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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Pius IV.
gieren: die wichtigen Geschäfte entschied er nur nach eige-
nem Ermessen: an ihm tadelte man eher, daß er sich zu
wenig nach fremdem Beistand umsehe. Dazu kam, daß von
seinen Neffen derjenige, welchen er zu befördern hätte in
Versuchung kommen können, Friedrich Borromeo, in frühen
Jahren hinstarb. Der andere, Carl Borromeo, war kein
Mann für weltliche Erhebung: er hätte sie niemals ange-
nommen. Carl Borromeo sah seine Stellung zu dem Papst,
das Verhältniß in das er hierdurch zu den wichtigsten
Geschäften kam, nicht mehr als ein Recht an, sich etwas
zu erlauben, sondern als eine Pflicht, der er sich mit aller
Sorgfalt zu widmen habe. Mit eben so viel Bescheiden-
heit als Ausdauer that er dieß; er gab seine Audienzen
unermüdlich: sorgfältig widmete er sich der Verwaltung des
Staates; er ist dadurch für dieselbe wichtig, daß er sich
ein Collegium von acht Doctoren bildete, aus dem später
die Consulta geworden ist: dann assistirte er dem Papst.
Es ist derselbe, den man später heilig gesprochen. Gleich
damals zeigte er sich edel und unbescholten. "Man weiß
nicht anders," sagt Hieronymo Soranzo von ihm, "als
daß er rein von jedem Flecken ist; er lebt so religiös und
giebt ein so gutes Beispiel, daß er den Besten nichts zu
wünschen übrig läßt. Zu großem Lobe gereicht es ihm, daß
er in der Blüthe der Jahre, Nepote eines Papstes und im
vollkommenen Besitze der Gunst desselben, an einem Hofe,
wo er sich jede Art von Vergnügen verschaffen könnte, ein
so exemplarisches Leben führt." Seine Erholung war, Abends
einige Gelehrte bei sich zu sehen. Die Unterhaltung fing
mit profaner Literatur an, aber von Epiktet und den Stoi-

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Pius IV.
gieren: die wichtigen Geſchaͤfte entſchied er nur nach eige-
nem Ermeſſen: an ihm tadelte man eher, daß er ſich zu
wenig nach fremdem Beiſtand umſehe. Dazu kam, daß von
ſeinen Neffen derjenige, welchen er zu befoͤrdern haͤtte in
Verſuchung kommen koͤnnen, Friedrich Borromeo, in fruͤhen
Jahren hinſtarb. Der andere, Carl Borromeo, war kein
Mann fuͤr weltliche Erhebung: er haͤtte ſie niemals ange-
nommen. Carl Borromeo ſah ſeine Stellung zu dem Papſt,
das Verhaͤltniß in das er hierdurch zu den wichtigſten
Geſchaͤften kam, nicht mehr als ein Recht an, ſich etwas
zu erlauben, ſondern als eine Pflicht, der er ſich mit aller
Sorgfalt zu widmen habe. Mit eben ſo viel Beſcheiden-
heit als Ausdauer that er dieß; er gab ſeine Audienzen
unermuͤdlich: ſorgfaͤltig widmete er ſich der Verwaltung des
Staates; er iſt dadurch fuͤr dieſelbe wichtig, daß er ſich
ein Collegium von acht Doctoren bildete, aus dem ſpaͤter
die Conſulta geworden iſt: dann aſſiſtirte er dem Papſt.
Es iſt derſelbe, den man ſpaͤter heilig geſprochen. Gleich
damals zeigte er ſich edel und unbeſcholten. „Man weiß
nicht anders,“ ſagt Hieronymo Soranzo von ihm, „als
daß er rein von jedem Flecken iſt; er lebt ſo religioͤs und
giebt ein ſo gutes Beiſpiel, daß er den Beſten nichts zu
wuͤnſchen uͤbrig laͤßt. Zu großem Lobe gereicht es ihm, daß
er in der Bluͤthe der Jahre, Nepote eines Papſtes und im
vollkommenen Beſitze der Gunſt deſſelben, an einem Hofe,
wo er ſich jede Art von Vergnuͤgen verſchaffen koͤnnte, ein
ſo exemplariſches Leben fuͤhrt.“ Seine Erholung war, Abends
einige Gelehrte bei ſich zu ſehen. Die Unterhaltung fing
mit profaner Literatur an, aber von Epiktet und den Stoi-

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[321/0347] Pius IV. gieren: die wichtigen Geſchaͤfte entſchied er nur nach eige- nem Ermeſſen: an ihm tadelte man eher, daß er ſich zu wenig nach fremdem Beiſtand umſehe. Dazu kam, daß von ſeinen Neffen derjenige, welchen er zu befoͤrdern haͤtte in Verſuchung kommen koͤnnen, Friedrich Borromeo, in fruͤhen Jahren hinſtarb. Der andere, Carl Borromeo, war kein Mann fuͤr weltliche Erhebung: er haͤtte ſie niemals ange- nommen. Carl Borromeo ſah ſeine Stellung zu dem Papſt, das Verhaͤltniß in das er hierdurch zu den wichtigſten Geſchaͤften kam, nicht mehr als ein Recht an, ſich etwas zu erlauben, ſondern als eine Pflicht, der er ſich mit aller Sorgfalt zu widmen habe. Mit eben ſo viel Beſcheiden- heit als Ausdauer that er dieß; er gab ſeine Audienzen unermuͤdlich: ſorgfaͤltig widmete er ſich der Verwaltung des Staates; er iſt dadurch fuͤr dieſelbe wichtig, daß er ſich ein Collegium von acht Doctoren bildete, aus dem ſpaͤter die Conſulta geworden iſt: dann aſſiſtirte er dem Papſt. Es iſt derſelbe, den man ſpaͤter heilig geſprochen. Gleich damals zeigte er ſich edel und unbeſcholten. „Man weiß nicht anders,“ ſagt Hieronymo Soranzo von ihm, „als daß er rein von jedem Flecken iſt; er lebt ſo religioͤs und giebt ein ſo gutes Beiſpiel, daß er den Beſten nichts zu wuͤnſchen uͤbrig laͤßt. Zu großem Lobe gereicht es ihm, daß er in der Bluͤthe der Jahre, Nepote eines Papſtes und im vollkommenen Beſitze der Gunſt deſſelben, an einem Hofe, wo er ſich jede Art von Vergnuͤgen verſchaffen koͤnnte, ein ſo exemplariſches Leben fuͤhrt.“ Seine Erholung war, Abends einige Gelehrte bei ſich zu ſehen. Die Unterhaltung fing mit profaner Literatur an, aber von Epiktet und den Stoi- 21

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/347>, abgerufen am 24.11.2024.