Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Venezianische Irrungen.
Beamte Antheil an dem Geldgewinn der römischen Drucke-
reien hätten.

Unter diesen Umständen ward das Verhältniß zwischen
Rom und Venedig durch und durch gehässig und gespannt.

Wie sehr aber mußte damit jene Gesinnung kirchlich-
weltlicher Opposition, die schon 1589 Heinrich dem IV. zu
Hülfe kam, befördert werden. Der Sieg Heinrichs, die
ganze Entwickelung der europäischen Angelegenheiten bestä-
tigte sie, brachte sie empor. Die Irrungen mit dem Papst
selbst trugen dazu bei, daß die Vertreter dieser Gesinnung
allmählig zur Leitung der Geschäfte gelangten. Niemand
schien geeigneter die Interessen der Republik gegen die geist-
liche Gewalt wahrzunehmen. Im Januar 1606 ward Leo-
nardo Donato, das Oberhaupt der Antirömischgesinnten,
zum Doge erhoben. Alle seine Freunde, durch deren Theil-
nahme es ihm in dem Kampfe innerer Parteiung geglückt,
zog er zur Theilnahme an den Geschäften heran.

Indem ein Papst auftrat, welcher die streitigen An-
sprüche seiner Gewalt mit rücksichtslosem Eifer überspannte,
gerieth die venezianische Regierung in die Hände von Män-
nern welche die Opposition gegen die römische Herrschaft
zu ihrer persönlichen Gesinnung ausgebildet, durch sie em-
porgekommen, und ihr Prinzip nun um so nachdrücklicher
behaupteten, weil es ihnen zugleich diente ihre Gegner in-
nerhalb der Republik abzuwehren, zu unterdrücken.

Es lag in der Natur beider Gewalten, daß die Rei-
bungen zwischen ihnen von Tage zu Tage feindseliger, weit-
aussehender wurden.

Der Papst drang nicht allein auf die Auslieferung

Venezianiſche Irrungen.
Beamte Antheil an dem Geldgewinn der roͤmiſchen Drucke-
reien haͤtten.

Unter dieſen Umſtaͤnden ward das Verhaͤltniß zwiſchen
Rom und Venedig durch und durch gehaͤſſig und geſpannt.

Wie ſehr aber mußte damit jene Geſinnung kirchlich-
weltlicher Oppoſition, die ſchon 1589 Heinrich dem IV. zu
Huͤlfe kam, befoͤrdert werden. Der Sieg Heinrichs, die
ganze Entwickelung der europaͤiſchen Angelegenheiten beſtaͤ-
tigte ſie, brachte ſie empor. Die Irrungen mit dem Papſt
ſelbſt trugen dazu bei, daß die Vertreter dieſer Geſinnung
allmaͤhlig zur Leitung der Geſchaͤfte gelangten. Niemand
ſchien geeigneter die Intereſſen der Republik gegen die geiſt-
liche Gewalt wahrzunehmen. Im Januar 1606 ward Leo-
nardo Donato, das Oberhaupt der Antiroͤmiſchgeſinnten,
zum Doge erhoben. Alle ſeine Freunde, durch deren Theil-
nahme es ihm in dem Kampfe innerer Parteiung gegluͤckt,
zog er zur Theilnahme an den Geſchaͤften heran.

Indem ein Papſt auftrat, welcher die ſtreitigen An-
ſpruͤche ſeiner Gewalt mit ruͤckſichtsloſem Eifer uͤberſpannte,
gerieth die venezianiſche Regierung in die Haͤnde von Maͤn-
nern welche die Oppoſition gegen die roͤmiſche Herrſchaft
zu ihrer perſoͤnlichen Geſinnung ausgebildet, durch ſie em-
porgekommen, und ihr Prinzip nun um ſo nachdruͤcklicher
behaupteten, weil es ihnen zugleich diente ihre Gegner in-
nerhalb der Republik abzuwehren, zu unterdruͤcken.

Es lag in der Natur beider Gewalten, daß die Rei-
bungen zwiſchen ihnen von Tage zu Tage feindſeliger, weit-
ausſehender wurden.

Der Papſt drang nicht allein auf die Auslieferung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0343" n="331"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Veneziani&#x017F;che Irrungen</hi>.</fw><lb/>
Beamte Antheil an dem Geldgewinn der ro&#x0364;mi&#x017F;chen Drucke-<lb/>
reien ha&#x0364;tten.</p><lb/>
          <p>Unter die&#x017F;en Um&#x017F;ta&#x0364;nden ward das Verha&#x0364;ltniß zwi&#x017F;chen<lb/>
Rom und Venedig durch und durch geha&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig und ge&#x017F;pannt.</p><lb/>
          <p>Wie &#x017F;ehr aber mußte damit jene Ge&#x017F;innung kirchlich-<lb/>
weltlicher Oppo&#x017F;ition, die &#x017F;chon 1589 Heinrich dem <hi rendition="#aq">IV.</hi> zu<lb/>
Hu&#x0364;lfe kam, befo&#x0364;rdert werden. Der Sieg Heinrichs, die<lb/>
ganze Entwickelung der europa&#x0364;i&#x017F;chen Angelegenheiten be&#x017F;ta&#x0364;-<lb/>
tigte &#x017F;ie, brachte &#x017F;ie empor. Die Irrungen mit dem Pap&#x017F;t<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t trugen dazu bei, daß die Vertreter die&#x017F;er Ge&#x017F;innung<lb/>
allma&#x0364;hlig zur Leitung der Ge&#x017F;cha&#x0364;fte gelangten. Niemand<lb/>
&#x017F;chien geeigneter die Intere&#x017F;&#x017F;en der Republik gegen die gei&#x017F;t-<lb/>
liche Gewalt wahrzunehmen. Im Januar 1606 ward Leo-<lb/>
nardo Donato, das Oberhaupt der Antiro&#x0364;mi&#x017F;chge&#x017F;innten,<lb/>
zum Doge erhoben. Alle &#x017F;eine Freunde, durch deren Theil-<lb/>
nahme es ihm in dem Kampfe innerer Parteiung geglu&#x0364;ckt,<lb/>
zog er zur Theilnahme an den Ge&#x017F;cha&#x0364;ften heran.</p><lb/>
          <p>Indem ein Pap&#x017F;t auftrat, welcher die &#x017F;treitigen An-<lb/>
&#x017F;pru&#x0364;che &#x017F;einer Gewalt mit ru&#x0364;ck&#x017F;ichtslo&#x017F;em Eifer u&#x0364;ber&#x017F;pannte,<lb/>
gerieth die veneziani&#x017F;che Regierung in die Ha&#x0364;nde von Ma&#x0364;n-<lb/>
nern welche die Oppo&#x017F;ition gegen die ro&#x0364;mi&#x017F;che Herr&#x017F;chaft<lb/>
zu ihrer per&#x017F;o&#x0364;nlichen Ge&#x017F;innung ausgebildet, durch &#x017F;ie em-<lb/>
porgekommen, und ihr Prinzip nun um &#x017F;o nachdru&#x0364;cklicher<lb/>
behaupteten, weil es ihnen zugleich diente ihre Gegner in-<lb/>
nerhalb der Republik abzuwehren, zu unterdru&#x0364;cken.</p><lb/>
          <p>Es lag in der Natur beider Gewalten, daß die Rei-<lb/>
bungen zwi&#x017F;chen ihnen von Tage zu Tage feind&#x017F;eliger, weit-<lb/>
aus&#x017F;ehender wurden.</p><lb/>
          <p>Der Pap&#x017F;t drang nicht allein auf die Auslieferung<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[331/0343] Venezianiſche Irrungen. Beamte Antheil an dem Geldgewinn der roͤmiſchen Drucke- reien haͤtten. Unter dieſen Umſtaͤnden ward das Verhaͤltniß zwiſchen Rom und Venedig durch und durch gehaͤſſig und geſpannt. Wie ſehr aber mußte damit jene Geſinnung kirchlich- weltlicher Oppoſition, die ſchon 1589 Heinrich dem IV. zu Huͤlfe kam, befoͤrdert werden. Der Sieg Heinrichs, die ganze Entwickelung der europaͤiſchen Angelegenheiten beſtaͤ- tigte ſie, brachte ſie empor. Die Irrungen mit dem Papſt ſelbſt trugen dazu bei, daß die Vertreter dieſer Geſinnung allmaͤhlig zur Leitung der Geſchaͤfte gelangten. Niemand ſchien geeigneter die Intereſſen der Republik gegen die geiſt- liche Gewalt wahrzunehmen. Im Januar 1606 ward Leo- nardo Donato, das Oberhaupt der Antiroͤmiſchgeſinnten, zum Doge erhoben. Alle ſeine Freunde, durch deren Theil- nahme es ihm in dem Kampfe innerer Parteiung gegluͤckt, zog er zur Theilnahme an den Geſchaͤften heran. Indem ein Papſt auftrat, welcher die ſtreitigen An- ſpruͤche ſeiner Gewalt mit ruͤckſichtsloſem Eifer uͤberſpannte, gerieth die venezianiſche Regierung in die Haͤnde von Maͤn- nern welche die Oppoſition gegen die roͤmiſche Herrſchaft zu ihrer perſoͤnlichen Geſinnung ausgebildet, durch ſie em- porgekommen, und ihr Prinzip nun um ſo nachdruͤcklicher behaupteten, weil es ihnen zugleich diente ihre Gegner in- nerhalb der Republik abzuwehren, zu unterdruͤcken. Es lag in der Natur beider Gewalten, daß die Rei- bungen zwiſchen ihnen von Tage zu Tage feindſeliger, weit- ausſehender wurden. Der Papſt drang nicht allein auf die Auslieferung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/343
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/343>, abgerufen am 23.11.2024.