Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Buch IV. Staat und Hof. er es nicht selbst erlebt hätte. "Da man sah," sagt er,"daß sich der Papst ganz und gar zur Zerstörung der rö- mischen Alterthümer hinneigte, so kamen eines Tages eine Anzahl römischer Edelleute zu mir, und baten mich, das Meine zu thun, um S. Heiligkeit von einem so ausschwei- fenden Gedanken abzubringen." An den Cardinal wandten sie sich, der damals ohne Zweifel selbst als der größte Ze- lot anzusehen war. Cardinal Colonna schloß sich an ihn an. Der Papst antwortete ihnen, er wolle die häßlichen Antiquitäten wegschaffen, die übrigen aber, die dieß bedürf- ten, restauriren. Man denke, was ihm häßlich vorkom- men mochte! Er hatte die Absicht, das Grab der Cäcilia Metella, schon damals den einzigen bedeutenden Rest der republicanischen Zeiten, ein bewundernswürdiges, erhabe- nes Denkmal, gradehin zu zerstören. Wie viel mag unter ihm zu Grunde gegangen seyn! Konnte er sich doch kaum entschließen, den Laocoon 1) Stelle aus der vita Sixti V. ipsius manu emendata, ab-
gedruckt in Bunsen's Beschreibung von Rom I, S. 702. Buch IV. Staat und Hof. er es nicht ſelbſt erlebt haͤtte. „Da man ſah,“ ſagt er,„daß ſich der Papſt ganz und gar zur Zerſtoͤrung der roͤ- miſchen Alterthuͤmer hinneigte, ſo kamen eines Tages eine Anzahl roͤmiſcher Edelleute zu mir, und baten mich, das Meine zu thun, um S. Heiligkeit von einem ſo ausſchwei- fenden Gedanken abzubringen.“ An den Cardinal wandten ſie ſich, der damals ohne Zweifel ſelbſt als der groͤßte Ze- lot anzuſehen war. Cardinal Colonna ſchloß ſich an ihn an. Der Papſt antwortete ihnen, er wolle die haͤßlichen Antiquitaͤten wegſchaffen, die uͤbrigen aber, die dieß beduͤrf- ten, reſtauriren. Man denke, was ihm haͤßlich vorkom- men mochte! Er hatte die Abſicht, das Grab der Caͤcilia Metella, ſchon damals den einzigen bedeutenden Reſt der republicaniſchen Zeiten, ein bewundernswuͤrdiges, erhabe- nes Denkmal, gradehin zu zerſtoͤren. Wie viel mag unter ihm zu Grunde gegangen ſeyn! Konnte er ſich doch kaum entſchließen, den Laocoon 1) Stelle aus der vita Sixti V. ipsius manu emendata, ab-
gedruckt in Bunſen’s Beſchreibung von Rom I, S. 702. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0502" n="476"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">IV.</hi><hi rendition="#g">Staat und Hof</hi>.</fw><lb/> er es nicht ſelbſt erlebt haͤtte. „Da man ſah,“ ſagt er,<lb/> „daß ſich der Papſt ganz und gar zur Zerſtoͤrung der roͤ-<lb/> miſchen Alterthuͤmer hinneigte, ſo kamen eines Tages eine<lb/> Anzahl roͤmiſcher Edelleute zu mir, und baten mich, das<lb/> Meine zu thun, um S. Heiligkeit von einem ſo ausſchwei-<lb/> fenden Gedanken abzubringen.“ An <hi rendition="#g">den</hi> Cardinal wandten<lb/> ſie ſich, der damals ohne Zweifel ſelbſt als der groͤßte Ze-<lb/> lot anzuſehen war. Cardinal Colonna ſchloß ſich an ihn<lb/> an. Der Papſt antwortete ihnen, er wolle die haͤßlichen<lb/> Antiquitaͤten wegſchaffen, die uͤbrigen aber, die dieß beduͤrf-<lb/> ten, reſtauriren. Man denke, was ihm haͤßlich vorkom-<lb/> men mochte! Er hatte die Abſicht, das Grab der Caͤcilia<lb/> Metella, ſchon damals den einzigen bedeutenden Reſt der<lb/> republicaniſchen Zeiten, ein bewundernswuͤrdiges, erhabe-<lb/> nes Denkmal, gradehin zu zerſtoͤren. Wie viel mag unter<lb/> ihm zu Grunde gegangen ſeyn!</p><lb/> <p>Konnte er ſich doch kaum entſchließen, den Laocoon<lb/> und den belvederiſchen Apoll im Vatican zu dulden. Die<lb/> antiken Bildſaͤulen, mit denen die roͤmiſchen Buͤrger das<lb/> Capitol geſchmuͤckt hatten, litt er nicht daſelbſt. Er er-<lb/> klaͤrte, er werde das Capitol zerſtoͤren, wenn man ſie nicht<lb/> entferne. Es war ein Jupiter tonans, zwiſchen Minerva<lb/> und Apoll. Die beiden andern mußten in der That ent-<lb/> fernt werden: nur die Minerva ward geduldet. Aber Six-<lb/> tus wollte, daß ſie Rom und zwar das chriſtliche bedeu-<lb/> ten ſolle. Er nahm ihr den Speer den ſie trug und gab<lb/> ihr ein ungeheures Kreuz in die Haͤnde <note place="foot" n="1)">Stelle aus der <hi rendition="#aq">vita Sixti V. ipsius manu emendata,</hi> ab-<lb/> gedruckt in Bunſen’s Beſchreibung von Rom <hi rendition="#aq">I,</hi> S. 702.</note>.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [476/0502]
Buch IV. Staat und Hof.
er es nicht ſelbſt erlebt haͤtte. „Da man ſah,“ ſagt er,
„daß ſich der Papſt ganz und gar zur Zerſtoͤrung der roͤ-
miſchen Alterthuͤmer hinneigte, ſo kamen eines Tages eine
Anzahl roͤmiſcher Edelleute zu mir, und baten mich, das
Meine zu thun, um S. Heiligkeit von einem ſo ausſchwei-
fenden Gedanken abzubringen.“ An den Cardinal wandten
ſie ſich, der damals ohne Zweifel ſelbſt als der groͤßte Ze-
lot anzuſehen war. Cardinal Colonna ſchloß ſich an ihn
an. Der Papſt antwortete ihnen, er wolle die haͤßlichen
Antiquitaͤten wegſchaffen, die uͤbrigen aber, die dieß beduͤrf-
ten, reſtauriren. Man denke, was ihm haͤßlich vorkom-
men mochte! Er hatte die Abſicht, das Grab der Caͤcilia
Metella, ſchon damals den einzigen bedeutenden Reſt der
republicaniſchen Zeiten, ein bewundernswuͤrdiges, erhabe-
nes Denkmal, gradehin zu zerſtoͤren. Wie viel mag unter
ihm zu Grunde gegangen ſeyn!
Konnte er ſich doch kaum entſchließen, den Laocoon
und den belvederiſchen Apoll im Vatican zu dulden. Die
antiken Bildſaͤulen, mit denen die roͤmiſchen Buͤrger das
Capitol geſchmuͤckt hatten, litt er nicht daſelbſt. Er er-
klaͤrte, er werde das Capitol zerſtoͤren, wenn man ſie nicht
entferne. Es war ein Jupiter tonans, zwiſchen Minerva
und Apoll. Die beiden andern mußten in der That ent-
fernt werden: nur die Minerva ward geduldet. Aber Six-
tus wollte, daß ſie Rom und zwar das chriſtliche bedeu-
ten ſolle. Er nahm ihr den Speer den ſie trug und gab
ihr ein ungeheures Kreuz in die Haͤnde 1).
1) Stelle aus der vita Sixti V. ipsius manu emendata, ab-
gedruckt in Bunſen’s Beſchreibung von Rom I, S. 702.
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