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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Buch IV. Staat und Hof.
ehrgeizig, so daß sie selbst offenes Haus hielten, und ohne
Ausnahme einen Aufwand machten, der ihre Kräfte überstieg.
In den Städten hatten sie noch immer Anhänger, deren sie
sich manchmal zu Ungesetzlichkeiten bedienten. Ihre vornehmste
Sorge aber ließen sie es seyn, mit ihren Bauern, die im-
mer bei weitem den meisten Grund und Boden besaßen,
obwohl eben auch keine Reichthümer, ein gutes Verhält-
niß zu behaupten. In den südlichen Ländern hält man wohl
auf das Ansehn der Geburt, die Prärogative des Bluts;
aber der Unterschied der Stände ist doch lange nicht so
stark, wie in den nördlichen; er schließt die engste persön-
liche Vertraulichkeit nicht aus. Auch diese Barone lebten
mit ihren Bauern mehr in dem Verhältniß einer brüderli-
chen Unterordnung; man konnte nicht sagen, ob die Un-
terthanen zu Gehorsam und Dienst, oder die Barone zu
Hülfleistungen williger waren; es lag noch etwas Patriar-
chales in ihrer Verbindung 1). Dieß kam unter andern da-
her, weil der Baron vor allem den Recurs seiner Hintersassen
an die Staatsgewalt zu vermeiden suchte. Von der Lehns-
herrlichkeit des päpstlichen Stuhles wollte er nicht viel
wissen. Daß der Legat die zweite und zuweilen sogar die
erste Instanz in Anspruch nahm, hielten diese Lehensleute
nicht sowohl für ein Recht, als für die Folge einer un-
glücklichen politischen Conjunctur, welche bald vorüber ge-
hen werde.

Noch gab es auch hier und da, besonders in der Ro-

1) Relatione della Romagna: essendosi aggiustati gli uni
all' humore degli altri.

Buch IV. Staat und Hof.
ehrgeizig, ſo daß ſie ſelbſt offenes Haus hielten, und ohne
Ausnahme einen Aufwand machten, der ihre Kraͤfte uͤberſtieg.
In den Staͤdten hatten ſie noch immer Anhaͤnger, deren ſie
ſich manchmal zu Ungeſetzlichkeiten bedienten. Ihre vornehmſte
Sorge aber ließen ſie es ſeyn, mit ihren Bauern, die im-
mer bei weitem den meiſten Grund und Boden beſaßen,
obwohl eben auch keine Reichthuͤmer, ein gutes Verhaͤlt-
niß zu behaupten. In den ſuͤdlichen Laͤndern haͤlt man wohl
auf das Anſehn der Geburt, die Praͤrogative des Bluts;
aber der Unterſchied der Staͤnde iſt doch lange nicht ſo
ſtark, wie in den noͤrdlichen; er ſchließt die engſte perſoͤn-
liche Vertraulichkeit nicht aus. Auch dieſe Barone lebten
mit ihren Bauern mehr in dem Verhaͤltniß einer bruͤderli-
chen Unterordnung; man konnte nicht ſagen, ob die Un-
terthanen zu Gehorſam und Dienſt, oder die Barone zu
Huͤlfleiſtungen williger waren; es lag noch etwas Patriar-
chales in ihrer Verbindung 1). Dieß kam unter andern da-
her, weil der Baron vor allem den Recurs ſeiner Hinterſaſſen
an die Staatsgewalt zu vermeiden ſuchte. Von der Lehns-
herrlichkeit des paͤpſtlichen Stuhles wollte er nicht viel
wiſſen. Daß der Legat die zweite und zuweilen ſogar die
erſte Inſtanz in Anſpruch nahm, hielten dieſe Lehensleute
nicht ſowohl fuͤr ein Recht, als fuͤr die Folge einer un-
gluͤcklichen politiſchen Conjunctur, welche bald voruͤber ge-
hen werde.

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1) Relatione della Romagna: essendosi aggiustati gli uni
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[390/0416] Buch IV. Staat und Hof. ehrgeizig, ſo daß ſie ſelbſt offenes Haus hielten, und ohne Ausnahme einen Aufwand machten, der ihre Kraͤfte uͤberſtieg. In den Staͤdten hatten ſie noch immer Anhaͤnger, deren ſie ſich manchmal zu Ungeſetzlichkeiten bedienten. Ihre vornehmſte Sorge aber ließen ſie es ſeyn, mit ihren Bauern, die im- mer bei weitem den meiſten Grund und Boden beſaßen, obwohl eben auch keine Reichthuͤmer, ein gutes Verhaͤlt- niß zu behaupten. In den ſuͤdlichen Laͤndern haͤlt man wohl auf das Anſehn der Geburt, die Praͤrogative des Bluts; aber der Unterſchied der Staͤnde iſt doch lange nicht ſo ſtark, wie in den noͤrdlichen; er ſchließt die engſte perſoͤn- liche Vertraulichkeit nicht aus. Auch dieſe Barone lebten mit ihren Bauern mehr in dem Verhaͤltniß einer bruͤderli- chen Unterordnung; man konnte nicht ſagen, ob die Un- terthanen zu Gehorſam und Dienſt, oder die Barone zu Huͤlfleiſtungen williger waren; es lag noch etwas Patriar- chales in ihrer Verbindung 1). Dieß kam unter andern da- her, weil der Baron vor allem den Recurs ſeiner Hinterſaſſen an die Staatsgewalt zu vermeiden ſuchte. Von der Lehns- herrlichkeit des paͤpſtlichen Stuhles wollte er nicht viel wiſſen. Daß der Legat die zweite und zuweilen ſogar die erſte Inſtanz in Anſpruch nahm, hielten dieſe Lehensleute nicht ſowohl fuͤr ein Recht, als fuͤr die Folge einer un- gluͤcklichen politiſchen Conjunctur, welche bald voruͤber ge- hen werde. Noch gab es auch hier und da, beſonders in der Ro- 1) Relatione della Romagna: essendosi aggiustati gli uni all’ humore degli altri.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/416>, abgerufen am 24.11.2024.