Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.Buch VI. Innere Streitigkeiten. Auslande suchen müssen 1). Er war Doctor der Rechte,und hatte früher einmal zu Pisa Vorlesungen gehalten: jetzt finden wir ihn bald in Venedig, wo er an der Ver- besserung des venezianischen Statuts Antheil hat, oder eine Ausgabe der Institutionen besorgt, bald in Ferrara oder Urbino im Rathe und Gericht der Herzöge, am längsten in Diensten bald des einen bald des andern Cardinals, und an deren Stelle mit der Rechtspflege und der Verwaltung in irgend einer kirchlichen Stadt beauftragt. Am meisten viel- leicht zeichnet es ihn aus, daß er bei diesem unstäten Leben fünf vortreffliche Söhne zu erziehen wußte. Der geistreichste von ihnen mag der älteste, Johann, gewesen seyn, den man den Wagenlenker des Hauses nannte: er brach die Bahn, und auf dem Wege juridischer Würden stieg er im Jahre 1570 zum Cardinalat: wäre er länger am Leben geblieben, so würde er, glaubt man, Hoffnung zur Tiare gehabt ha- ben. Bernardo erwarb sich im Waffenhandwerk Ansehen; Tommaso war ein guter Philolog, die Uebersetzung die er von Diogenes Laertius verfaßt hat, ist öfter abgedruckt worden; Pietro galt für einen ausgezeichneten praktischen Juristen. Der jüngste, Ippolyto, im Jahre 1536 zu Fano geboren 2), machte dem Vater anfangs einige Sorgen: er 1) Varchi: Storia Fiorentina III, 42, 61. Mazzuchelli: Scrittori d'Italia I, I, p. 392 hat wie gewöhnlich einen sehr flei- ßigen und belehrenden Artikel bei diesem Namen: vollständig aber ist er nicht. Unter andern fehlt sogleich seine venezianische Thätig- keit, mit deren Erwähnung Joh. Delfino seine Relation beginnt, so daß sich an der Sache nicht zweifeln läßt: Silvestro Aldobrandini ne' tempi della ribellione di Firenze cacciato da quella citta se ne venne qui, riformo li nostri statuti e rivedde le leggi et or- dini della republica. 2) In dem libro di battesmo della parochia cattedrale di
Buch VI. Innere Streitigkeiten. Auslande ſuchen muͤſſen 1). Er war Doctor der Rechte,und hatte fruͤher einmal zu Piſa Vorleſungen gehalten: jetzt finden wir ihn bald in Venedig, wo er an der Ver- beſſerung des venezianiſchen Statuts Antheil hat, oder eine Ausgabe der Inſtitutionen beſorgt, bald in Ferrara oder Urbino im Rathe und Gericht der Herzoͤge, am laͤngſten in Dienſten bald des einen bald des andern Cardinals, und an deren Stelle mit der Rechtspflege und der Verwaltung in irgend einer kirchlichen Stadt beauftragt. Am meiſten viel- leicht zeichnet es ihn aus, daß er bei dieſem unſtaͤten Leben fuͤnf vortreffliche Soͤhne zu erziehen wußte. Der geiſtreichſte von ihnen mag der aͤlteſte, Johann, geweſen ſeyn, den man den Wagenlenker des Hauſes nannte: er brach die Bahn, und auf dem Wege juridiſcher Wuͤrden ſtieg er im Jahre 1570 zum Cardinalat: waͤre er laͤnger am Leben geblieben, ſo wuͤrde er, glaubt man, Hoffnung zur Tiare gehabt ha- ben. Bernardo erwarb ſich im Waffenhandwerk Anſehen; Tommaſo war ein guter Philolog, die Ueberſetzung die er von Diogenes Laertius verfaßt hat, iſt oͤfter abgedruckt worden; Pietro galt fuͤr einen ausgezeichneten praktiſchen Juriſten. Der juͤngſte, Ippolyto, im Jahre 1536 zu Fano geboren 2), machte dem Vater anfangs einige Sorgen: er 1) Varchi: Storia Fiorentina III, 42, 61. Mazzuchelli: Scrittori d’Italia I, I, p. 392 hat wie gewoͤhnlich einen ſehr flei- ßigen und belehrenden Artikel bei dieſem Namen: vollſtaͤndig aber iſt er nicht. Unter andern fehlt ſogleich ſeine venezianiſche Thaͤtig- keit, mit deren Erwaͤhnung Joh. Delfino ſeine Relation beginnt, ſo daß ſich an der Sache nicht zweifeln laͤßt: Silvestro Aldobrandini ne’ tempi della ribellione di Firenze cacciato da quella città se ne venne qui, riformò li nostri statuti e rivedde le leggi et or- dini della republica. 2) In dem libro di battesmo della parochia cattedrale di
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Buch VI. Innere Streitigkeiten.
Auslande ſuchen muͤſſen 1). Er war Doctor der Rechte,
und hatte fruͤher einmal zu Piſa Vorleſungen gehalten:
jetzt finden wir ihn bald in Venedig, wo er an der Ver-
beſſerung des venezianiſchen Statuts Antheil hat, oder eine
Ausgabe der Inſtitutionen beſorgt, bald in Ferrara oder
Urbino im Rathe und Gericht der Herzoͤge, am laͤngſten
in Dienſten bald des einen bald des andern Cardinals, und
an deren Stelle mit der Rechtspflege und der Verwaltung in
irgend einer kirchlichen Stadt beauftragt. Am meiſten viel-
leicht zeichnet es ihn aus, daß er bei dieſem unſtaͤten Leben
fuͤnf vortreffliche Soͤhne zu erziehen wußte. Der geiſtreichſte
von ihnen mag der aͤlteſte, Johann, geweſen ſeyn, den man
den Wagenlenker des Hauſes nannte: er brach die Bahn,
und auf dem Wege juridiſcher Wuͤrden ſtieg er im Jahre
1570 zum Cardinalat: waͤre er laͤnger am Leben geblieben,
ſo wuͤrde er, glaubt man, Hoffnung zur Tiare gehabt ha-
ben. Bernardo erwarb ſich im Waffenhandwerk Anſehen;
Tommaſo war ein guter Philolog, die Ueberſetzung die er
von Diogenes Laertius verfaßt hat, iſt oͤfter abgedruckt
worden; Pietro galt fuͤr einen ausgezeichneten praktiſchen
Juriſten. Der juͤngſte, Ippolyto, im Jahre 1536 zu Fano
geboren 2), machte dem Vater anfangs einige Sorgen: er
1) Varchi: Storia Fiorentina III, 42, 61. Mazzuchelli:
Scrittori d’Italia I, I, p. 392 hat wie gewoͤhnlich einen ſehr flei-
ßigen und belehrenden Artikel bei dieſem Namen: vollſtaͤndig aber
iſt er nicht. Unter andern fehlt ſogleich ſeine venezianiſche Thaͤtig-
keit, mit deren Erwaͤhnung Joh. Delfino ſeine Relation beginnt, ſo
daß ſich an der Sache nicht zweifeln laͤßt: Silvestro Aldobrandini
ne’ tempi della ribellione di Firenze cacciato da quella città se
ne venne qui, riformò li nostri statuti e rivedde le leggi et or-
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