Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch III. Die Päpste um d. Mitte d. 16. Jahrh.
so eben in England ins Werk. Indem der Papst erklärte,
das neue Concilium sey nur eine Fortsetzung des früheren,
und die Stimmen, die sich hiewider erhoben, endlich zum
Schweigen brachte, gab er alle Hoffnung hiezu selber auf.
Wie sollten die freien Protestanten sich an ein Concilium
anschließen, durch dessen frühere Beschlüsse die wichtigsten
Artikel ihres Glaubens bereits verdammt worden 1)? Hier-
durch ward von vorn herein die Wirksamkeit des Conciliums
auf den so unendlich verengten Umkreis der katholischen Na-
tionen beschränkt. Seine Absicht konnte hauptsächlich nur
dahin gehen, die zwischen diesen und der höchsten kirchli-
chen Gewalt hervorgetretenen Entzweiungen beizulegen, das
Dogma in einigen noch nicht bestimmten Punkten weiter
zu bilden, vor allem die angefangene innere Reform zu
vollenden, und allgemein gültige disciplinarische Vorschrif-
ten zu geben.

Allein auch dieß zeigte sich überaus schwer; unter den
versammelten Vätern traten gar bald die lebhaftesten Strei-
tigkeiten ein.

Die Spanier brachten die Frage in Anregung, ob die
Residenz der Bischöfe in ihren Diöcesen göttlichen Rechts
sey, oder auf menschlicher Anordnung beruhe. Es könnte
dieß ein müßiger Streit zu seyn scheinen, da man von al-

1) Der Hauptgrund der Recusationsschrift der Protestanten:
Causae cur electores principes aliique Augustanae confessioni ad-
juncti status recusent adire concilium. Le Plat IV. p.
57. Sie
bemerken gleich in der ersten Ankündigung die bedenklichen Worte:
"omni suspensione sublata." Sie erinnern an die Verdammung,
die ihre Grundsätze früherhin erfahren haben, und führen weitläuf-
tig aus, "quae mala sub ea confirmatione lateant."

Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh.
ſo eben in England ins Werk. Indem der Papſt erklaͤrte,
das neue Concilium ſey nur eine Fortſetzung des fruͤheren,
und die Stimmen, die ſich hiewider erhoben, endlich zum
Schweigen brachte, gab er alle Hoffnung hiezu ſelber auf.
Wie ſollten die freien Proteſtanten ſich an ein Concilium
anſchließen, durch deſſen fruͤhere Beſchluͤſſe die wichtigſten
Artikel ihres Glaubens bereits verdammt worden 1)? Hier-
durch ward von vorn herein die Wirkſamkeit des Conciliums
auf den ſo unendlich verengten Umkreis der katholiſchen Na-
tionen beſchraͤnkt. Seine Abſicht konnte hauptſaͤchlich nur
dahin gehen, die zwiſchen dieſen und der hoͤchſten kirchli-
chen Gewalt hervorgetretenen Entzweiungen beizulegen, das
Dogma in einigen noch nicht beſtimmten Punkten weiter
zu bilden, vor allem die angefangene innere Reform zu
vollenden, und allgemein guͤltige disciplinariſche Vorſchrif-
ten zu geben.

Allein auch dieß zeigte ſich uͤberaus ſchwer; unter den
verſammelten Vaͤtern traten gar bald die lebhafteſten Strei-
tigkeiten ein.

Die Spanier brachten die Frage in Anregung, ob die
Reſidenz der Biſchoͤfe in ihren Dioͤceſen goͤttlichen Rechts
ſey, oder auf menſchlicher Anordnung beruhe. Es koͤnnte
dieß ein muͤßiger Streit zu ſeyn ſcheinen, da man von al-

1) Der Hauptgrund der Recuſationsſchrift der Proteſtanten:
Causae cur electores principes aliique Augustanae confessioni ad-
juncti status recusent adire concilium. Le Plat IV. p.
57. Sie
bemerken gleich in der erſten Ankuͤndigung die bedenklichen Worte:
„omni suspensione sublata.“ Sie erinnern an die Verdammung,
die ihre Grundſaͤtze fruͤherhin erfahren haben, und fuͤhren weitlaͤuf-
tig aus, „quae mala sub ea confirmatione lateant.“
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0352" n="326"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#g">Die Pa&#x0364;p&#x017F;te um d. Mitte d. 16. Jahrh</hi>.</fw><lb/>
&#x017F;o eben in England ins Werk. Indem der Pap&#x017F;t erkla&#x0364;rte,<lb/>
das neue Concilium &#x017F;ey nur eine Fort&#x017F;etzung des fru&#x0364;heren,<lb/>
und die Stimmen, die &#x017F;ich hiewider erhoben, endlich zum<lb/>
Schweigen brachte, gab er alle Hoffnung hiezu &#x017F;elber auf.<lb/>
Wie &#x017F;ollten die freien Prote&#x017F;tanten &#x017F;ich an ein Concilium<lb/>
an&#x017F;chließen, durch de&#x017F;&#x017F;en fru&#x0364;here Be&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e die wichtig&#x017F;ten<lb/>
Artikel ihres Glaubens bereits verdammt worden <note place="foot" n="1)">Der Hauptgrund der Recu&#x017F;ations&#x017F;chrift der Prote&#x017F;tanten:<lb/><hi rendition="#aq">Causae cur electores principes aliique Augustanae confessioni ad-<lb/>
juncti status recusent adire concilium. Le Plat IV. p.</hi> 57. Sie<lb/>
bemerken gleich in der er&#x017F;ten Anku&#x0364;ndigung die bedenklichen Worte:<lb/><hi rendition="#aq">&#x201E;omni suspensione sublata.&#x201C;</hi> Sie erinnern an die Verdammung,<lb/>
die ihre Grund&#x017F;a&#x0364;tze fru&#x0364;herhin erfahren haben, und fu&#x0364;hren weitla&#x0364;uf-<lb/>
tig aus, <hi rendition="#aq">&#x201E;quae mala sub ea confirmatione lateant.&#x201C;</hi></note>? Hier-<lb/>
durch ward von vorn herein die Wirk&#x017F;amkeit des Conciliums<lb/>
auf den &#x017F;o unendlich verengten Umkreis der katholi&#x017F;chen Na-<lb/>
tionen be&#x017F;chra&#x0364;nkt. Seine Ab&#x017F;icht konnte haupt&#x017F;a&#x0364;chlich nur<lb/>
dahin gehen, die zwi&#x017F;chen die&#x017F;en und der ho&#x0364;ch&#x017F;ten kirchli-<lb/>
chen Gewalt hervorgetretenen Entzweiungen beizulegen, das<lb/>
Dogma in einigen noch nicht be&#x017F;timmten Punkten weiter<lb/>
zu bilden, vor allem die angefangene innere Reform zu<lb/>
vollenden, und allgemein gu&#x0364;ltige disciplinari&#x017F;che Vor&#x017F;chrif-<lb/>
ten zu geben.</p><lb/>
            <p>Allein auch dieß zeigte &#x017F;ich u&#x0364;beraus &#x017F;chwer; unter den<lb/>
ver&#x017F;ammelten Va&#x0364;tern traten gar bald die lebhafte&#x017F;ten Strei-<lb/>
tigkeiten ein.</p><lb/>
            <p>Die Spanier brachten die Frage in Anregung, ob die<lb/>
Re&#x017F;idenz der Bi&#x017F;cho&#x0364;fe in ihren Dio&#x0364;ce&#x017F;en go&#x0364;ttlichen Rechts<lb/>
&#x017F;ey, oder auf men&#x017F;chlicher Anordnung beruhe. Es ko&#x0364;nnte<lb/>
dieß ein mu&#x0364;ßiger Streit zu &#x017F;eyn &#x017F;cheinen, da man von al-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[326/0352] Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh. ſo eben in England ins Werk. Indem der Papſt erklaͤrte, das neue Concilium ſey nur eine Fortſetzung des fruͤheren, und die Stimmen, die ſich hiewider erhoben, endlich zum Schweigen brachte, gab er alle Hoffnung hiezu ſelber auf. Wie ſollten die freien Proteſtanten ſich an ein Concilium anſchließen, durch deſſen fruͤhere Beſchluͤſſe die wichtigſten Artikel ihres Glaubens bereits verdammt worden 1)? Hier- durch ward von vorn herein die Wirkſamkeit des Conciliums auf den ſo unendlich verengten Umkreis der katholiſchen Na- tionen beſchraͤnkt. Seine Abſicht konnte hauptſaͤchlich nur dahin gehen, die zwiſchen dieſen und der hoͤchſten kirchli- chen Gewalt hervorgetretenen Entzweiungen beizulegen, das Dogma in einigen noch nicht beſtimmten Punkten weiter zu bilden, vor allem die angefangene innere Reform zu vollenden, und allgemein guͤltige disciplinariſche Vorſchrif- ten zu geben. Allein auch dieß zeigte ſich uͤberaus ſchwer; unter den verſammelten Vaͤtern traten gar bald die lebhafteſten Strei- tigkeiten ein. Die Spanier brachten die Frage in Anregung, ob die Reſidenz der Biſchoͤfe in ihren Dioͤceſen goͤttlichen Rechts ſey, oder auf menſchlicher Anordnung beruhe. Es koͤnnte dieß ein muͤßiger Streit zu ſeyn ſcheinen, da man von al- 1) Der Hauptgrund der Recuſationsſchrift der Proteſtanten: Causae cur electores principes aliique Augustanae confessioni ad- juncti status recusent adire concilium. Le Plat IV. p. 57. Sie bemerken gleich in der erſten Ankuͤndigung die bedenklichen Worte: „omni suspensione sublata.“ Sie erinnern an die Verdammung, die ihre Grundſaͤtze fruͤherhin erfahren haben, und fuͤhren weitlaͤuf- tig aus, „quae mala sub ea confirmatione lateant.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/352
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/352>, abgerufen am 24.11.2024.