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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Paul IV.
ßigen Soldatenleben gefallen 1), -- Paul IV. sagt selbst,
sein Arm sey bis an den Elbogen in Blut getaucht -- er-
hob er zum Cardinal. Carl hatte Mittel gefunden, den
schwachen Alten zu begütigen: er hatte sich zuweilen be-
tend und in anscheinender Zerknirschung vor dem Crucifix
finden lassen 2). Die Hauptsache aber war, daß sie sich
Beide in dem nemlichen Hasse begegneten. Carl Caraffa,
der dem Kaiser in Deutschland Kriegsdienste gethan, be-
klagte sich, daß ihm dieser dafür lauter Ungnade erweise.
Daß man ihm einen Gefangenen entrissen, von dem er ein
starkes Lösegeld erwartete, und ein Priorat der Maltheser,
das ihm ertheilt worden, nicht hatte antreten lassen, er-
füllte ihn mit Haß und Rachbegier. Diese Leidenschaft
war dem Papste statt aller Tugenden. Er fand kein Ende
ihn zu loben; er versicherte, nie habe der römische Stuhl
einen fähigeren Diener gehabt; er übertrug ihm die Summe
nicht allein der weltlichen, sondern sogar der geistlichen
Geschäfte, und sah es gern, wenn man ihn als den Ur-
heber der Gunstbezeugungen, die man empfing, betrachtete.

Seine beiden andern Nepoten würdigte der Papst
lange keines gnädigen Blickes. Erst als auch sie sich zu
der antispanischen Gesinnung des Oheims bekannten, schenkte
er ihnen sein Wohlwollen 3). Niemals hätte man erwar-
tet was er that. Er erklärte, den Colonnesen, steten Re-

1) Babon b. Ribier II, 745. Villars p. 255.
2) Bromato.
3) Extractus Processus Cardinalis Caraffae. Similiter dux
Palliani deponit, quod donec se declaravit contra imperiales,
Papa eum nunquam vidit grato vultu et bono oculo.

Paul IV.
ßigen Soldatenleben gefallen 1), — Paul IV. ſagt ſelbſt,
ſein Arm ſey bis an den Elbogen in Blut getaucht — er-
hob er zum Cardinal. Carl hatte Mittel gefunden, den
ſchwachen Alten zu beguͤtigen: er hatte ſich zuweilen be-
tend und in anſcheinender Zerknirſchung vor dem Crucifix
finden laſſen 2). Die Hauptſache aber war, daß ſie ſich
Beide in dem nemlichen Haſſe begegneten. Carl Caraffa,
der dem Kaiſer in Deutſchland Kriegsdienſte gethan, be-
klagte ſich, daß ihm dieſer dafuͤr lauter Ungnade erweiſe.
Daß man ihm einen Gefangenen entriſſen, von dem er ein
ſtarkes Loͤſegeld erwartete, und ein Priorat der Maltheſer,
das ihm ertheilt worden, nicht hatte antreten laſſen, er-
fuͤllte ihn mit Haß und Rachbegier. Dieſe Leidenſchaft
war dem Papſte ſtatt aller Tugenden. Er fand kein Ende
ihn zu loben; er verſicherte, nie habe der roͤmiſche Stuhl
einen faͤhigeren Diener gehabt; er uͤbertrug ihm die Summe
nicht allein der weltlichen, ſondern ſogar der geiſtlichen
Geſchaͤfte, und ſah es gern, wenn man ihn als den Ur-
heber der Gunſtbezeugungen, die man empfing, betrachtete.

Seine beiden andern Nepoten wuͤrdigte der Papſt
lange keines gnaͤdigen Blickes. Erſt als auch ſie ſich zu
der antiſpaniſchen Geſinnung des Oheims bekannten, ſchenkte
er ihnen ſein Wohlwollen 3). Niemals haͤtte man erwar-
tet was er that. Er erklaͤrte, den Colonneſen, ſteten Re-

1) Babon b. Ribier II, 745. Villars p. 255.
2) Bromato.
3) Extractus Processus Cardinalis Caraffae. Similiter dux
Palliani deponit, quod donec se declaravit contra imperiales,
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[287/0313] Paul IV. ßigen Soldatenleben gefallen 1), — Paul IV. ſagt ſelbſt, ſein Arm ſey bis an den Elbogen in Blut getaucht — er- hob er zum Cardinal. Carl hatte Mittel gefunden, den ſchwachen Alten zu beguͤtigen: er hatte ſich zuweilen be- tend und in anſcheinender Zerknirſchung vor dem Crucifix finden laſſen 2). Die Hauptſache aber war, daß ſie ſich Beide in dem nemlichen Haſſe begegneten. Carl Caraffa, der dem Kaiſer in Deutſchland Kriegsdienſte gethan, be- klagte ſich, daß ihm dieſer dafuͤr lauter Ungnade erweiſe. Daß man ihm einen Gefangenen entriſſen, von dem er ein ſtarkes Loͤſegeld erwartete, und ein Priorat der Maltheſer, das ihm ertheilt worden, nicht hatte antreten laſſen, er- fuͤllte ihn mit Haß und Rachbegier. Dieſe Leidenſchaft war dem Papſte ſtatt aller Tugenden. Er fand kein Ende ihn zu loben; er verſicherte, nie habe der roͤmiſche Stuhl einen faͤhigeren Diener gehabt; er uͤbertrug ihm die Summe nicht allein der weltlichen, ſondern ſogar der geiſtlichen Geſchaͤfte, und ſah es gern, wenn man ihn als den Ur- heber der Gunſtbezeugungen, die man empfing, betrachtete. Seine beiden andern Nepoten wuͤrdigte der Papſt lange keines gnaͤdigen Blickes. Erſt als auch ſie ſich zu der antiſpaniſchen Geſinnung des Oheims bekannten, ſchenkte er ihnen ſein Wohlwollen 3). Niemals haͤtte man erwar- tet was er that. Er erklaͤrte, den Colonneſen, ſteten Re- 1) Babon b. Ribier II, 745. Villars p. 255. 2) Bromato. 3) Extractus Processus Cardinalis Caraffae. Similiter dux Palliani deponit, quod donec se declaravit contra imperiales, Papa eum nunquam vidit grato vultu et bono oculo.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/313>, abgerufen am 01.06.2024.