Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch V. Gegenreformationen.
berg zur Nachahmung aufgefordert fühlte. Man kennt Gös-
weinstein über dem Muggendorfer Thal, wohin noch heute
auf einsam steilen Pfaden durch prächtige Wälder und
Schluchten aus allen Thälern umher wallfahrtendes Volk
zieht. Es ist ein altes Heiligthum der Dreifaltigkeit da-
selbst: damals war es unbesucht, verödet. Als der Bi-
schof von Bamberg, Ernst von Mengersdorf, im Jahr 1587
einmal dahin kam, fiel ihm dieß schwer aufs Herz. Von
dem Beispiel seines Nachbarn entflammt, erklärte auch er,
er wolle seine Unterthanen wieder "zur wahren katholischen
Religion weisen: keine Gefahr werde ihn abhalten, diese
seine Pflicht zu thun." Wir werden sehen, wie ernstlich sein
Nachfolger daran ging.

Während man sich aber im Bambergischen noch vor-
bereitete, fuhr Bischof Julius fort das Würzburgische ganz
umzugestalten. Alle alten Einrichtungen wurden erneuert.
Die Mutter-Gottes-Andachten, die Wallfahrten, die Brü-
derschaften zu Mariä Himmelfahrt, zu Mariä Geburt und
wie sie alle heißen lebten wieder auf, und neue wurden ge-
gründet. Processionen durchzogen die Straßen: der Glok-
kenschlag mahnte das gesammte Land zur gesetzten Stunde
zum Ave Maria 1). Aufs neue sammelte man Reliquien
und legte sie mit großem Pomp an die Orte der Ver-
ehrung nieder. Die Klöster wurden wieder besetzt: aller
Orten Kirchen gebaut: man zählt 300 die Bischof Julius

1) Julii Episcopi statuta ruralia: Gropp: Scriptt. tom. I.
Sein Sinn ist, daß die geistliche Bewegung, die von dem höchsten
Haupte der Kirche Christi ausgeht, von oben nach unten sich allen
Gliedern des Körpers mittheile. S. p. 444. de capitulis ruralibus.

Buch V. Gegenreformationen.
berg zur Nachahmung aufgefordert fuͤhlte. Man kennt Goͤs-
weinſtein uͤber dem Muggendorfer Thal, wohin noch heute
auf einſam ſteilen Pfaden durch praͤchtige Waͤlder und
Schluchten aus allen Thaͤlern umher wallfahrtendes Volk
zieht. Es iſt ein altes Heiligthum der Dreifaltigkeit da-
ſelbſt: damals war es unbeſucht, veroͤdet. Als der Bi-
ſchof von Bamberg, Ernſt von Mengersdorf, im Jahr 1587
einmal dahin kam, fiel ihm dieß ſchwer aufs Herz. Von
dem Beiſpiel ſeines Nachbarn entflammt, erklaͤrte auch er,
er wolle ſeine Unterthanen wieder „zur wahren katholiſchen
Religion weiſen: keine Gefahr werde ihn abhalten, dieſe
ſeine Pflicht zu thun.“ Wir werden ſehen, wie ernſtlich ſein
Nachfolger daran ging.

Waͤhrend man ſich aber im Bambergiſchen noch vor-
bereitete, fuhr Biſchof Julius fort das Wuͤrzburgiſche ganz
umzugeſtalten. Alle alten Einrichtungen wurden erneuert.
Die Mutter-Gottes-Andachten, die Wallfahrten, die Bruͤ-
derſchaften zu Mariaͤ Himmelfahrt, zu Mariaͤ Geburt und
wie ſie alle heißen lebten wieder auf, und neue wurden ge-
gruͤndet. Proceſſionen durchzogen die Straßen: der Glok-
kenſchlag mahnte das geſammte Land zur geſetzten Stunde
zum Ave Maria 1). Aufs neue ſammelte man Reliquien
und legte ſie mit großem Pomp an die Orte der Ver-
ehrung nieder. Die Kloͤſter wurden wieder beſetzt: aller
Orten Kirchen gebaut: man zaͤhlt 300 die Biſchof Julius

1) Julii Episcopi statuta ruralia: Gropp: Scriptt. tom. I.
Sein Sinn iſt, daß die geiſtliche Bewegung, die von dem hoͤchſten
Haupte der Kirche Chriſti ausgeht, von oben nach unten ſich allen
Gliedern des Koͤrpers mittheile. S. p. 444. de capitulis ruralibus.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0134" n="122"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch <hi rendition="#aq">V.</hi> Gegenreformationen</hi>.</fw><lb/>
berg zur Nachahmung aufgefordert fu&#x0364;hlte. Man kennt Go&#x0364;s-<lb/>
wein&#x017F;tein u&#x0364;ber dem Muggendorfer Thal, wohin noch heute<lb/>
auf ein&#x017F;am &#x017F;teilen Pfaden durch pra&#x0364;chtige Wa&#x0364;lder und<lb/>
Schluchten aus allen Tha&#x0364;lern umher wallfahrtendes Volk<lb/>
zieht. Es i&#x017F;t ein altes Heiligthum der Dreifaltigkeit da-<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t: damals war es unbe&#x017F;ucht, vero&#x0364;det. Als der Bi-<lb/>
&#x017F;chof von Bamberg, Ern&#x017F;t von Mengersdorf, im Jahr 1587<lb/>
einmal dahin kam, fiel ihm dieß &#x017F;chwer aufs Herz. Von<lb/>
dem Bei&#x017F;piel &#x017F;eines Nachbarn entflammt, erkla&#x0364;rte auch er,<lb/>
er wolle &#x017F;eine Unterthanen wieder &#x201E;zur wahren katholi&#x017F;chen<lb/>
Religion wei&#x017F;en: keine Gefahr werde ihn abhalten, die&#x017F;e<lb/>
&#x017F;eine Pflicht zu thun.&#x201C; Wir werden &#x017F;ehen, wie ern&#x017F;tlich &#x017F;ein<lb/>
Nachfolger daran ging.</p><lb/>
          <p>Wa&#x0364;hrend man &#x017F;ich aber im Bambergi&#x017F;chen noch vor-<lb/>
bereitete, fuhr Bi&#x017F;chof Julius fort das Wu&#x0364;rzburgi&#x017F;che ganz<lb/>
umzuge&#x017F;talten. Alle alten Einrichtungen wurden erneuert.<lb/>
Die Mutter-Gottes-Andachten, die Wallfahrten, die Bru&#x0364;-<lb/>
der&#x017F;chaften zu Maria&#x0364; Himmelfahrt, zu Maria&#x0364; Geburt und<lb/>
wie &#x017F;ie alle heißen lebten wieder auf, und neue wurden ge-<lb/>
gru&#x0364;ndet. Proce&#x017F;&#x017F;ionen durchzogen die Straßen: der Glok-<lb/>
ken&#x017F;chlag mahnte das ge&#x017F;ammte Land zur ge&#x017F;etzten Stunde<lb/>
zum Ave Maria <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Julii Episcopi statuta ruralia: Gropp: Scriptt. tom. I.</hi><lb/>
Sein Sinn i&#x017F;t, daß die gei&#x017F;tliche Bewegung, die von dem ho&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
Haupte der Kirche Chri&#x017F;ti ausgeht, von oben nach unten &#x017F;ich allen<lb/>
Gliedern des Ko&#x0364;rpers mittheile. S. <hi rendition="#aq">p. 444. de capitulis ruralibus.</hi></note>. Aufs neue &#x017F;ammelte man Reliquien<lb/>
und legte &#x017F;ie mit großem Pomp an die Orte der Ver-<lb/>
ehrung nieder. Die Klo&#x0364;&#x017F;ter wurden wieder be&#x017F;etzt: aller<lb/>
Orten Kirchen gebaut: man za&#x0364;hlt 300 die Bi&#x017F;chof Julius<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0134] Buch V. Gegenreformationen. berg zur Nachahmung aufgefordert fuͤhlte. Man kennt Goͤs- weinſtein uͤber dem Muggendorfer Thal, wohin noch heute auf einſam ſteilen Pfaden durch praͤchtige Waͤlder und Schluchten aus allen Thaͤlern umher wallfahrtendes Volk zieht. Es iſt ein altes Heiligthum der Dreifaltigkeit da- ſelbſt: damals war es unbeſucht, veroͤdet. Als der Bi- ſchof von Bamberg, Ernſt von Mengersdorf, im Jahr 1587 einmal dahin kam, fiel ihm dieß ſchwer aufs Herz. Von dem Beiſpiel ſeines Nachbarn entflammt, erklaͤrte auch er, er wolle ſeine Unterthanen wieder „zur wahren katholiſchen Religion weiſen: keine Gefahr werde ihn abhalten, dieſe ſeine Pflicht zu thun.“ Wir werden ſehen, wie ernſtlich ſein Nachfolger daran ging. Waͤhrend man ſich aber im Bambergiſchen noch vor- bereitete, fuhr Biſchof Julius fort das Wuͤrzburgiſche ganz umzugeſtalten. Alle alten Einrichtungen wurden erneuert. Die Mutter-Gottes-Andachten, die Wallfahrten, die Bruͤ- derſchaften zu Mariaͤ Himmelfahrt, zu Mariaͤ Geburt und wie ſie alle heißen lebten wieder auf, und neue wurden ge- gruͤndet. Proceſſionen durchzogen die Straßen: der Glok- kenſchlag mahnte das geſammte Land zur geſetzten Stunde zum Ave Maria 1). Aufs neue ſammelte man Reliquien und legte ſie mit großem Pomp an die Orte der Ver- ehrung nieder. Die Kloͤſter wurden wieder beſetzt: aller Orten Kirchen gebaut: man zaͤhlt 300 die Biſchof Julius 1) Julii Episcopi statuta ruralia: Gropp: Scriptt. tom. I. Sein Sinn iſt, daß die geiſtliche Bewegung, die von dem hoͤchſten Haupte der Kirche Chriſti ausgeht, von oben nach unten ſich allen Gliedern des Koͤrpers mittheile. S. p. 444. de capitulis ruralibus.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/134
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/134>, abgerufen am 23.11.2024.