Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Paul IV. hatte in Person Musterung über sie gehalten. Von Cam-pofiore kamen sie, die Engelsburg, die sie mit ihrem Ge- schütz begrüßte, vorüber, nach dem Petersplatz, wo er mit seinem Neffen an einem Fenster stand. Es waren 340 Reihen mit Hakenbüchsen, 250 mit Piken bewaffnet, jede 9 Mann hoch, stattlich anzusehen, unter lauter adligen Anführern; wenn Caporionen und Fahnenträger bis vor ihn gekommen, gab er ihnen seinen Segen 1). Das nahm sich alles wohl gut aus, aber zur Vertheidigung der Stadt waren diese Leute nicht geeignet. Nachdem die Spanier so nahe herbeigerückt, war ein falsches Gerücht, ein kleiner Reitertrupp hinreichend, alles in solche Verwirrung zu setzen, daß sich Niemand mehr bei den Fahnen einfand. Der Papst mußte sich nach anderer Hülfe umsehen. Pietro Strozzi führte ihm endlich die Truppen zu, die vor Siena gedient: er eroberte Tivoli und Ostia in der That wieder und entfernte die nächste Gefahr. Welch ein Krieg aber war dieß! Es ist zuweilen als träten die Ideen, welche die Dinge Alba hätte im Anfang Rom ohne viel Schwierigkeit 1) Diario di Cola Calleine Romano del rione di Traste- vere dall' anno 1521 sino all' anno 1562. Ms. 19
Paul IV. hatte in Perſon Muſterung uͤber ſie gehalten. Von Cam-pofiore kamen ſie, die Engelsburg, die ſie mit ihrem Ge- ſchuͤtz begruͤßte, voruͤber, nach dem Petersplatz, wo er mit ſeinem Neffen an einem Fenſter ſtand. Es waren 340 Reihen mit Hakenbuͤchſen, 250 mit Piken bewaffnet, jede 9 Mann hoch, ſtattlich anzuſehen, unter lauter adligen Anfuͤhrern; wenn Caporionen und Fahnentraͤger bis vor ihn gekommen, gab er ihnen ſeinen Segen 1). Das nahm ſich alles wohl gut aus, aber zur Vertheidigung der Stadt waren dieſe Leute nicht geeignet. Nachdem die Spanier ſo nahe herbeigeruͤckt, war ein falſches Geruͤcht, ein kleiner Reitertrupp hinreichend, alles in ſolche Verwirrung zu ſetzen, daß ſich Niemand mehr bei den Fahnen einfand. Der Papſt mußte ſich nach anderer Huͤlfe umſehen. Pietro Strozzi fuͤhrte ihm endlich die Truppen zu, die vor Siena gedient: er eroberte Tivoli und Oſtia in der That wieder und entfernte die naͤchſte Gefahr. Welch ein Krieg aber war dieß! Es iſt zuweilen als traͤten die Ideen, welche die Dinge Alba haͤtte im Anfang Rom ohne viel Schwierigkeit 1) Diario di Cola Calleine Romano del rione di Traste- vere dall’ anno 1521 sino all’ anno 1562. Ms. 19
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0315" n="289"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Paul</hi><hi rendition="#aq">IV.</hi></fw><lb/> hatte in Perſon Muſterung uͤber ſie gehalten. Von Cam-<lb/> pofiore kamen ſie, die Engelsburg, die ſie mit ihrem Ge-<lb/> ſchuͤtz begruͤßte, voruͤber, nach dem Petersplatz, wo er<lb/> mit ſeinem Neffen an einem Fenſter ſtand. Es waren 340<lb/> Reihen mit Hakenbuͤchſen, 250 mit Piken bewaffnet, jede<lb/> 9 Mann hoch, ſtattlich anzuſehen, unter lauter adligen<lb/> Anfuͤhrern; wenn Caporionen und Fahnentraͤger bis vor<lb/> ihn gekommen, gab er ihnen ſeinen Segen <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Diario di Cola Calleine Romano del rione di Traste-<lb/> vere dall’ anno 1521 sino all’ anno 1562. Ms.</hi></note>. Das nahm<lb/> ſich alles wohl gut aus, aber zur Vertheidigung der Stadt<lb/> waren dieſe Leute nicht geeignet. Nachdem die Spanier ſo<lb/> nahe herbeigeruͤckt, war ein falſches Geruͤcht, ein kleiner<lb/> Reitertrupp hinreichend, alles in ſolche Verwirrung zu<lb/> ſetzen, daß ſich Niemand mehr bei den Fahnen einfand.<lb/> Der Papſt mußte ſich nach anderer Huͤlfe umſehen. Pietro<lb/> Strozzi fuͤhrte ihm endlich die Truppen zu, die vor Siena<lb/> gedient: er eroberte Tivoli und Oſtia in der That wieder<lb/> und entfernte die naͤchſte Gefahr.</p><lb/> <p>Welch ein Krieg aber war dieß!</p><lb/> <p>Es iſt zuweilen als traͤten die Ideen, welche die Dinge<lb/> bewegen, die geheimen Grundlagen des Lebens einander<lb/> ſichtbar gegenuͤber.</p><lb/> <p>Alba haͤtte im Anfang Rom ohne viel Schwierigkeit<lb/> erobern koͤnnen; allein ſein Oheim, Cardinal Giacomo, er-<lb/> innerte ihn an das ſchlechte Ende, das Alle genommen,<lb/> die an der bourboniſchen Eroberung Theil gehabt. Als ein<lb/> guter Katholik fuͤhrte Alba den Krieg mit aͤußerſter Zuruͤck-<lb/> haltung: er bekaͤmpfte den Papſt, aber ohne aufzuhoͤren,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">19</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [289/0315]
Paul IV.
hatte in Perſon Muſterung uͤber ſie gehalten. Von Cam-
pofiore kamen ſie, die Engelsburg, die ſie mit ihrem Ge-
ſchuͤtz begruͤßte, voruͤber, nach dem Petersplatz, wo er
mit ſeinem Neffen an einem Fenſter ſtand. Es waren 340
Reihen mit Hakenbuͤchſen, 250 mit Piken bewaffnet, jede
9 Mann hoch, ſtattlich anzuſehen, unter lauter adligen
Anfuͤhrern; wenn Caporionen und Fahnentraͤger bis vor
ihn gekommen, gab er ihnen ſeinen Segen 1). Das nahm
ſich alles wohl gut aus, aber zur Vertheidigung der Stadt
waren dieſe Leute nicht geeignet. Nachdem die Spanier ſo
nahe herbeigeruͤckt, war ein falſches Geruͤcht, ein kleiner
Reitertrupp hinreichend, alles in ſolche Verwirrung zu
ſetzen, daß ſich Niemand mehr bei den Fahnen einfand.
Der Papſt mußte ſich nach anderer Huͤlfe umſehen. Pietro
Strozzi fuͤhrte ihm endlich die Truppen zu, die vor Siena
gedient: er eroberte Tivoli und Oſtia in der That wieder
und entfernte die naͤchſte Gefahr.
Welch ein Krieg aber war dieß!
Es iſt zuweilen als traͤten die Ideen, welche die Dinge
bewegen, die geheimen Grundlagen des Lebens einander
ſichtbar gegenuͤber.
Alba haͤtte im Anfang Rom ohne viel Schwierigkeit
erobern koͤnnen; allein ſein Oheim, Cardinal Giacomo, er-
innerte ihn an das ſchlechte Ende, das Alle genommen,
die an der bourboniſchen Eroberung Theil gehabt. Als ein
guter Katholik fuͤhrte Alba den Krieg mit aͤußerſter Zuruͤck-
haltung: er bekaͤmpfte den Papſt, aber ohne aufzuhoͤren,
1) Diario di Cola Calleine Romano del rione di Traste-
vere dall’ anno 1521 sino all’ anno 1562. Ms.
19
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |