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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Erste Sitzungen d. tridentinischen Conciliums.
ten völlig zerfallen war, und sich zum Kriege gegen sie
vorbereitete. Da er die Hülfe des Papstes brauchte, konnte
er die Ansprüche nicht geltend machen, die er sonst auf ein
Concilium gründen zu wollen schien. Der Krieg mußte
ihn vollauf beschäftigen: bei der Macht der Protestanten
ließ sich nicht absehen, in welche Verwickelungen er dabei
gerathen würde: um so weniger konnte er dann auf die
Reform dringen, mit welcher er bisher dem päpstlichen
Stuhle gedroht. Auch übrigens wußte ihm der Papst zu-
nächst den Weg dazu abzuschneiden. Der Kaiser forderte,
das Concilium solle mit der Reform beginnen: die päpst-
lichen Legaten setzten den Beschluß durch, es solle zugleich
über Reform und Dogmen gehandelt werden 1): in der
That aber nahm man zuerst nur die Dogmen vor.

Indem der Papst zu entfernen wußte, was ihm hätte
schädlich werden können, ergriff er dasjenige, woran ihm
selber gelegen war. Die Feststellung der bezweifelten Lehr-
sätze hatte für ihn, wie angedeutet, die größte Wichtigkeit.
Es kam darauf an, ob von jenen zu dem protestantischen
System hinneigenden Ansichten sich eine oder die andere
innerhalb des katholischen Lehrbegriffs zu halten vermögen
würde.

Contarini zwar war bereits gestorben, doch war Poole
zugegen, und es gab in dieser Versammlung noch andere

1) Eine Auskunft, welche Thom. Campeggi vorschlug. Pallavi-
cini VI, VII, 5.
Uebrigens war eine Reformationsbulle von allem
Anfang entworfen, doch ist sie nicht publicirt worden. Bulla refor-
mationis Pauli Papae III. concepta non vulgata, primum edidit
H. N. Clausen. Havn.
1829.

Erſte Sitzungen d. tridentiniſchen Conciliums.
ten voͤllig zerfallen war, und ſich zum Kriege gegen ſie
vorbereitete. Da er die Huͤlfe des Papſtes brauchte, konnte
er die Anſpruͤche nicht geltend machen, die er ſonſt auf ein
Concilium gruͤnden zu wollen ſchien. Der Krieg mußte
ihn vollauf beſchaͤftigen: bei der Macht der Proteſtanten
ließ ſich nicht abſehen, in welche Verwickelungen er dabei
gerathen wuͤrde: um ſo weniger konnte er dann auf die
Reform dringen, mit welcher er bisher dem paͤpſtlichen
Stuhle gedroht. Auch uͤbrigens wußte ihm der Papſt zu-
naͤchſt den Weg dazu abzuſchneiden. Der Kaiſer forderte,
das Concilium ſolle mit der Reform beginnen: die paͤpſt-
lichen Legaten ſetzten den Beſchluß durch, es ſolle zugleich
uͤber Reform und Dogmen gehandelt werden 1): in der
That aber nahm man zuerſt nur die Dogmen vor.

Indem der Papſt zu entfernen wußte, was ihm haͤtte
ſchaͤdlich werden koͤnnen, ergriff er dasjenige, woran ihm
ſelber gelegen war. Die Feſtſtellung der bezweifelten Lehr-
ſaͤtze hatte fuͤr ihn, wie angedeutet, die groͤßte Wichtigkeit.
Es kam darauf an, ob von jenen zu dem proteſtantiſchen
Syſtem hinneigenden Anſichten ſich eine oder die andere
innerhalb des katholiſchen Lehrbegriffs zu halten vermoͤgen
wuͤrde.

Contarini zwar war bereits geſtorben, doch war Poole
zugegen, und es gab in dieſer Verſammlung noch andere

1) Eine Auskunft, welche Thom. Campeggi vorſchlug. Pallavi-
cini VI, VII, 5.
Uebrigens war eine Reformationsbulle von allem
Anfang entworfen, doch iſt ſie nicht publicirt worden. Bulla refor-
mationis Pauli Papae III. concepta non vulgata, primum edidit
H. N. Clausen. Havn.
1829.
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[197/0223] Erſte Sitzungen d. tridentiniſchen Conciliums. ten voͤllig zerfallen war, und ſich zum Kriege gegen ſie vorbereitete. Da er die Huͤlfe des Papſtes brauchte, konnte er die Anſpruͤche nicht geltend machen, die er ſonſt auf ein Concilium gruͤnden zu wollen ſchien. Der Krieg mußte ihn vollauf beſchaͤftigen: bei der Macht der Proteſtanten ließ ſich nicht abſehen, in welche Verwickelungen er dabei gerathen wuͤrde: um ſo weniger konnte er dann auf die Reform dringen, mit welcher er bisher dem paͤpſtlichen Stuhle gedroht. Auch uͤbrigens wußte ihm der Papſt zu- naͤchſt den Weg dazu abzuſchneiden. Der Kaiſer forderte, das Concilium ſolle mit der Reform beginnen: die paͤpſt- lichen Legaten ſetzten den Beſchluß durch, es ſolle zugleich uͤber Reform und Dogmen gehandelt werden 1): in der That aber nahm man zuerſt nur die Dogmen vor. Indem der Papſt zu entfernen wußte, was ihm haͤtte ſchaͤdlich werden koͤnnen, ergriff er dasjenige, woran ihm ſelber gelegen war. Die Feſtſtellung der bezweifelten Lehr- ſaͤtze hatte fuͤr ihn, wie angedeutet, die groͤßte Wichtigkeit. Es kam darauf an, ob von jenen zu dem proteſtantiſchen Syſtem hinneigenden Anſichten ſich eine oder die andere innerhalb des katholiſchen Lehrbegriffs zu halten vermoͤgen wuͤrde. Contarini zwar war bereits geſtorben, doch war Poole zugegen, und es gab in dieſer Verſammlung noch andere 1) Eine Auskunft, welche Thom. Campeggi vorſchlug. Pallavi- cini VI, VII, 5. Uebrigens war eine Reformationsbulle von allem Anfang entworfen, doch iſt ſie nicht publicirt worden. Bulla refor- mationis Pauli Papae III. concepta non vulgata, primum edidit H. N. Clausen. Havn. 1829.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/223>, abgerufen am 24.11.2024.