Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch VI. Innere Streitigkeiten.
meinen Tendenz des römischen Hofes eine große Analogie
hatte.

So sonderbar verwickeln sich oft die Dinge der Welt,
daß in dem Augenblick, in welchem die Pariser Universi-
tät den Jesuiten nichts so sehr zum Verbrechen machte als
ihre Verbindung mit Spanien, in welchem man in Frank-
reich sagte und glaubte, ein Jesuit bete täglich für König
Philipp 1), er sey durch ein fünftes Gelübde zur Erge-
benheit gegen Spanien verpflichtet, daß eben damals das
Institut der Gesellschaft in Spanien von mißvergnügten
Mitgliedern, der Inquisition, einem andern Orden, end-
lich sogar von der königlichen Gewalt selbst die heftigsten
Anfechtungen erfuhr.

Eine Wendung der Dinge welche mehr als einen Grund
hatte, zunächst aber folgendergestalt entsprungen war.

Im Anfange waren die ältern und bereits ausgebil-
deten Männer, welche in die Gesellschaft traten, größten-
theils Spanier: aus andern Nationen fanden sich meistens
nur jüngere Leute hinzu, die ihre Bildung noch zu machen
hatten. Natürlich folgte hieraus, daß die Regierung der
Gesellschaft in den ersten Jahrzehenten vorzugsweise in spa-
nische Hände fiel. Die erste Generalcongregation bestand
aus 25 Mitgliedern: 18 von diesen waren Spanier 2). Die
ersten drei Generale gehörten derselben Nation an: nach

1) "pro nostro rege Philippo".
2) Sacchinus V, 7, 99. In der zweiten Generalcongregation
war das Verhältniß schon ermäßigt, obwohl noch wenig. Auf 39
Mitglieder kamen 24 Spanier.

Buch VI. Innere Streitigkeiten.
meinen Tendenz des roͤmiſchen Hofes eine große Analogie
hatte.

So ſonderbar verwickeln ſich oft die Dinge der Welt,
daß in dem Augenblick, in welchem die Pariſer Univerſi-
taͤt den Jeſuiten nichts ſo ſehr zum Verbrechen machte als
ihre Verbindung mit Spanien, in welchem man in Frank-
reich ſagte und glaubte, ein Jeſuit bete taͤglich fuͤr Koͤnig
Philipp 1), er ſey durch ein fuͤnftes Geluͤbde zur Erge-
benheit gegen Spanien verpflichtet, daß eben damals das
Inſtitut der Geſellſchaft in Spanien von mißvergnuͤgten
Mitgliedern, der Inquiſition, einem andern Orden, end-
lich ſogar von der koͤniglichen Gewalt ſelbſt die heftigſten
Anfechtungen erfuhr.

Eine Wendung der Dinge welche mehr als einen Grund
hatte, zunaͤchſt aber folgendergeſtalt entſprungen war.

Im Anfange waren die aͤltern und bereits ausgebil-
deten Maͤnner, welche in die Geſellſchaft traten, groͤßten-
theils Spanier: aus andern Nationen fanden ſich meiſtens
nur juͤngere Leute hinzu, die ihre Bildung noch zu machen
hatten. Natuͤrlich folgte hieraus, daß die Regierung der
Geſellſchaft in den erſten Jahrzehenten vorzugsweiſe in ſpa-
niſche Haͤnde fiel. Die erſte Generalcongregation beſtand
aus 25 Mitgliedern: 18 von dieſen waren Spanier 2). Die
erſten drei Generale gehoͤrten derſelben Nation an: nach

1) „pro nostro rege Philippo“.
2) Sacchinus V, 7, 99. In der zweiten Generalcongregation
war das Verhaͤltniß ſchon ermaͤßigt, obwohl noch wenig. Auf 39
Mitglieder kamen 24 Spanier.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0294" n="282"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">VI.</hi><hi rendition="#g">Innere Streitigkeiten</hi>.</fw><lb/>
meinen Tendenz des ro&#x0364;mi&#x017F;chen Hofes eine große Analogie<lb/>
hatte.</p><lb/>
          <p>So &#x017F;onderbar verwickeln &#x017F;ich oft die Dinge der Welt,<lb/>
daß in dem Augenblick, in welchem die Pari&#x017F;er Univer&#x017F;i-<lb/>
ta&#x0364;t den Je&#x017F;uiten nichts &#x017F;o &#x017F;ehr zum Verbrechen machte als<lb/>
ihre Verbindung mit Spanien, in welchem man in Frank-<lb/>
reich &#x017F;agte und glaubte, ein Je&#x017F;uit bete ta&#x0364;glich fu&#x0364;r Ko&#x0364;nig<lb/>
Philipp <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">&#x201E;pro nostro rege Philippo&#x201C;.</hi></note>, er &#x017F;ey durch ein fu&#x0364;nftes Gelu&#x0364;bde zur Erge-<lb/>
benheit gegen Spanien verpflichtet, daß eben damals das<lb/>
In&#x017F;titut der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft in Spanien von mißvergnu&#x0364;gten<lb/>
Mitgliedern, der Inqui&#x017F;ition, einem andern Orden, end-<lb/>
lich &#x017F;ogar von der ko&#x0364;niglichen Gewalt &#x017F;elb&#x017F;t die heftig&#x017F;ten<lb/>
Anfechtungen erfuhr.</p><lb/>
          <p>Eine Wendung der Dinge welche mehr als einen Grund<lb/>
hatte, zuna&#x0364;ch&#x017F;t aber folgenderge&#x017F;talt ent&#x017F;prungen war.</p><lb/>
          <p>Im Anfange waren die a&#x0364;ltern und bereits ausgebil-<lb/>
deten Ma&#x0364;nner, welche in die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft traten, gro&#x0364;ßten-<lb/>
theils Spanier: aus andern Nationen fanden &#x017F;ich mei&#x017F;tens<lb/>
nur ju&#x0364;ngere Leute hinzu, die ihre Bildung noch zu machen<lb/>
hatten. Natu&#x0364;rlich folgte hieraus, daß die Regierung der<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft in den er&#x017F;ten Jahrzehenten vorzugswei&#x017F;e in &#x017F;pa-<lb/>
ni&#x017F;che Ha&#x0364;nde fiel. Die er&#x017F;te Generalcongregation be&#x017F;tand<lb/>
aus 25 Mitgliedern: 18 von die&#x017F;en waren Spanier <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Sacchinus V, 7, 99.</hi> In der zweiten Generalcongregation<lb/>
war das Verha&#x0364;ltniß &#x017F;chon erma&#x0364;ßigt, obwohl noch wenig. Auf 39<lb/>
Mitglieder kamen 24 Spanier.</note>. Die<lb/>
er&#x017F;ten drei Generale geho&#x0364;rten der&#x017F;elben Nation an: nach<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[282/0294] Buch VI. Innere Streitigkeiten. meinen Tendenz des roͤmiſchen Hofes eine große Analogie hatte. So ſonderbar verwickeln ſich oft die Dinge der Welt, daß in dem Augenblick, in welchem die Pariſer Univerſi- taͤt den Jeſuiten nichts ſo ſehr zum Verbrechen machte als ihre Verbindung mit Spanien, in welchem man in Frank- reich ſagte und glaubte, ein Jeſuit bete taͤglich fuͤr Koͤnig Philipp 1), er ſey durch ein fuͤnftes Geluͤbde zur Erge- benheit gegen Spanien verpflichtet, daß eben damals das Inſtitut der Geſellſchaft in Spanien von mißvergnuͤgten Mitgliedern, der Inquiſition, einem andern Orden, end- lich ſogar von der koͤniglichen Gewalt ſelbſt die heftigſten Anfechtungen erfuhr. Eine Wendung der Dinge welche mehr als einen Grund hatte, zunaͤchſt aber folgendergeſtalt entſprungen war. Im Anfange waren die aͤltern und bereits ausgebil- deten Maͤnner, welche in die Geſellſchaft traten, groͤßten- theils Spanier: aus andern Nationen fanden ſich meiſtens nur juͤngere Leute hinzu, die ihre Bildung noch zu machen hatten. Natuͤrlich folgte hieraus, daß die Regierung der Geſellſchaft in den erſten Jahrzehenten vorzugsweiſe in ſpa- niſche Haͤnde fiel. Die erſte Generalcongregation beſtand aus 25 Mitgliedern: 18 von dieſen waren Spanier 2). Die erſten drei Generale gehoͤrten derſelben Nation an: nach 1) „pro nostro rege Philippo“. 2) Sacchinus V, 7, 99. In der zweiten Generalcongregation war das Verhaͤltniß ſchon ermaͤßigt, obwohl noch wenig. Auf 39 Mitglieder kamen 24 Spanier.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/294
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/294>, abgerufen am 20.05.2024.