräuche der Verfassung abgestellt wurden? Wenn dann
das nemliche Dogma, von welchem Luther ausgegangen,
das Prinzip einer Erneuerung im Leben und Lehre ward?
Wäre da nicht eine Aussöhnung möglich gewesen? Denn
auch die Protestanten rissen sich nur langsam und wider-
strebend von der Einheit der Kirche los.


1) Gaspar C. Contarenus Reginaldo C. Polo. Ex ostiis
Tiberinis XI. Nov. 1538. (Epp. Poli II. 142).
2) Acta consistorialia (6. Aug. 1540) bei Rainaldus Anna-
les ecclesiastici Tom. XXI, p.
146.

Verſuche innerer Reformen.
ben. Jetzt hat er aber ſo chriſtlich mit mir geredet, daß
ich neue Hoffnung gefaßt habe, Gott werde etwas Gro-
ßes ausrichten und die Pforten der Hoͤlle ſeinen Geiſt nicht
uͤberwaͤltigen laſſen.“ 1).

Es iſt leicht zu erachten, daß eine durchgreifende Ver-
beſſerung der Mißbraͤuche, an die ſich ſo viel perſoͤnliche
Rechte und Anſpruͤche, ſo viele Gewohnheiten des Lebens
knuͤpften, das Schwerſte von allem war, was man unter-
nehmen konnte. Indeß ſchien Papſt Paul nach und nach
ernſtlich daran gehen zu wollen.

So ernannte er Commiſſionen zur Ausfuͤhrung der
Reformen 2), — fuͤr Kammer, Ruota, Kanzlei und Peni-
tenziaria —; auch Giberti berief er wieder zu ſich. Es er-
ſchienen reformatoriſche Bullen: zu dem allgemeinen Conci-
lium, das Papſt Clemens ſo ſehr gefuͤrchtet und geflohen
hatte, das auch Paul III. in ſeinen Privatverhaͤltniſſen
manchen Anlaß finden konnte zu vermeiden, machte man
Anſtalt.

Wie nun, wenn in der That die Verbeſſerungen
Statt fanden, der roͤmiſche Hof ſich reformirte, die Miß-
braͤuche der Verfaſſung abgeſtellt wurden? Wenn dann
das nemliche Dogma, von welchem Luther ausgegangen,
das Prinzip einer Erneuerung im Leben und Lehre ward?
Waͤre da nicht eine Ausſoͤhnung moͤglich geweſen? Denn
auch die Proteſtanten riſſen ſich nur langſam und wider-
ſtrebend von der Einheit der Kirche los.


1) Gaspar C. Contarenus Reginaldo C. Polo. Ex ostiis
Tiberinis XI. Nov. 1538. (Epp. Poli II. 142).
2) Acta consistorialia (6. Aug. 1540) bei Rainaldus Anna-
les ecclesiastici Tom. XXI, p.
146.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0175" n="149"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ver&#x017F;uche innerer Reformen</hi>.</fw><lb/>
ben. Jetzt hat er aber &#x017F;o chri&#x017F;tlich mit mir geredet, daß<lb/>
ich neue Hoffnung gefaßt habe, Gott werde etwas Gro-<lb/>
ßes ausrichten und die Pforten der Ho&#x0364;lle &#x017F;einen Gei&#x017F;t nicht<lb/>
u&#x0364;berwa&#x0364;ltigen la&#x017F;&#x017F;en.&#x201C; <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Gaspar C. Contarenus Reginaldo C. Polo. Ex ostiis<lb/>
Tiberinis XI. Nov. 1538. (Epp. Poli II. 142).</hi></note>.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t leicht zu erachten, daß eine durchgreifende Ver-<lb/>
be&#x017F;&#x017F;erung der Mißbra&#x0364;uche, an die &#x017F;ich &#x017F;o viel per&#x017F;o&#x0364;nliche<lb/>
Rechte und An&#x017F;pru&#x0364;che, &#x017F;o viele Gewohnheiten des Lebens<lb/>
knu&#x0364;pften, das Schwer&#x017F;te von allem war, was man unter-<lb/>
nehmen konnte. Indeß &#x017F;chien Pap&#x017F;t Paul nach und nach<lb/>
ern&#x017F;tlich daran gehen zu wollen.</p><lb/>
          <p>So ernannte er Commi&#x017F;&#x017F;ionen zur Ausfu&#x0364;hrung der<lb/>
Reformen <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Acta consistorialia</hi> (6. Aug. 1540) bei Rainaldus <hi rendition="#aq">Anna-<lb/>
les ecclesiastici Tom. XXI, p.</hi> 146.</note>, &#x2014; fu&#x0364;r Kammer, Ruota, Kanzlei und Peni-<lb/>
tenziaria &#x2014;; auch Giberti berief er wieder zu &#x017F;ich. Es er-<lb/>
&#x017F;chienen reformatori&#x017F;che Bullen: zu dem allgemeinen Conci-<lb/>
lium, das Pap&#x017F;t Clemens &#x017F;o &#x017F;ehr gefu&#x0364;rchtet und geflohen<lb/>
hatte, das auch Paul <hi rendition="#aq">III.</hi> in &#x017F;einen Privatverha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en<lb/>
manchen Anlaß finden konnte zu vermeiden, machte man<lb/>
An&#x017F;talt.</p><lb/>
          <p>Wie nun, wenn in der That die Verbe&#x017F;&#x017F;erungen<lb/>
Statt fanden, der ro&#x0364;mi&#x017F;che Hof &#x017F;ich reformirte, die Miß-<lb/>
bra&#x0364;uche der Verfa&#x017F;&#x017F;ung abge&#x017F;tellt wurden? Wenn dann<lb/>
das nemliche Dogma, von welchem Luther ausgegangen,<lb/>
das Prinzip einer Erneuerung im Leben und Lehre ward?<lb/>
Wa&#x0364;re da nicht eine Aus&#x017F;o&#x0364;hnung mo&#x0364;glich gewe&#x017F;en? Denn<lb/>
auch die Prote&#x017F;tanten ri&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich nur lang&#x017F;am und wider-<lb/>
&#x017F;trebend von der Einheit der Kirche los.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0175] Verſuche innerer Reformen. ben. Jetzt hat er aber ſo chriſtlich mit mir geredet, daß ich neue Hoffnung gefaßt habe, Gott werde etwas Gro- ßes ausrichten und die Pforten der Hoͤlle ſeinen Geiſt nicht uͤberwaͤltigen laſſen.“ 1). Es iſt leicht zu erachten, daß eine durchgreifende Ver- beſſerung der Mißbraͤuche, an die ſich ſo viel perſoͤnliche Rechte und Anſpruͤche, ſo viele Gewohnheiten des Lebens knuͤpften, das Schwerſte von allem war, was man unter- nehmen konnte. Indeß ſchien Papſt Paul nach und nach ernſtlich daran gehen zu wollen. So ernannte er Commiſſionen zur Ausfuͤhrung der Reformen 2), — fuͤr Kammer, Ruota, Kanzlei und Peni- tenziaria —; auch Giberti berief er wieder zu ſich. Es er- ſchienen reformatoriſche Bullen: zu dem allgemeinen Conci- lium, das Papſt Clemens ſo ſehr gefuͤrchtet und geflohen hatte, das auch Paul III. in ſeinen Privatverhaͤltniſſen manchen Anlaß finden konnte zu vermeiden, machte man Anſtalt. Wie nun, wenn in der That die Verbeſſerungen Statt fanden, der roͤmiſche Hof ſich reformirte, die Miß- braͤuche der Verfaſſung abgeſtellt wurden? Wenn dann das nemliche Dogma, von welchem Luther ausgegangen, das Prinzip einer Erneuerung im Leben und Lehre ward? Waͤre da nicht eine Ausſoͤhnung moͤglich geweſen? Denn auch die Proteſtanten riſſen ſich nur langſam und wider- ſtrebend von der Einheit der Kirche los. 1) Gaspar C. Contarenus Reginaldo C. Polo. Ex ostiis Tiberinis XI. Nov. 1538. (Epp. Poli II. 142). 2) Acta consistorialia (6. Aug. 1540) bei Rainaldus Anna- les ecclesiastici Tom. XXI, p. 146.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/175
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/175>, abgerufen am 04.12.2024.