Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Verwaltung des Kirchenstaates. magna, ganz freie Bauerschaften 1). Es waren große Ge-schlechter, die sich von Einem Stamm herleiteten; Herren in ihren Dörfern, alle bewaffnet, besonders geübt im Ge- brauch der Hakenbüchse, in der Regel halb verwildert. Man kann sie mit den freien griechischen oder slawischen Gemeinden vergleichen, die unter den Venezianern ihre Un- abhängigkeit behaupteten, oder die verlorene unter den Türken wieder erkämpften, wie wir ihnen in Candia, Mo- rea und Dalmatien begegnen. In dem Kirchenstaat hiel- ten auch sie sich zu den verschiedenen Factionen. Die Ca- vina, Scardocci, Solaroli waren Gibellinen; die Man- belli, Cerroni und Serra Guelfen. Die Serra hatten in ihrem Gebiet eine Anhöhe, die zu einer Art Asyl für die- jenigen diente, die etwas verbrochen hatten. Die stärksten von allen waren die Cerroni, die auch noch in das flo- rentinische Gebiet hinüberwohnten. Sie hatten sich in zwei Aeste getheilt, -- Rinaldi und Ravagli, die trotz ihrer Verwandtschaft in ewiger Fehde lagen. Sie standen in einer Art von erblicher Verbindung, nicht allein mit den vornehmen Geschlechtern der Städte, sondern auch mit Rechtsgelehrten, welche die eine oder die andere Faction in ihren Streithändeln unterstützten. In ganz Romagna gab es keine so mächtige Familie, daß sie nicht von diesen Bauern leicht hätte verletzt werden können. Immer hatten 1) Die Bauern hatten oft die Herrschaft der Städte so eben
abgeschüttelt. Ghisilieri: Scossi da quel giogo e recati quasi corpo diverso da quella citta (z. B. Forli, Cesena) si governano con certe loro leggi separate sotto il governo d'un protettore eletto da loro medesimi li quali hanno amplma. antorita di far le resolutioni necessarie per li casi occorrenti alli contadini. Verwaltung des Kirchenſtaates. magna, ganz freie Bauerſchaften 1). Es waren große Ge-ſchlechter, die ſich von Einem Stamm herleiteten; Herren in ihren Doͤrfern, alle bewaffnet, beſonders geuͤbt im Ge- brauch der Hakenbuͤchſe, in der Regel halb verwildert. Man kann ſie mit den freien griechiſchen oder ſlawiſchen Gemeinden vergleichen, die unter den Venezianern ihre Un- abhaͤngigkeit behaupteten, oder die verlorene unter den Tuͤrken wieder erkaͤmpften, wie wir ihnen in Candia, Mo- rea und Dalmatien begegnen. In dem Kirchenſtaat hiel- ten auch ſie ſich zu den verſchiedenen Factionen. Die Ca- vina, Scardocci, Solaroli waren Gibellinen; die Man- belli, Cerroni und Serra Guelfen. Die Serra hatten in ihrem Gebiet eine Anhoͤhe, die zu einer Art Aſyl fuͤr die- jenigen diente, die etwas verbrochen hatten. Die ſtaͤrkſten von allen waren die Cerroni, die auch noch in das flo- rentiniſche Gebiet hinuͤberwohnten. Sie hatten ſich in zwei Aeſte getheilt, — Rinaldi und Ravagli, die trotz ihrer Verwandtſchaft in ewiger Fehde lagen. Sie ſtanden in einer Art von erblicher Verbindung, nicht allein mit den vornehmen Geſchlechtern der Staͤdte, ſondern auch mit Rechtsgelehrten, welche die eine oder die andere Faction in ihren Streithaͤndeln unterſtuͤtzten. In ganz Romagna gab es keine ſo maͤchtige Familie, daß ſie nicht von dieſen Bauern leicht haͤtte verletzt werden koͤnnen. Immer hatten 1) Die Bauern hatten oft die Herrſchaft der Staͤdte ſo eben
abgeſchuͤttelt. Ghisilieri: Scossi da quel giogo e recati quasi corpo diverso da quella città (z. B. Forli, Ceſena) si governano con certe loro leggi separate sotto il governo d’un protettore eletto da loro medesimi li quali hanno amplma. antorità di far le resolutioni necessarie per li casi occorrenti alli contadini. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0417" n="391"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Verwaltung des Kirchenſtaates</hi>.</fw><lb/> magna, ganz freie Bauerſchaften <note place="foot" n="1)">Die Bauern hatten oft die Herrſchaft der Staͤdte ſo eben<lb/> abgeſchuͤttelt. <hi rendition="#aq">Ghisilieri: Scossi da quel giogo e recati quasi<lb/> corpo diverso da quella città</hi> (z. B. Forli, Ceſena) <hi rendition="#aq">si governano<lb/> con certe loro leggi separate sotto il governo d’un protettore<lb/> eletto da loro medesimi li quali hanno ampl<hi rendition="#sup">ma.</hi> antorità di far<lb/> le resolutioni necessarie per li casi occorrenti alli contadini.</hi></note>. Es waren große Ge-<lb/> ſchlechter, die ſich von Einem Stamm herleiteten; Herren<lb/> in ihren Doͤrfern, alle bewaffnet, beſonders geuͤbt im Ge-<lb/> brauch der Hakenbuͤchſe, in der Regel halb verwildert.<lb/> Man kann ſie mit den freien griechiſchen oder ſlawiſchen<lb/> Gemeinden vergleichen, die unter den Venezianern ihre Un-<lb/> abhaͤngigkeit behaupteten, oder die verlorene unter den<lb/> Tuͤrken wieder erkaͤmpften, wie wir ihnen in Candia, Mo-<lb/> rea und Dalmatien begegnen. In dem Kirchenſtaat hiel-<lb/> ten auch ſie ſich zu den verſchiedenen Factionen. Die Ca-<lb/> vina, Scardocci, Solaroli waren Gibellinen; die Man-<lb/> belli, Cerroni und Serra Guelfen. Die Serra hatten in<lb/> ihrem Gebiet eine Anhoͤhe, die zu einer Art Aſyl fuͤr die-<lb/> jenigen diente, die etwas verbrochen hatten. Die ſtaͤrkſten<lb/> von allen waren die Cerroni, die auch noch in das flo-<lb/> rentiniſche Gebiet hinuͤberwohnten. Sie hatten ſich in zwei<lb/> Aeſte getheilt, — Rinaldi und Ravagli, die trotz ihrer<lb/> Verwandtſchaft in ewiger Fehde lagen. Sie ſtanden in<lb/> einer Art von erblicher Verbindung, nicht allein mit den<lb/> vornehmen Geſchlechtern der Staͤdte, ſondern auch mit<lb/> Rechtsgelehrten, welche die eine oder die andere Faction in<lb/> ihren Streithaͤndeln unterſtuͤtzten. In ganz Romagna gab<lb/> es keine ſo maͤchtige Familie, daß ſie nicht von dieſen<lb/> Bauern leicht haͤtte verletzt werden koͤnnen. Immer hatten<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [391/0417]
Verwaltung des Kirchenſtaates.
magna, ganz freie Bauerſchaften 1). Es waren große Ge-
ſchlechter, die ſich von Einem Stamm herleiteten; Herren
in ihren Doͤrfern, alle bewaffnet, beſonders geuͤbt im Ge-
brauch der Hakenbuͤchſe, in der Regel halb verwildert.
Man kann ſie mit den freien griechiſchen oder ſlawiſchen
Gemeinden vergleichen, die unter den Venezianern ihre Un-
abhaͤngigkeit behaupteten, oder die verlorene unter den
Tuͤrken wieder erkaͤmpften, wie wir ihnen in Candia, Mo-
rea und Dalmatien begegnen. In dem Kirchenſtaat hiel-
ten auch ſie ſich zu den verſchiedenen Factionen. Die Ca-
vina, Scardocci, Solaroli waren Gibellinen; die Man-
belli, Cerroni und Serra Guelfen. Die Serra hatten in
ihrem Gebiet eine Anhoͤhe, die zu einer Art Aſyl fuͤr die-
jenigen diente, die etwas verbrochen hatten. Die ſtaͤrkſten
von allen waren die Cerroni, die auch noch in das flo-
rentiniſche Gebiet hinuͤberwohnten. Sie hatten ſich in zwei
Aeſte getheilt, — Rinaldi und Ravagli, die trotz ihrer
Verwandtſchaft in ewiger Fehde lagen. Sie ſtanden in
einer Art von erblicher Verbindung, nicht allein mit den
vornehmen Geſchlechtern der Staͤdte, ſondern auch mit
Rechtsgelehrten, welche die eine oder die andere Faction in
ihren Streithaͤndeln unterſtuͤtzten. In ganz Romagna gab
es keine ſo maͤchtige Familie, daß ſie nicht von dieſen
Bauern leicht haͤtte verletzt werden koͤnnen. Immer hatten
1) Die Bauern hatten oft die Herrſchaft der Staͤdte ſo eben
abgeſchuͤttelt. Ghisilieri: Scossi da quel giogo e recati quasi
corpo diverso da quella città (z. B. Forli, Ceſena) si governano
con certe loro leggi separate sotto il governo d’un protettore
eletto da loro medesimi li quali hanno amplma. antorità di far
le resolutioni necessarie per li casi occorrenti alli contadini.
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