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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Pius IV. Spätere Sitzungen d. Concil. v. Trient.
len Seiten die Residenz für nothwendig hielt. Allein die
Spanier behaupteten im Allgemeinen, die bischöfliche Gewalt
sey kein Ausfluß der päpstlichen, wofür man sie in Rom
erklären wollte, sondern ihr Ursprung beruhe unmittelbar auf
einer göttlichen Veranstaltung. Hiermit trafen sie den Nerv
des gesammten Kirchenwesens. Die Unabhängigkeit der un-
teren Kirchengewalten, die von den Päpsten so sorgfältig
niedergehalten worden, hätte durch die Entwickelung die-
ses Grundsatzes wiederhergestellt werden müssen.

Während man hierüber bereits in lebhaften Streitig-
keiten war, kamen die kaiserlichen Gesandten an. Ueber-
aus merkwürdig sind die Artikel, welche sie eingaben. "Es
möge," lautet einer, "auch der Papst sich nach Christi Bei-
spiel erniedrigen, und sich eine Reform in Hinsicht seiner
Person, seines Staates und seiner Curie gefallen lassen.
Das Concilium müsse sowohl die Ernennung der Cardi-
näle als das Conclave reformiren." Ferdinand pflegte zu
sagen: "da die Cardinäle nicht gut sind, wie wollen sie
einen guten Papst wählen?" Für die Reform, die er be-
absichtigte, wünschte er den Entwurf des Concils zu Cost-
nitz, der dort nicht zur Ausführung gekommen, zu Grunde
gelegt zu sehen. Die Beschlüsse sollten durch Deputationen
aus den verschiedenen Nationen vorbereitet werden. Aber
überdieß forderte er die Erlaubniß des Kelches und der Prie-
sterehe, für einige seiner Unterthanen Nachlaß der Fasten,
die Errichtung von Schulen für die Armen, die Reini-
gung der Breviere, Legenden und Postillen, verständlichere
Catechismen, deutsche Kirchengesänge, eine Reform der
Klöster, auch darum, "damit ihre großen Reichthümer nicht

Pius IV. Spaͤtere Sitzungen d. Concil. v. Trient.
len Seiten die Reſidenz fuͤr nothwendig hielt. Allein die
Spanier behaupteten im Allgemeinen, die biſchoͤfliche Gewalt
ſey kein Ausfluß der paͤpſtlichen, wofuͤr man ſie in Rom
erklaͤren wollte, ſondern ihr Urſprung beruhe unmittelbar auf
einer goͤttlichen Veranſtaltung. Hiermit trafen ſie den Nerv
des geſammten Kirchenweſens. Die Unabhaͤngigkeit der un-
teren Kirchengewalten, die von den Paͤpſten ſo ſorgfaͤltig
niedergehalten worden, haͤtte durch die Entwickelung die-
ſes Grundſatzes wiederhergeſtellt werden muͤſſen.

Waͤhrend man hieruͤber bereits in lebhaften Streitig-
keiten war, kamen die kaiſerlichen Geſandten an. Ueber-
aus merkwuͤrdig ſind die Artikel, welche ſie eingaben. „Es
moͤge,“ lautet einer, „auch der Papſt ſich nach Chriſti Bei-
ſpiel erniedrigen, und ſich eine Reform in Hinſicht ſeiner
Perſon, ſeines Staates und ſeiner Curie gefallen laſſen.
Das Concilium muͤſſe ſowohl die Ernennung der Cardi-
naͤle als das Conclave reformiren.“ Ferdinand pflegte zu
ſagen: „da die Cardinaͤle nicht gut ſind, wie wollen ſie
einen guten Papſt waͤhlen?“ Fuͤr die Reform, die er be-
abſichtigte, wuͤnſchte er den Entwurf des Concils zu Coſt-
nitz, der dort nicht zur Ausfuͤhrung gekommen, zu Grunde
gelegt zu ſehen. Die Beſchluͤſſe ſollten durch Deputationen
aus den verſchiedenen Nationen vorbereitet werden. Aber
uͤberdieß forderte er die Erlaubniß des Kelches und der Prie-
ſterehe, fuͤr einige ſeiner Unterthanen Nachlaß der Faſten,
die Errichtung von Schulen fuͤr die Armen, die Reini-
gung der Breviere, Legenden und Poſtillen, verſtaͤndlichere
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[327/0353] Pius IV. Spaͤtere Sitzungen d. Concil. v. Trient. len Seiten die Reſidenz fuͤr nothwendig hielt. Allein die Spanier behaupteten im Allgemeinen, die biſchoͤfliche Gewalt ſey kein Ausfluß der paͤpſtlichen, wofuͤr man ſie in Rom erklaͤren wollte, ſondern ihr Urſprung beruhe unmittelbar auf einer goͤttlichen Veranſtaltung. Hiermit trafen ſie den Nerv des geſammten Kirchenweſens. Die Unabhaͤngigkeit der un- teren Kirchengewalten, die von den Paͤpſten ſo ſorgfaͤltig niedergehalten worden, haͤtte durch die Entwickelung die- ſes Grundſatzes wiederhergeſtellt werden muͤſſen. Waͤhrend man hieruͤber bereits in lebhaften Streitig- keiten war, kamen die kaiſerlichen Geſandten an. Ueber- aus merkwuͤrdig ſind die Artikel, welche ſie eingaben. „Es moͤge,“ lautet einer, „auch der Papſt ſich nach Chriſti Bei- ſpiel erniedrigen, und ſich eine Reform in Hinſicht ſeiner Perſon, ſeines Staates und ſeiner Curie gefallen laſſen. Das Concilium muͤſſe ſowohl die Ernennung der Cardi- naͤle als das Conclave reformiren.“ Ferdinand pflegte zu ſagen: „da die Cardinaͤle nicht gut ſind, wie wollen ſie einen guten Papſt waͤhlen?“ Fuͤr die Reform, die er be- abſichtigte, wuͤnſchte er den Entwurf des Concils zu Coſt- nitz, der dort nicht zur Ausfuͤhrung gekommen, zu Grunde gelegt zu ſehen. Die Beſchluͤſſe ſollten durch Deputationen aus den verſchiedenen Nationen vorbereitet werden. Aber uͤberdieß forderte er die Erlaubniß des Kelches und der Prie- ſterehe, fuͤr einige ſeiner Unterthanen Nachlaß der Faſten, die Errichtung von Schulen fuͤr die Armen, die Reini- gung der Breviere, Legenden und Poſtillen, verſtaͤndlichere Catechismen, deutſche Kirchengeſaͤnge, eine Reform der Kloͤſter, auch darum, „damit ihre großen Reichthuͤmer nicht

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/353>, abgerufen am 24.11.2024.