Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Versuche einer Aussöhnung m. d. Protestanten.
wies der Papst seinen Nunzius mit nichten an. "Sie
würden eher sterben, fürchten wir," sagt er, "als einen
solchen Widerruf leisten." Er wünscht nur, eine Hoffnung
der Aussöhnung zu sehen. Bei dem ersten Strahl dersel-
ben will er eine nicht beleidigende Formel senden, die von
weisen und würdigen Männern bereits hierzu entworfen
worden. "Wäre es doch schon dahin! Kaum dürfen wir
es erwarten" 1)!

Niemals aber war man näher bei einander, als bei
dem Regensburger Gespräch im Jahre 1541. Die politi-
schen Verhältnisse lagen ausnehmend vortheilhaft. Der
Kaiser, welcher sich der Kraft des Reiches zu einem Tür-
kenkrieg oder wider Frankreich zu bedienen hatte, wünschte
nichts dringender, als eine Aussöhnung. Er wählte die
verständigsten, gemäßigtsten Männer unter den katholischen
Theologen, Gropper und Julius Pflug, zu dem Gespräch
aus. Auf der andern Seite stand Landgraf Philipp wie-
der gut mit Oestreich; er hoffte die oberste Anführung in
dem Kriege, zu dem man sich rüstete, zu erhalten; mit
Bewunderung und Vergnügen sah ihn der Kaiser auf sei-
nem prächtigen Hengst, kräftig wie der, in Regensburg
einreiten. Der friedfertige Bucer, der beugsame Melanch-
thon erschienen von der protestantischen Seite.

Wie sehr auch der Papst einen glücklichen Erfolg

1) Instructiones pro Revmo. D. ep. Mutinensi Apostolico
Nuncio interfuturo conventui Germanorum Spirae 12 Maji 1540
celebrando. "Timendum est atque adeo certo sciendum, ista,
quae in his articulis pie et prudenter continentur, non solum
fretos salvo conductu esse eos recusaturos verum etiam ubi mors
praesens immineret, illam potius praeelecturos."

Verſuche einer Ausſoͤhnung m. d. Proteſtanten.
wies der Papſt ſeinen Nunzius mit nichten an. „Sie
wuͤrden eher ſterben, fuͤrchten wir,“ ſagt er, „als einen
ſolchen Widerruf leiſten.“ Er wuͤnſcht nur, eine Hoffnung
der Ausſoͤhnung zu ſehen. Bei dem erſten Strahl derſel-
ben will er eine nicht beleidigende Formel ſenden, die von
weiſen und wuͤrdigen Maͤnnern bereits hierzu entworfen
worden. „Waͤre es doch ſchon dahin! Kaum duͤrfen wir
es erwarten“ 1)!

Niemals aber war man naͤher bei einander, als bei
dem Regensburger Geſpraͤch im Jahre 1541. Die politi-
ſchen Verhaͤltniſſe lagen ausnehmend vortheilhaft. Der
Kaiſer, welcher ſich der Kraft des Reiches zu einem Tuͤr-
kenkrieg oder wider Frankreich zu bedienen hatte, wuͤnſchte
nichts dringender, als eine Ausſoͤhnung. Er waͤhlte die
verſtaͤndigſten, gemaͤßigtſten Maͤnner unter den katholiſchen
Theologen, Gropper und Julius Pflug, zu dem Geſpraͤch
aus. Auf der andern Seite ſtand Landgraf Philipp wie-
der gut mit Oeſtreich; er hoffte die oberſte Anfuͤhrung in
dem Kriege, zu dem man ſich ruͤſtete, zu erhalten; mit
Bewunderung und Vergnuͤgen ſah ihn der Kaiſer auf ſei-
nem praͤchtigen Hengſt, kraͤftig wie der, in Regensburg
einreiten. Der friedfertige Bucer, der beugſame Melanch-
thon erſchienen von der proteſtantiſchen Seite.

Wie ſehr auch der Papſt einen gluͤcklichen Erfolg

1) Instructiones pro Revmo. D. ep. Mutinensi Apostolico
Nuncio interfuturo conventui Germanorum Spirae 12 Maji 1540
celebrando. „Timendum est atque adeo certo sciendum, ista,
quae in his articulis pie et prudenter continentur, non solum
fretos salvo conductu esse eos recusaturos verum etiam ubi mors
praesens immineret, illam potius praeelecturos.“
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0177" n="151"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ver&#x017F;uche einer Aus&#x017F;o&#x0364;hnung m. d. Prote&#x017F;tanten</hi>.</fw><lb/>
wies der Pap&#x017F;t &#x017F;einen Nunzius mit nichten an. &#x201E;Sie<lb/>
wu&#x0364;rden eher &#x017F;terben, fu&#x0364;rchten wir,&#x201C; &#x017F;agt er, &#x201E;als einen<lb/>
&#x017F;olchen Widerruf lei&#x017F;ten.&#x201C; Er wu&#x0364;n&#x017F;cht nur, eine Hoffnung<lb/>
der Aus&#x017F;o&#x0364;hnung zu &#x017F;ehen. Bei dem er&#x017F;ten Strahl der&#x017F;el-<lb/>
ben will er eine nicht beleidigende Formel &#x017F;enden, die von<lb/>
wei&#x017F;en und wu&#x0364;rdigen Ma&#x0364;nnern bereits hierzu entworfen<lb/>
worden. &#x201E;Wa&#x0364;re es doch &#x017F;chon dahin! Kaum du&#x0364;rfen wir<lb/>
es erwarten&#x201C; <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Instructiones pro Rev<hi rendition="#sup">mo</hi>. D. ep. Mutinensi Apostolico<lb/>
Nuncio interfuturo conventui Germanorum Spirae 12 Maji 1540<lb/>
celebrando. &#x201E;Timendum est atque adeo certo sciendum, ista,<lb/>
quae in his articulis pie et prudenter continentur, non solum<lb/>
fretos salvo conductu esse eos recusaturos verum etiam ubi mors<lb/>
praesens immineret, illam potius praeelecturos.&#x201C;</hi></note>!</p><lb/>
          <p>Niemals aber war man na&#x0364;her bei einander, als bei<lb/>
dem Regensburger Ge&#x017F;pra&#x0364;ch im Jahre 1541. Die politi-<lb/>
&#x017F;chen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e lagen ausnehmend vortheilhaft. Der<lb/>
Kai&#x017F;er, welcher &#x017F;ich der Kraft des Reiches zu einem Tu&#x0364;r-<lb/>
kenkrieg oder wider Frankreich zu bedienen hatte, wu&#x0364;n&#x017F;chte<lb/>
nichts dringender, als eine Aus&#x017F;o&#x0364;hnung. Er wa&#x0364;hlte die<lb/>
ver&#x017F;ta&#x0364;ndig&#x017F;ten, gema&#x0364;ßigt&#x017F;ten Ma&#x0364;nner unter den katholi&#x017F;chen<lb/>
Theologen, Gropper und Julius Pflug, zu dem Ge&#x017F;pra&#x0364;ch<lb/>
aus. Auf der andern Seite &#x017F;tand Landgraf Philipp wie-<lb/>
der gut mit Oe&#x017F;treich; er hoffte die ober&#x017F;te Anfu&#x0364;hrung in<lb/>
dem Kriege, zu dem man &#x017F;ich ru&#x0364;&#x017F;tete, zu erhalten; mit<lb/>
Bewunderung und Vergnu&#x0364;gen &#x017F;ah ihn der Kai&#x017F;er auf &#x017F;ei-<lb/>
nem pra&#x0364;chtigen Heng&#x017F;t, kra&#x0364;ftig wie der, in Regensburg<lb/>
einreiten. Der friedfertige Bucer, der beug&#x017F;ame Melanch-<lb/>
thon er&#x017F;chienen von der prote&#x017F;tanti&#x017F;chen Seite.</p><lb/>
          <p>Wie &#x017F;ehr auch der Pap&#x017F;t einen glu&#x0364;cklichen Erfolg<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[151/0177] Verſuche einer Ausſoͤhnung m. d. Proteſtanten. wies der Papſt ſeinen Nunzius mit nichten an. „Sie wuͤrden eher ſterben, fuͤrchten wir,“ ſagt er, „als einen ſolchen Widerruf leiſten.“ Er wuͤnſcht nur, eine Hoffnung der Ausſoͤhnung zu ſehen. Bei dem erſten Strahl derſel- ben will er eine nicht beleidigende Formel ſenden, die von weiſen und wuͤrdigen Maͤnnern bereits hierzu entworfen worden. „Waͤre es doch ſchon dahin! Kaum duͤrfen wir es erwarten“ 1)! Niemals aber war man naͤher bei einander, als bei dem Regensburger Geſpraͤch im Jahre 1541. Die politi- ſchen Verhaͤltniſſe lagen ausnehmend vortheilhaft. Der Kaiſer, welcher ſich der Kraft des Reiches zu einem Tuͤr- kenkrieg oder wider Frankreich zu bedienen hatte, wuͤnſchte nichts dringender, als eine Ausſoͤhnung. Er waͤhlte die verſtaͤndigſten, gemaͤßigtſten Maͤnner unter den katholiſchen Theologen, Gropper und Julius Pflug, zu dem Geſpraͤch aus. Auf der andern Seite ſtand Landgraf Philipp wie- der gut mit Oeſtreich; er hoffte die oberſte Anfuͤhrung in dem Kriege, zu dem man ſich ruͤſtete, zu erhalten; mit Bewunderung und Vergnuͤgen ſah ihn der Kaiſer auf ſei- nem praͤchtigen Hengſt, kraͤftig wie der, in Regensburg einreiten. Der friedfertige Bucer, der beugſame Melanch- thon erſchienen von der proteſtantiſchen Seite. Wie ſehr auch der Papſt einen gluͤcklichen Erfolg 1) Instructiones pro Revmo. D. ep. Mutinensi Apostolico Nuncio interfuturo conventui Germanorum Spirae 12 Maji 1540 celebrando. „Timendum est atque adeo certo sciendum, ista, quae in his articulis pie et prudenter continentur, non solum fretos salvo conductu esse eos recusaturos verum etiam ubi mors praesens immineret, illam potius praeelecturos.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/177
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/177>, abgerufen am 04.12.2024.