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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Fortgang in Deutschl. Münster. Hildesheim.
Hauses Baiern nun auch für Niederdeutschland wurde. Ein
baierischer Prinz erscheint in so vielen Sprengeln zugleich,
als die eigentliche Stütze desselben.

Doch dürfte man nicht glauben, daß dieser Fürst nun
selbst sehr eifrig, sehr devot gewesen sey. Er hatte natür-
liche Kinder, und man war einmal der Meinung, er werde
es zuletzt auch wie Gebhard Truchseß machen. Es ist ganz
merkwürdig zu betrachten, mit welcher Behutsamkeit ihn
Papst Sixtus behandelt. Sorgfältig hütet er sich ihn
merken zu lassen, daß er von seinen Unordnungen wisse,
so gut er sie auch kennen mag. Es wären dann Ermah-
nungen, Demonstrationen nöthig geworden, die den eigen-
sinnigen Fürsten gar leicht zu einem unerwünschten Entschluß
hätten treiben können 1).

Denn die deutschen Geschäfte ließen sich noch lange
nicht behandeln wie die niederländischen behandelt wurden.
Sie forderten die zarteste persönliche Rücksicht.

Obwohl Herzog Wilhelm von Cleve sich äußerlich zum
katholischen Bekenntniß hielt, so war doch seine Politik im
Ganzen protestantisch: protestantischen Flüchtlingen gewährte
er mit Vergnügen Aufnahme und Schutz: seinen Sohn Jo-
hann Wilhelm, der ein eifriger Katholik war, hielt er von
allem Antheil an den Geschäften entfernt. Leicht hätte man
in Rom versucht seyn können Mißfallen und Entrüstung
hierüber blicken zu lassen und die Opposition dieses Prin-
zen zu begünstigen. Allein Sixtus V. war viel zu klug
dazu. Nur als der Prinz so lebhaft darauf drang, daß
es ohne Beleidigung nicht mehr hätte vermieden werden

1) Tempesti: Vita di Sisto V tom. I, p. 354.

Fortgang in Deutſchl. Muͤnſter. Hildesheim.
Hauſes Baiern nun auch fuͤr Niederdeutſchland wurde. Ein
baieriſcher Prinz erſcheint in ſo vielen Sprengeln zugleich,
als die eigentliche Stuͤtze deſſelben.

Doch duͤrfte man nicht glauben, daß dieſer Fuͤrſt nun
ſelbſt ſehr eifrig, ſehr devot geweſen ſey. Er hatte natuͤr-
liche Kinder, und man war einmal der Meinung, er werde
es zuletzt auch wie Gebhard Truchſeß machen. Es iſt ganz
merkwuͤrdig zu betrachten, mit welcher Behutſamkeit ihn
Papſt Sixtus behandelt. Sorgfaͤltig huͤtet er ſich ihn
merken zu laſſen, daß er von ſeinen Unordnungen wiſſe,
ſo gut er ſie auch kennen mag. Es waͤren dann Ermah-
nungen, Demonſtrationen noͤthig geworden, die den eigen-
ſinnigen Fuͤrſten gar leicht zu einem unerwuͤnſchten Entſchluß
haͤtten treiben koͤnnen 1).

Denn die deutſchen Geſchaͤfte ließen ſich noch lange
nicht behandeln wie die niederlaͤndiſchen behandelt wurden.
Sie forderten die zarteſte perſoͤnliche Ruͤckſicht.

Obwohl Herzog Wilhelm von Cleve ſich aͤußerlich zum
katholiſchen Bekenntniß hielt, ſo war doch ſeine Politik im
Ganzen proteſtantiſch: proteſtantiſchen Fluͤchtlingen gewaͤhrte
er mit Vergnuͤgen Aufnahme und Schutz: ſeinen Sohn Jo-
hann Wilhelm, der ein eifriger Katholik war, hielt er von
allem Antheil an den Geſchaͤften entfernt. Leicht haͤtte man
in Rom verſucht ſeyn koͤnnen Mißfallen und Entruͤſtung
hieruͤber blicken zu laſſen und die Oppoſition dieſes Prin-
zen zu beguͤnſtigen. Allein Sixtus V. war viel zu klug
dazu. Nur als der Prinz ſo lebhaft darauf drang, daß
es ohne Beleidigung nicht mehr haͤtte vermieden werden

1) Tempesti: Vita di Sisto V tom. I, p. 354.
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[117/0129] Fortgang in Deutſchl. Muͤnſter. Hildesheim. Hauſes Baiern nun auch fuͤr Niederdeutſchland wurde. Ein baieriſcher Prinz erſcheint in ſo vielen Sprengeln zugleich, als die eigentliche Stuͤtze deſſelben. Doch duͤrfte man nicht glauben, daß dieſer Fuͤrſt nun ſelbſt ſehr eifrig, ſehr devot geweſen ſey. Er hatte natuͤr- liche Kinder, und man war einmal der Meinung, er werde es zuletzt auch wie Gebhard Truchſeß machen. Es iſt ganz merkwuͤrdig zu betrachten, mit welcher Behutſamkeit ihn Papſt Sixtus behandelt. Sorgfaͤltig huͤtet er ſich ihn merken zu laſſen, daß er von ſeinen Unordnungen wiſſe, ſo gut er ſie auch kennen mag. Es waͤren dann Ermah- nungen, Demonſtrationen noͤthig geworden, die den eigen- ſinnigen Fuͤrſten gar leicht zu einem unerwuͤnſchten Entſchluß haͤtten treiben koͤnnen 1). Denn die deutſchen Geſchaͤfte ließen ſich noch lange nicht behandeln wie die niederlaͤndiſchen behandelt wurden. Sie forderten die zarteſte perſoͤnliche Ruͤckſicht. Obwohl Herzog Wilhelm von Cleve ſich aͤußerlich zum katholiſchen Bekenntniß hielt, ſo war doch ſeine Politik im Ganzen proteſtantiſch: proteſtantiſchen Fluͤchtlingen gewaͤhrte er mit Vergnuͤgen Aufnahme und Schutz: ſeinen Sohn Jo- hann Wilhelm, der ein eifriger Katholik war, hielt er von allem Antheil an den Geſchaͤften entfernt. Leicht haͤtte man in Rom verſucht ſeyn koͤnnen Mißfallen und Entruͤſtung hieruͤber blicken zu laſſen und die Oppoſition dieſes Prin- zen zu beguͤnſtigen. Allein Sixtus V. war viel zu klug dazu. Nur als der Prinz ſo lebhaft darauf drang, daß es ohne Beleidigung nicht mehr haͤtte vermieden werden 1) Tempesti: Vita di Sisto V tom. I, p. 354.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/129>, abgerufen am 23.11.2024.